Es war kurz vor 6 Uhr, als das Taxi vor dem Luminal hielt. Ich bezahlte den Fahrer und verließ das Fahrzeug, auf meinem Weg zur Eingangstür der Anstalt.
Geistig abwesend ließ ich meinen Blick schweifen. Die Befragungszeit hatte noch nicht begonnen, weshalb es keine Überraschung war, dass Noam nicht hinter dem Empfangsschalter vorzufinden war. Nur wenige Lampen waren an. Sie schafften es kaum, dass Foyer zu erleuchten. Ich sah zur ersten Sicherheitstür. Kein Wächter war davor positioniert.
Ein Mann kam aus dem Warteraum direkt auf mich zu. „Die Befragungszeit beginnt erst in vier Stunden." Es war ein Wärter. Er war groß, schlank, hatte dunkles Haar und seine langen Wimpern hoben seine braunen Augen noch deutlicher hervor.
„Ja, ich weiß. I-ich bin Sergeant Louis Tomlinson vom Lond..." Ich kramte in meiner Jackentasche nach meiner Marke.
„Der Mann der unseren Harry befragt." Es war keine Frage, sondern eine Feststellung, aber dennoch nickte ich als Bestätigung.
„Ich möchte Ihnen keine Unannehmlichkeiten bereiten, aber es ist wirklich dringend", sagte ich.
Er verschränkte seine Arme vor der Brust. Seine Uniform spannte über seiner Schulterpartie und seinen Muskeln. Ich schnitt ihm das Wort ab, noch bevor er zu sprechen beginnen konnte. „Hören Sie, ich weiß, hier ist höchste Sicherheit erforderlich. Aber es ist ein Notfall."
Der Mann musterte mich von Kopf bis Fuß, ehe er tief durchatmete und mir eine Antwort entgegenbrachte. „Okay. Kommen Sie mit." Ohne ein weiteres Gespräch zu starten folgte ich ihm durch die ersten Sicherheitstüren bis hin zu dem Aufzug. Schweigend liefen wir durch die Gänge. Mein Herzschlag beschleunigte sich immer mehr, je weiter wir zu den Befragungszellen vordrangen.
Der Wärter öffnete die letzte Sicherheitstüre und ließ mich vor sich eintreten.
Alle Zellen waren leer und die Türen standen offen. „Ich hole ihn, gehen Sie bitte einstweilen in einen der Befragungsräume."
Ich nickte, wand mich aber dennoch nochmals an ihn. „Vielen Dank, dass Sie eine Ausnahme machen, Mr...?"
„Malik." Er schenkte mir ein flüchtiges Lächeln bevor er sich zur rotgekennzeichneten Tür begab.
Ich trat in die Zelle, nahm jedoch nicht Platz. Ich stand wie angewurzelt da und starrte auf die gegenüberliegende Glasscheibe. Ein Gähnen verließ meine Kehle.
Einiges an Zeit war verstrichen. Ich dachte nicht darüber nach, warum ich ausgerechnet hierher gekommen war.
„Sergeant? Hatten wir einen Termin und ich habe es vergessen?", vernahm ich nun eine tiefe Stimme direkt neben mir. Sie war rauer als sonst. Harry trat näher an mich heran, als ich keine Antwort gab. „Sergeant?" fragte er nochmals und rieb sich dabei über die müden Augen. Er schien wohl bis vor Kurzem noch geschlafen zu haben.
Mechanisch drehte ich mich zu ihm. „I-ich ich kann das nicht mehr Harry", stammelte ich aufgelöst vor mir her. Meine Hand war zittrig, als ich versuchte mir durch die Haare zu fahren. Doch so weit kam sie gar nicht, denn sie wurde abgefangen. Harry hatte seine Hand um meine geschlossen und hielt sie ruhig.
„Setz dich." Mit seinem Fuß schob er den Stuhl zu Recht. Behutsam drückte er mich auf die Sitzfläche. Der Lockenkopf ging vor mir in die Hocke. Seine Hände lagen dabei nun knapp über meinen Knien und halfen ihm, sein Gleichgewicht zu halten. Ich fühlte die Wärme die von ihm ausging.
„Was ist passiert?" Seine Augenbraunen waren zusammengezogen und ließen eine Sorgenfalte entstehen.
Ich sagte nichts, ich sah ihn einfach nur an. Seine langen Haare waren verwuschelt, seine grünen Augen wirkten müde und dennoch strahlten sie kraftvoll durch seine Wimpern hindurch. Ich hatte das Gefühl, Harry das erste Mal wirklich klar sehen zu können. Als hätte sonst immer ein Nebelschleier meine Sicht auf ihn verdeckt. Ich hatte bereits zuvor erkannt, dass er attraktiv war, aber nun erkannte ich auch endlich, seine unglaubliche Anziehungskraft.
Ich schaltete meinen Kopf aus und handelte ohne weiter über meine Taten nachzudenken. Langsam streckte ich meine Hand nach ihm aus. Hauchzart legte ich sie auf seine Wange und vergrub dabei meine Finger in seinen Locken. Für einen Bruchteil einer Sekunde schloss Harry seine Augen, doch dann verließ seine Hand meinen Oberschenkel und griff nach meinem Handgelenkt. Er zog meine Hand von sich. „Schlafentzug kann dieselben Auswirkungen wie Alkohol haben. Man sieht die Dinge nicht mehr klar." Seine Stimme war so leise. Langsam ging der raue Unterton verloren und wich stattdessen dem sonst so melodischem Klang. „Wann hast du das letzte Mal geschlafen?" Harry wählte seine Worte bedacht. Ich merkte, wie ich langsam ruhiger wurde und wieder klarer denken konnte.
Ich ließ meinen Blick sinken. „Ich bin ein mieser Cop, Harry. Der Typ tanzt mir auf der Nase herum."
„Du bist kein mieser Cop. Irgendwann wir er einen Fehler machen und dann wirst du da sein." Harry bog seinen Kopf, um meinen Blick einzufangen. „Aber dafür musst du voll einsatzfähig sein. Du brauchst Schlaf und keine Zigaretten. Nimm dir einen Tag frei und distanziere dich von dem Fall." Er stoppte und atmete tief ein. „Das bedeutet, auch von mir." Seine Worte versetzten mir einen Stich. „Ich bin Teil des Falls, und ein Hochsicherheitsgefängnis ist nicht der beste Ort um abzuschalten." Harry rang sich ein müdes Lächeln ab, welches seine Grübchen hervorkommen ließ.
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Schachmatt || Larry
FanfictionWas passiert, wenn der gefährlichste Insasse eines Hochsicherheitstrakts, zu deinem größten Vertrauten wird? Du fühlst dich genau bei der Person am wohlsten, bei der du es am wenigsten tun solltest. Larry Stylinson Cover by SPACE_BLAKK