{52. Kapitel}

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Die Wohnung war leer.

Keine Notiz.

Kein Anhaltspunkt wo Harry verblieben war.

Nichts.

Du solltest ihm vertrauen, sagte mir mein Kopf, während meine Füße mich mechanisch zur Tür trugen, um mich auf die Suche nach ihm zu begeben.

Meine Hand rutschte am Treppengeländer entlang, als ich hastig immer mehr Stufen hinter mir ließ. Ich sah Sterne, als ich am Absatz mit vollem Schwung mit einer anderen Person zusammenkrachte. Ich prallte hart an deren Brustmuskeln ab, wurde jedoch gefangen, bevor ich fallen konnte. „Oh mein Gott, Louis. Ist etwas passiert?"

„Harry?" fragte ich fassungslos. „Wo warst du?" Der Lockenkopf stellte mich wieder gerade hin und nahm seine Hände von mir, als er zu realisieren schien, dass ich seinetwegen in Sorge war. Er lief an mir vorbei und erklomm die erste Stufe. „Ich war bei Gemma", verkündete er mir, mit zugewandtem Rücken.

„B-Bei deiner Schwester? Du bist einfach alleine zu ihr?" Perplex tapste ich ihm hinter. „Wie wars?" Ich hatte ihn mittlerweile eingeholt. Im Gleichschritt stiegen wir die Treppe empor.

„Sie ist alt geworden." Harrys Blick war auf seine Füße gerichtet.

„Das ist alles? Sie ist alt geworden. Du siehst deine Schwester nach 10 Jahren wieder und dann..." Ich hielt inne. Ein Gedanke wurde laut. Er schmerzte mich und machte es mir daher zunehmend schwerer ihn in Worte zu kleiden. „Hat...hat sie sich nicht gefreut dich zu sehen?"

Harry fuhr sich durch sein Haar. „Doch." Seine Antwort blieb einsilbig.

Ich gab nicht auf weitere Informationen zu erfahren, aber als wir bei der Wohnungstür ankamen, hatte sich mein Wissen um kein weiteres Detail vermehrt. Harry brach sein Schweigen nicht.

„Was ist passiert?" Mit meiner Hand an seiner Wange hielt ich seinen Kopf bei mir.

Aber nicht nur seine Augen, sondern auch seine Worte wichen mir aus. „Ich bin müde. Ich werde versuchen etwas zu schlafen." Er hauchte mir einen lieblosen Kuss auf die Stirn. Seine emotionale Kälte brachte mich zum Frösteln.

Auch in den nächsten Tagen verbesserte sich Harrys Gemütszustand nicht. Eher das Gegenteil war der Fall. Er wurde nicht fröhlicher, sondern zunehmend aggressiver.

Ich saß im Wohnzimmer auf dem Fußboden und kontrollierte das letzte Mal den Papierkram zu einem aktuellen Fall, den ich soeben abgeschlossen hatte, als Harrys Stimme bist zu mir drang. „Das war die schlechteste Ermittlung, die du je durchgeführt hast."

Ich ließ meinen Kugelschreiber fallen und sah zu ihm hoch. Lässig lehnte er in der Tür. Harry warf den Apfel den er in seiner Hand hielt in die Luft. Ich sah zu wie er rotierte, während Harrys Augen weiterhin auf mich gerichtet waren, dann fing er ihn wieder.

„Was meinst du damit" wollte ich schlussendlich wissen.

Harry schenkte mir ein schiefes Lächeln, welches mehr Provokation als Freude ausstrahlte. „Ganz einfach. Er war es nicht."

Ich erhob mich. Verschränkte meine Arme vor der Brust und machte mich so auf den verbalen Schlagabtausch bereit. Ich ließ meine Zunge schnalzen. „Ich habe einen Zeugen, ich habe ein Duzend Beweise und ein Geständnis." Ich betonte das letzte Wort, um ihm deutlich zu machen, dass ich dem Siege sicher war.

Aber Harry schien unbeeindruckt. Er hob seine Augenbraue an. „Der Mann soll Waffenschmuggler gewesen sein. Dabei schmuggelte er nur ein einziges Modell. Barett M82, eine Waffe die nur in den Vereinigten Staaten von Amerika hergestellt wird. Aber angeblich soll er einen Mord verübt haben, bei dem das Opfer jedoch von einer AK-74 durchlöchert wurde. Eine Variante der Kalaschnikow. Und jemand der Herr von mehr als nur eine Gehirnzelle ist, würde wissen, dass es sich dabei um eine in Russland produzierte Waffe handelt. Irgendetwas passt da nicht zusammen, wenn du mich fragst."

Ich wollte zum Gegenargument ansetzten, doch da sprach Harry über mich hinweg. „Ich weiß, was du jetzt sagen willst. Mmh er hat eine andere Waffe verwendet, um die Polizei nicht direkt auf seine Fährte zu führen." Er äffte meine Stimme nach. Ich störte mich nicht sonderlich daran, was ich an der Sache schlimmer fand, war die Tatsache, dass ich wirklich genau das sagen wollte.

Dunkel war seine Stimme, als er fortfuhr. „Aber wie viele Waffen wurden bei ihm gefunden, als er hochgenommen wurde? Richtig. KEINE EINZIGE! Und jetzt fragte ich Sie, Sergeant Louis Tomlinson, würden Sie einen Ferrari von einem Verkäufer kaufen, der selbst einen Porsche fährt?" Seine Stimme wurde immer lauter. So laut, dass sogar seine Halsvenen deutlich hervor traten.

Doch seinen nächsten Satz fügte er flüsternd hinzu. „Für die unter uns, die mit einem weniger umfangreichen Allgemeinwissen gesegnet sind: Ferrari ist ein italienisches Auto und Porsche ein deutsches." Harry biss so herzhaft in seinen Apfel, wie als würde er sich dabei eine Person ausmalen, der er den Kopf abbeißen will. Er machte kehrt und seine langen Beine trugen ihn aus meinem Sichtfeld.

Was war gerade passiert?

Schachmatt || LarryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt