Johnlock Oneshot

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Erst einmal: Ja, ich weiß, das letzte Update ist schon über ein Monat her, aber irgendwie schreibe ich zurzeit einfach nicht mehr ganz so viel.

Dieser Oneshot existiert auch schon seit einer Weile. Ich bin mir nicht so sicher, ob es was geworden ist, deshalb wollte ich einfach mal eure Meinungen dazu wissen.

Die Inspiration dazu gab mir die Szene in "Der Reichenbachfall", wo Johns Therapeutin meint, dass es Dinge gab, die John sagen wollte, aber nicht gesagt hat.
Da ich wie immer viel zu viel über solche Sachen nachdenke, hab ich mich gefragt, was diese Dinge wohl sein könnten - und warum die Therapeutin weiß, dass es diese Dinge gibt.

Ich bin mir wirklich nicht sicher, ob der Oneshot realistisch wirkt - es wäre also hilfreich, wenn ihr mir dazu ein kurzes Feedback geben könntet. Müsst ihr natürlich nicht, ich bin auch selbst nicht so gut darin xD
Und falls euch zufällig ein Titel einfallen sollte, nur her damit.
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"Gibt es einen bestimmten Grund für Ihren Besuch?"
John Watson legte seine Hände auf die Lehnen des Sessels, studierte angestrengt das Blumenmuster an der Wand und tat, als würde er über die Frage nachdenken.
"Wieso sollte es einen geben?", erwiderte er schließlich und bereute sofort den barschen Tonfall.
"Sie haben seit mehreren Monaten keinen Termin mehr vereinbart", antwortete seine Therapeutin mit unverändert weicher Stimme. Entweder wusste sie, dass John sie nicht so hatte anfahren wollen, oder sie war es gewohnt, so behandelt zu werden. Dass sie es immer noch mit ihm aushielt, grenzte schon fast an ein Wunder.
"Ich... habe da ein... ein Problem", begann er, unsicher, wie er es ausdrücken sollte, "Und ich weiß nicht weiter."
"Erzählen Sie mir davon."
"Es ist..." Etwas in John sträubte sich dagegen, seiner Therapeutin dieses Geheimnis anzuvertrauen. Er hatte es immer für sich behalten. Aber nun hatte er den Termin vereinbart, um jemanden um Rat fragen zu können, der nichts mit der Situation zu tun hatte - also musste er sich verdammt noch mal zusammenreißen und es endlich aussprechen. "Es ist schwer zu erklären", murmelte er, um noch ein wenig um den heißen Brei herum zu reden.
"Dann erzählen Sie mir doch zuerst allgemein von Ihrem Leben. Aus Ihrem Blog weiß ich, dass Sie mit Sherlock Holmes zusammen leben und Fälle aufklären", fing sie ein anderes Thema an.
Dankbar griff John das Thema auf. "Ja. Der Blog scheint gut zu laufen, er hatte schon über tausend Leser innerhalb eines Tages. Ich habe nebenbei noch einen Job in einer Arztpraxis, weil man als bester Freund eines Privatdetektivs nicht allzu viel verdient. Und es... ja, es läuft gut. Ich meine, Sherlock ist die schwierigste Person auf der Welt und die ganze Aufmerksamkeit der Leute wird langsam lästig, aber es... ist ein besseres Leben."
"Das freut mich zu hören", meinte sie und klang ehrlich erfreut. "Möchten Sie mir jetzt erzählen, wobei Sie Rat benötigen?"
Als er keine Antwort gab, fügte sie hinzu: "John, ich weiß, dass es Ihnen schwerfällt, sich anderen Leuten gegenüber zu öffnen, aber wenn Sie mir nicht die Wahrheit sagen, kann ich Ihnen nicht helfen. Glauben Sie mir, Sie werden sich besser fühlen, wenn Sie es erst einmal losgeworden sind."
