{39. Kapitel}

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Harrys P.O.V.

Schwer zog ich die Eisenkette, die sich an meinen Fußknöcheln befand, über den Boden. Zayn war dabei mich in den Gemeinschaftsraum zu bringen. Normalerweise nutzten wir diese Zeit für ein ausgelassenes Gespräch, aber heute nicht. Nur das Klirren meiner Fesseln durchschnitt die Stille zwischen uns.

Keiner musste drauf achten, wann wir wo abbiegen mussten. Wir kannten den Weg in- und auswendig.

Vor der letzten Sicherheitstüre stellte ich mich auf das am Boden markierte X .

Zuerst nahm Zayn mir die Fußfesseln ab, danach folgten die Handschellen. Aus reiner Gewohnheit rieb ich über die Haut an meinen Handgelenken. Auch wenn ich gegen diesen Schmerz bereits immun geworden war.

Der Alarm ertönte. Die Türe wurde geöffnet.

Wie sonst auch, setzte Zayn ein mürrisches Gesicht auf und trat mir gegen das Bein, wodurch ich vorwärts taumelte und mich schneller zwischen anderen Häftlingen wieder fand, als mir lieb war.

Wie immer hielt ich mich auch heute überwiegend im Abseits auf. Mein Zeitgefühl war hier drin noch miserabler als in meiner Isolationszelle. Ich blickte gerade zu einem etwas älteren Insassen, der von einem jüngeren angepöbelt wurde, als ich plötzlich feuchten Atem in meinem Nacken fühlen konnte. Ich kämpfe gegen mein inneres Bedürfnis an, mich umzudrehen und der Person gegen den Kehlkopf zu schlagen. Stattdessen behielt ich meinen Blick weiterhin eisern nach vorne gerichtet.

„Styles", raunte mir die, vom jahrelangen Kettenrauchen, kratzige Stimme in mein Ohr. Sie war für mich unverkennbar, denn sie gehörte zu Haydon Hunter.

Er war kaum älter, als ich es war und saß erst seit wenigen Monaten im Luminal ein. Und dennoch hatte er sich schon weitaus mehr Ärger eingefangen, als so manch anderer. Auch er war bekannt dafür, mit viel Intelligenz gesegnet worden zu seinen. Aber mich als seinen nächsten Gegner auszuwählen, war eine überaus dumme Wahl.

„Ich beobachte dich nun schon so lange", sprach Haydon weiter zu mir. Ich zeigte keine Reaktion, sondern sah weiter gerade aus. Ich beobachtete die anderen Häftlinge. Niemand schien zu bemerken, was hier vor sich ging und selbst wenn es jemand bemerken würde, dann wäre es allen herzlich egal. Hier drin existierte keine Nächstenliebe. Hier regierte purer Egoismus.

„Weißt du, mir war schon von Anfang an klar, dass an dir etwas nicht stimmt... Jeder Insasse, der mit dir in Berührung kam, erhielt ein Disziplinarverfahren oder war nach einer Auseinandersetzung mit dir nie wieder gesehen. Und neulich erst, als ich zu einer Befragung gebracht wurde, da hab ich gesehen, wie dir dieser kleiner Bulle um den Hals gefallen ist. Interessant, nicht wahr? Welcher Cop würde es zulassen, von einem Luminalhäftling angefasst zu werden?"

Haydon trat nun vor mich und ließ mich sein Antlitz betrachten. Doch ich war nicht der einzige, der sein Gegenüber musterte. Denn auch Haydons trübe Augen krochen über meine Konturen. „Ich will dir damit sagen, dass ich... dein Geheimnis kenne." Er sprach diese Worte nicht aus, lediglich seine Lippen verschafften ihnen stummen Ausdruck. „Du bist gar kein Häftling."

Ich setzte ein spielerisches Lächeln auf und bog meinen Kopf zur Seite. „Vielleicht bin ich auch einfach nur gut im Körperlichen und deshalb lässt er sich von mir anfassen."

Ich ging mit meinem Gesicht noch näher an Haydons und leckte mir laziv über die Lippen. Schlagartig weiteten sich seine Pupillen und er wich ein Stück zurück. „Netter Versuch, Styles. Aber deine Manipulationsspielchen kannst du bei wem anderen machen. Die ziehn bei mir nicht, ich steh nicht auf Männer."

Ich schenkte ihm einen durchdringlichen Blick, ehe ich mit samtiger Stimme langsam zu sprechen begann. „Vielleicht stehst du nicht auf irgendwelche Männer, aber ich..bin..nicht..irgendwer. Hast du dich denn nicht gefragt, warum du ausgerechnet ein Auge auf mich geworfen hast?" Langsam schwand die Dominanz die von Haydon ausging. Seine Augen fixierten meine Lippen. „Du hast ein Auge auf mich geworfen, weil ich dir gefalle und das willst du dir nicht eingestehen, deshalb kommst du mit deinen lächerlichen Behauptungen an. Ist es nicht so?" Es fiel ihm sichtlich schwer seine Gesichtszüge neutral zu halten.

Schachmatt || LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt