Heute stand meine reguläre Befragung mit Harry an. Seit dem ersten Tag verspürte ich eine leichte Nervosität, immer wenn ich das Luminal betrat. So war es auch heute wieder. Doch dieses Mal war es eine andere Art von Nervosität.
Ich hob kurz meine Hand an, um Noam zu begrüßen, der wie immer hinter dem Empfangsschalter saß. Er spiegelte meine Gestik und schenke mir ein Lächeln. Wie jedes Mal ging ich auch heute wieder in den Warteraum. Doch noch bevor mein Hintern die Polsterung des Stuhls berühren konnte, kam schon ein Wärter auf mich zu. Wieder hatte ich ihn zuvor noch nie gesehen.
Er war blond. Durch sein junges Erscheinungsbild wirkte er nicht so brutal und gefährlich wie die anderen Uniformierten, mit denen ich zuvor das Vergnügen hatte. Die Waffe, die er trug, passte nicht zu ihm. „Sarge, darf ich bitten?" Hörte ich da einen irischen Akzent? Ich erhob mich und folgte dem blonden Mann. Ich war diesen Weg nun schon so oft gegangen und dennoch blieb meine, sonst so gute Orientierung in diesen Gängen im Verborgenen. Wie machten die Wärter das? Wie fanden sie sich hier zurecht?
Mein Blick wanderte zu dem jungen blonden Mann neben mir. Sein Gesicht war eisern nach vorne gerichtet, aber seine Lippen umspielte ein freundliches Lächeln. Er schien zu merken, dass ich ihn beobachtete. Ich richtete mein Haupt wieder auf den Boden, um nicht Gefahr zu laufen, bei diesem schlechten Licht über meine eigenen Füße zu stolpern.
Endlich passierten wir die letzte Sicherheitstür. Zielstrebig lief ich auf die fünfte Befragungszelle zu. In der ich auch schon Harry ausmachen konnte.
Er wirkte müde, aber als er mich sah, trat sofort ein liebliches Lächeln auf seine Lippen, welches sein Gesicht aufhellte. Ich sah ihm tief in die Augen und erwiderte sein Lächeln. Der Wärter hantierte an der Tür herum. Als der Alarm ertönte, trat ich einen Schritt näher heran. Die Tür wurde aufgezogen.
Sie war noch nicht vollständig geöffnet, da schlüpfte ich schon durch den schmalen Spalt, in das Innere des Glaskobels.
Immer noch leicht schmunzelnd trat ich auf den Tisch zu. „Hey" hauchte Harry mir entgegen.
Der blonde Wärter sah uns kurz an, dann machte er Anstalt die Tür zu schließen und die Sicherheitsverriegelungen zu aktivieren. Doch ich kam ihm zuvor.
Ich strecke meinen linken Arm aus, so dass er nun auf Brusthöhe des Wärters war und stoppte ihn somit.
Mit dieser Bewegung fiel auch meine Maske. Mein Lächeln verschwand aus meinem Gesicht.
„Ketten Sie ihn an" gab ich mit harschem Unterton von mir, ohne meinen Blick von Harry abzuwenden. Welchem die Verwirrung mehr als nur ins Gesicht geschrieben war. Sein Mund öffnete sich leicht. Seine Pupillen waren so stark geweitet, dass seine Augen schwarz wirkten. Sie huschten erkundend über meine Mimik, in der Hoffnung zu verstehen, was vor sich ging.
Auch der Uniformierte schien überrascht. Seine Mine spielte alle Arten an Emotionen durch, dann wanderte sein verlorener Blick, hilfesuchend zu Harry. „Na wird's bald?" fauchte ich.
Harry nickte dem Wärter leicht zu. „Mach schon, Niall." Der Lockenkopf ballte seine Hände zu Fäusten und hielt seine Handgelenke an die Metallstange, die an der Seitenkante des Tisches befestigt war. Der Wärter seufzte leicht, ehe er tat was von ihm verlangt wurde.
Er sah Harry eindringlich an und murmelte ihm etwas zu. Es war zu leise und undeutlich, als das ich es hätte verstehen können. Der Lockenkopf ließ das Gemurmel unkommentiert.
Der undefinierbare Blick des Blonden wanderte nun zu mir. Ich deutete mit meinem Kopf auf die Tür. Niall nickte verstehend und verschwand. Ich hörte die Riegel und Bolzen der Tür, die sie nun endgültig verschlossen.
Harrys Augen waren starr auf die Tischplatte geheftet. Seine Finger legten sich um das kettenartige Verbindungsglied seiner Fesseln. Das metallische Rascheln, das dabei entstand, war das einzige Geräusch, das in der kleinen Zelle zu hören war.
Ich holte tief Luft und begann zu sprechen. „Erinnerst du dich daran, als du zu mir meintest: Irgendwann wird er einen Fehler machen und dann werden wir zur Stelle sein?" Da meine Frage rhetorischer Natur war, wartete ich keine Antwort ab. „Und endlich war es soweit und er hat einen Fehler gemacht. Nur waren wir nicht zur Stelle..." Ich machte eine kurze Pause, in der ich Harry eindringlich betrachtete. Er hatte sich noch keinen Zentimeter bewegt. Er saß wie eine Statue festgekettet vor mir. „...aber es war jemand anderes zur Stelle. Der Zeuge hat nicht viel gesehen, aber das was er gesehen hat, reichte aus, um ein skizzenhaftes Phantombild zu erstellen."
Ich kramte das Bild heraus und knallte es auf den Tisch. Ich sah, wie Harry leicht zusammen zuckte. Ich schob das Bild über die Tischplatte, bis direkt unter seine Nase. Erst dann hob ich meine Hand von der Skizzierung, sodass der Lockenkopf es in Augenschein nehmen konnte. „Sieh es dir an und sag mir, wem es ähnlich sieht." Ich spukte ihm diese Worte regelrecht entgegen.
Harry regte sich nicht.
„LOS!", brüllte ich.
Ich sah seinen Augen dabei zu, wie sie schnell über das Bild huschten und flüchtig jeden Millimeter scannten. Bloßes Schweigen, war die Antwort die Harry mir entgegenbrachte. Kein einziger Ton verließ seine Lippen.
„SAG MIR WEM ES ÄHNLICH SIEHT!" Meine Stimmbänder schmerzten unter der, von meinem lauten Rufen, zugeführten Belastung.
Harrys Kiefer spannte sich an. Er sprach so leise, dass ich ihn kaum hören konnte. „Mir...Es sieht mir ähnlich."
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Schachmatt || Larry
FanfictionWas passiert, wenn der gefährlichste Insasse eines Hochsicherheitstrakts, zu deinem größten Vertrauten wird? Du fühlst dich genau bei der Person am wohlsten, bei der du es am wenigsten tun solltest. Larry Stylinson Cover by SPACE_BLAKK