"Ich weiß... ich weiß nur nicht, wo ich anfangen soll", sagte der ehemalige Militärarzt, eine eher schwache Ausrede.
"Beginnen Sie einfach ganz von vorn."
"Okay. Gut. Also... Sherlock und ich sind zusammen in eine Wohnung gezogen. Ein alter Freund hat uns bekannt gemacht. Wir haben einen Fall gelöst, den mit der Frau in Pink - Sie haben ihn sicher in meinem Blog gelesen - und wir... wir wurden Freunde. Ich habe Stück für Stück gelernt, mit Sherlock und seinen Angewohnheiten klarzukommen. Mit den Löchern in der Wand, den Daumen im Kühlschrank und der plötzlichen Begeisterung, wenn wir einen neuen Fall haben. Aber es gibt eine Sache, mit der ich nicht klarkomme."
"Was ist diese Sache?"
"Es hat... es geht um Sherlock. Ich hätte nie gedacht, dass er mir so viel bedeuten würde. Um ehrlich zu sein, am Anfang hab ich mich oft gefragt, wie ich es eigentlich mit ihm aushalte. Aber im Laufe der Zeit ist er..."
"Ist er Ihnen immer mehr ans Herz gewachsen?", beendete seine Therapeutin seinen Satz.
John nickte. "Wenn man es so ausdrücken will. Ja. Ein Leben ohne ihn könnte ich mir nicht mehr vorstellen. Und deswegen will ich unsere Freundschaft für nichts auf der Welt auf die Probe stellen."
"Aber?" Irgendwie hatte sie den Tick, immer genau die richtigen Fragen zu stellen. Auf einmal war John froh, mit ihr reden zu können, und beschloss, ihr auch den Rest noch anzuvertrauen.
"Aber es gibt etwas, das ich ihm nicht sagen kann, weil das vielleicht - nein, wahrscheinlich - das Ende unserer Freundschaft bedeuten würde. Und das will ich nicht riskieren." Er holte tief Luft. "Es ist so, dass ich für Sherlock schon länger mehr als Freundschaft empfinde."
"Sie meinen, Sie lieben ihn?"
John stockte. "Sie sehen nicht überrascht aus."
Sie lächelte. "Ich bin nicht überrascht. Als Sie sagten, dass Sie das Ende Ihrer Freundschaft nicht riskieren wollen, dachte ich mir schon etwas ähnliches. Außerdem habe ich Ihren Blog gelesen. Sie schreiben über Sherlock, als würden Sie ihn für einen sehr... besonderen Menschen halten."
"Das ist er auch", sagte John leise. "Von den meisten Leuten wird er einfach missverstanden. Sie halten ihn für ein arrogantes Arschloch - was er zugegeben auch manchmal sein kann", ergänzte er, "Aber in Wirklichkeit ist er auch nur ein Mensch wie wir alle."
"Warum sagen Sie ihm das nicht?", fragte seine Therapeutin. "Warum sagen Sie ihm nicht, dass Sie ihn lieben?"
John lachte bitter auf. "Weil er bereits bei unserem ersten Treffen sehr deutlich gemacht hat, dass er mit seiner Arbeit verheiratet ist. Und sagen Sie jetzt bitte nicht, dass sich das inzwischen geändert haben kann. Er betont regelmäßig, dass er Gefühle für einen chemischen Defekt hält, der auf der Verliererseite zu finden ist. Er bezeichnet sich selbst als hochfunktionalen Soziopath." Er seufzte und fuhr sich mit der Hand übers Gesicht. "Abgesehen davon würde er ohnehin nicht verstehen, dass jemand Gefühle dieser Art für ihn entwickeln könnte."
"Wie sind Sie sich da so sicher? Vielleicht weiß er einfach nicht, wie er seine Gefühle zum Ausdruck bringen kann."
