Der Mann mit der blauen Kiste

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Mich hat mal jemand gefragt, was ich an meinen Fandoms eigentlich so mag.
Das hat mich zum Nachdenken gebracht. Ich glaube nicht, dass ich sachlich erklären könnte, wieso es mir so viel bedeutet.
(Rein aus Neugier: Könntet ihr das?)

Stattdessen habe ich mir ein Fandom herausgesucht und das ganze in eine kleine Geschichte verpackt (eigentlich nur ein Dialog).
Der alternative Titel wäre also:
Was das Besondere an Doctor Who ist.

Man muss die Serie für's Verständnis nicht gesehen haben - ich habe es auch vielmehr für Leute geschrieben, die es nicht oder kaum kennen.
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"Ich kann nicht schlafen. Ich habe Angst."

"Wovor hast du Angst?"

"Weiß ich nicht. Ich habe nur Angst."

"Weißt du, jemand hat mal gesagt, dass Angst eine Superkraft ist. Angst macht dich schneller und stärker und wachsamer. Angst kann uns zusammen bringen. Es ist nicht falsch, Angst zu haben."

"Wer hat das gesagt?"

"Jemand in einer Geschichte."

"Kann ich diese Geschichte hören?"

"Nun, wenn du willst. Aber es ist eine lange Geschichte. Eigentlich hat sie kein Ende."

"Was ist es dann für eine Geschichte?"

"Es ist ein Märchen, auch wenn es auf den ersten Blick nicht so wirkt. Es geht um einen Mann. Er nennt sich der Doctor. Er lebt in einer blauen Kiste, die durch das ganze Universum fliegen kann. Sie reist an jeden Ort und in jede Zeit, die du dir vorstellen kannst."

"So wie Magie?"

"Ach, im Grunde... ja, so wie Magie.
Du kennst doch die Geschichten, die die Erwachsenen immer lesen. Mit den Helden, die Superkräfte haben und große Waffen und noch größere Kriegsschiffe oder Fahrzeuge.
Der Mann, von dem ich erzähle, ist auch ein Held. Aber er hat keine Superkräfte, er hat stattdessen zwei Herzen. Er hat keine Waffen, sondern einen Schraubenzieher, der kaputte Dinge wieder ganz macht. Und er hat auch kein großes Schiff, sondern eine Kiste, mit der man um Hilfe bitten kann."

"Das ist seltsam."

"Ja, das ist seltsam und verrückt. Und so sind auch seine Abenteuer. Er reist überall hin, wo Leute Hilfe brauchen, und er ist so klug, dass er alles wieder in Ordnung bringen kann, was schiefgegangen ist. Du hast mich doch einmal gefragt, warum es Gut und Böse gibt. Und was dafür sorgt, dass das Gute immer überwiegt. Der Doctor sorgt dafür."

"Ist er ganz allein?"

"Nun, das ist der traurige Teil der Geschichte. Oft ist er allein und einsam, ja. Aber manchmal hat er auch Begleiter. Menschen, die mit ihm reisen. Ganz gewöhnliche Menschen, so wie du. Ja, sogar du könntest ihm einmal begegnen, wenn du größer bist. Vielleicht triffst du ihn ja.
Und der Doctor zeigt den Menschen das Universum mit all seinen Wundern. Sie haben ganz viel Spaß auf ihren Reisen. Und was sie für verrückte Dinge erleben, das glaubst du mir gar nicht!"

"Doch, doch! Ich glaube alles! Was erleben sie?"

"Sie wandern durch Realitäten, in denen alles anders ist als bei uns. Sie springen zwischen Welten hin und her. Sie erforschen neue Planeten und ihre Bewohner und schließen neue Freundschaften."

"Aber das ist ja schön. Das ist nicht traurig."

"Man kann nicht für immer mit dem Doctor laufen. Irgendwann muss man stehen bleiben. Es gibt viele Gefahren in der Welt."

"Also hat die Geschichte kein glückliches Ende."

"Ende? Nein, das ist noch nicht das Ende. Die Menschen kommen und gehen. Soll ich dir etwas verraten? Der Doctor ist gar kein Mensch, er ist nicht wie wir. Er gehört zu einem alten Volk, das sich Time Lords nennt. Vor langer Zeit gab es einen Krieg, und der Doctor musste sein Volk vernichten."

"Er hat sein Volk umgebracht? Aber dann ist er gar nicht so gut, wie du sagst! Dann muss er böse sein!"

"Manchmal hat man keine Wahl. Er hat das Universum gerettet, und dafür musste er bezahlen."

"Das verstehe ich nicht."

"Eines Tages wirst du das."

"Aber... wo ist der Doctor jetzt? Es gibt doch so viel Ungerechtigkeit auf der Welt. Kann er uns nicht helfen?"

"Das weiß ich nicht. Manchmal, da verschwindet er, für eine lange Zeit. Aber er kommt zurück. Er kommt immer zurück. Er lässt die Menschen nicht im Stich. Wenn du nach ihm suchst, dann kannst du ihn finden. Vielleicht auch in einer anderen Gestalt. Und wenn du abends in den Nachthimmel schaust, dann ist er da."

"Also... ist das alles nur eine Geschichte oder ist das wirklich passiert?"

"Alles, was je erzählt wurde, ist wirklich passiert. Geschichten sind unsere vergessenen Erinnerungen. Und am Ende werden wir alle zu Geschichten."

"Aber sind die Geschichten irgendwann nicht mehr da?"

"In deinen Träumen sind sie immer da. Also musst du nur eins tun - mach eine gute Geschichte daraus."

"Ja, es ist eine gute Geschichte. Es ist die beste. Weißt du was? Wenn ich mal Kinder habe, werde ich ihnen auch als Gutenachtgeschichte vom Doctor erzählen."

♡ Oneshots ♡Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt