Diesen Oneshot hab ich schon im Juni letzten Jahres angefangen zu schreiben, als ich mit LinchenMalfoy17 mal wieder Good Omens geschaut habe, aber irgendwie erst jetzt beendet. Dafür ist er ein bisschen länger als gewöhnlich.
Er schließt praktisch direkt an die letzte Szene der Serie an und ist so etwas wie eine kleine Fortsetzung. Dabei habe ich mich ein wenig an den Lyrics von "A nightingale sang in Berkeley Square" gehalten, das ja direkt nach bzw während der Szene gespielt wird.
Als ich das geschrieben habe, hatte ich noch keine Ahnung, dass es eine zweite Staffel geben wird, aber jetzt bin ich irgendwie gespannt, ob etwas in der Art auch in der Serie vorkommen wird. (Ich glaube zwar eher nicht, aber es wäre immerhin möglich. (Wenn ich allerdings so darüber nachdenke, muss es das vielleicht auch gar nicht.))
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"Auf die Welt."
Klirrend stießen die beiden Gläser aneinander, nachdem der Engel und der Dämon diese Worte ausgesprochen hatten.
Sie stießen nun wahrhaftig auf die Welt an, denn diese wäre vor kaum einer Woche beinahe verendet.
Laut dem großen Plan sollte der Antichrist den Weltuntergang einleiten, worin auch die vier Reiter der Apokalypse verwickelt waren - Krieg, Hunger, Umweltverschmutzung und Tod - und der Himmel die entscheidende Schlacht gegen die Hölle ausfechten. Erziraphael war fest davon überzeugt gewesen, seine Seite hätte am Ende den Sieg davongetragen, weil es einfach so sein musste, doch genau wie Crowley war ihm schließlich klar geworden, dass die Erde gar kein so schlechter Ort war und bestimmt nicht der, an dem ein solcher Krieg stattfinden sollte.
Glücklicherweise war es, ganz wie Agnes Spinner es vor so langer Zeit vorausgesagt hatte, einem jungen Hexensucher und Nicht-Computertechniker gelungen, den Ausbruch des dritten Weltkriegs gerade noch zu verhindern. Als der Antichrist Adam Young den Mächten von Himmel und Hölle verkündet hatte, dass er die ihm zugedachte Aufgabe nicht erfüllen würde, mussten diese schließlich zähneknirschend wieder abrücken und ihre Armeen zurückrufen.
Denn wie nicht nur sie, sondern auch Crowley und Erziraphael auf einmal realisiert hatten, war der große Plan eben nicht gleich der unerfindliche Plan, welchen allein Gott verstehen konnte.
Nichtsdestotrotz hatte man Adams Vater über die Ereignisse in Kenntnis gesetzt und der Fürst der Hölle, auch Satan oder der Teufel genannt, brodelte nur so vor Zorn. Sein Sohn jedoch besaß die Macht, die Realität nach seinen Wünschen zu verändern, und machte ihm bewusst, dass er überhaupt nicht sein Vater war. Ein richtiger Vater war für seinen Sohn da, wenn er ihn brauchte, und besuchte ihn nicht erst, wenn er elf Jahre alt war. Satan, nun nicht mehr Adams Vater, der er ohnehin nie wirklich gewesen war, musste wieder in die Hölle hinabsteigen und die Erde in Frieden lassen.
Ein Frieden, der hoffentlich lange währen würde.
Auch, wenn Crowley mittlerweile den Verdacht hegte, dass die eigentliche Schlacht gar nicht zwischen Himmel und Hölle stattfand, sondern zwischen allen beiden und der Erde.
Aber er und Erziraphael gehörten nun nicht mehr auf die gute oder die böse Seite - sie hatten sich auf ihre eigene Seite gestellt, die Seite der Menschen.
Er wusste, dass der Engel noch etwas brauchen würde, um sich daran zu gewöhnen, aber er glaubte nicht, dass es in absehbarer Zeit irgendwelchen Ärger mit Oben oder Unten geben würde. Durch einen netten kleinen Trick waren die beiden nämlich ihren Strafen entronnen und hatten Himmel und Hölle gleichzeitig einen gewaltigen Schrecken eingejagt. In nächster Zeit würden sie in jedem Fall in Ruhe gelassen werden und hatten nun Zeit, sich endlich einmal vollständig auf einander zu konzentrieren.
Ihre merkwürdige Freundschaft - oder wie immer man die Beziehung zwischen ihnen nennen wollte - hatten sie zwar über sechstausend Jahre hinweg aufrecht erhalten, doch war es dabei hauptsächlich um die Vorteile gegangen, die sich für beide daraus ergaben.
Dass sich zwischen ihnen ein Gefühl von Vertrautheit und Zugneinung entwickelte, hatten sie erst viel später realisiert; und so ganz hatte der Engel es immer noch nicht wahrhaben wollen. Seine Seite hätte es nicht gutgeheißen, wie er sich immer wieder sagte. Aber jetzt kümmerte es niemanden mehr, ob er Zeit mit Crowley verbrachte, und ihm drohten keine himmlischen Strafen dafür. Es war ein ungewohntes Gefühl von Freiheit, das er nun genießen konnte.
Crowley kam nicht umhin zu bemerken, dass sein Freund viel offener sprach als früher und sich sogar ein wenig näher zu ihm lehnte. Und das mochte nicht an dem Wein liegen, für den sie beide eine Vorliebe hatten - einer der Gründe, warum sie dieses Restaurant so gern besuchten. Scheinbar war jedes Mal, wenn sie gemeinsam über die Türschwelle traten, auf wundersame Weise ein Tisch für zwei frei geworden.
Erziraphael, der soeben den letzten Bissen seines Essens verspeist hatte, tupfte sich mit dem Serviettenzipfel den Mundwinkel ab.
"Das war vorzüglich", meinte er zufrieden und ein Lächeln breitete sich auf seinem Gesicht aus.
"Das war es, in der Tat", stimmte Crowley ihm zu und legte sein Besteck beiseite. "Lust auf einen Nachtisch?"
"Gern", erwiderte der Engel und lächelte noch breiter, sofern das überhaupt möglich war.
Während des Wartens sprachen sie über längst vergangene Zeiten und Erlebnisse und teilten sich schließlich den Nachtisch. Währenddessen lauschten sie den sanften Klängen des Klaviers, das jemand spielte. Erziraphael hatte das Gefühl, das Lied zu kennen.
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♡ Oneshots ♡
Historia Corta"Ist das nur eine Geschichte oder ist das wirklich passiert?" "Alles, was je erzählt wurde, ist wirklich passiert. Geschichten sind unsere vergessenen Erinnerungen." Oft sind es Zitate wie diese, die mich zu meinen Kurzgeschichten inspirieren, welch...