John schüttelte den Kopf. "Nein. Es ist nett von Ihnen, aber machen Sie mir in der Hinsicht bitte keine unnötige Hoffnung. Sherlock empfindet nicht das gleiche für mich wie ich für ihn, und das weiß ich. Ich brauche nur Ihre Hilfe bei... der Entscheidung, ob ich ehrlich sein und es ihm sagen soll."
Sie sah ihn verständnisvoll an. "Das können nur Sie allein entscheiden, John, niemand kann Sie zwingen. Aber wenn Sie meinen Rat hören wollen: Sagen Sie es. Ich bin sicher, dass Sherlock Sie nicht abweisen wird. Er braucht Sie genauso wie Sie ihn. Selbst, wenn er nicht auf diese Weise fühlt, können Sie immer noch Freunde bleiben."
"Okay, aber... wenn ich es Sherlock sage, dann erfahren es wahrscheinlich auch die anderen."
"Wäre das so schlimm?", fragte sie.
John seufzte frustriert. "Ich weiß nicht, wie sie reagieren würden. Ich meine, wenn sie erfahren, dass ich... auch auf Männer stehe."
"Aber das ist nichts, wofür man sich schämen müsste", sagte seine Therapeutin ruhig.
"Das sehen manche anders. Ich weiß das, weil... wegen meiner Schwester. Mit sechzehn hat sie sich vor meinen Eltern als homosexuell geoutet, und sie kommen bis heute nicht damit klar." Bei der Erinnerung daran stieg das Gefühl von Verzweiflung in ihm auf. Er hatte seine Schwester zwar so akzeptiert, wie sie war, aber er hätte sie mehr unterstützen sollen. Jetzt verstand er erst wirklich, wie es ihr ergangen sein musste.
"John, das verstehe ich, aber nicht alle Menschen sind wie Ihre Eltern. Sehr viele sind tolerant und respektvoll, und ich bin sicher, Ihre Freunde sind das auch."
Er gab einen Laut von sich, der eine Mischung aus Zustimmung und Ratlosigkeit ausdrückte. Eine Weile war es still.
"Ich bin mir immer noch nicht sicher, was ich tun soll", gestand er schließlich.
Seine Therapeutin schenkte ihm ein aufmunterndes Lächeln. "Sie sollten es Sherlock sagen. Warten Sie einfach den richtigen Moment ab und dann tun Sie es."
"Okay", sagte John, auch wenn er sich noch immer nicht vollständig dafür entschieden hatte. Er erhob sich auf dem Sessel. "Ich muss jetzt los. Danke für das Gespräch. Sie haben mir wirklich geholfen."
Er hob die Hand zum Abschied.
"Oh, und John?", meinte sie noch. "Halten Sie mich auf dem Laufenden. Und wenn Sie Sherlock Ihre Gefühle gestanden haben, erzählen Sie mir gerne davon."
"Mach ich", versprach der Blonde.
Er tat weder das eine noch das andere.

Neun Monate später.
John saß im gleichen Sessel wie bei letztem Mal, seine Therapeutin ihm gegenüber. Diesmal machte er sich nicht einmal die Mühe, seine Gefühle zu verbergen. Die Hoffnungslosigkeit in seinen Augen war ohnehin für jeden erkennbar.
"Es gibt Dinge, die Sie sagen wollten, aber nicht gesagt haben."
"Ja."
"Sagen Sie sie jetzt."
"Nein. Tut mir leid, ich kann es nicht."
Mehr sprachen sie nicht miteinander.
Später, zurück in der Baker Street, starrte John auf Sherlocks leeren Sessel. Er wirkte so verlassen ohne den Consulting Detective. Ohne den besten und klügsten Menschen, den John je gekannt hatte.
Seit Sherlock von diesem Dach gesprungen war, hatte sich etwas in ihm verändert. So verspürte er plötzlich den Drang, die Dinge auszusprechen, die er seiner Therapeutin verschwiegen hatte.
"Sherlock... ich liebe dich. Bitte komm zurück."

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