♡ Oneshots ♡

Brief an den Unsterblichen

Diesen Oneshot habe ich wieder für den Schreibwettbewerb von LinaewenFinduilas geschrieben, zum Thema Unsterblichkeit.

Ich muss ehrlich sagen, dass ich diesmal nicht so ganz glücklich mit dem Oneshot bin - ich mochte die Idee sehr, bin aber ein bisschen an der Umsetzung gescheitert.

Aber vielleicht findet ihr ja etwas in der Geschichte, das euch anspricht ^^

(Wörter: 507)
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Mein Geliebter,

ich schreibe dir diesen Brief in dem Wissen, dass er dich vermutlich nicht mehr erreichen wird.

Aber zum ersten Mal, seit ich dich kenne, kümmert mich das nicht. Alles, was ich dir schreiben könnte, weißt du bereits - es hätte keinen Sinn.

Trotzdem möchte ich die Worte loswerden, und der Gedanke, dass deine Augen vielleicht doch irgendwann auf diesen Zeilen ruhen, ist ein tröstlicher.

Ich möchte, ich muss die Erinnerung an dich festhalten. Ich möchte, dass du ewig weiterlebst, weil ich in dir allein die Perfektion finden konnte, die Unsterblichkeit verdient. Das Abbild deiner Gestalt, dein Inneres wie dein Äußeres, soll bewahrt werden, damit ich nicht der einzige bin, der sich dessen erinnert. Und welch besseren Weg gäbe es dafür, als es in Worten auf Papier zu bringen?

Ich möchte, dass du zu einer Geschichte wirst.
So wie auch ich zu einer geworden bin.

Ich habe mich oft gefragt, wieso dieses Leid, das ich ertragen musste, ausgerechnet mich getroffen hat.

Niemand weiß besser als du, was damals vorgefallen ist, und dass ich noch immer die Erinnerung daran in mir trage. Die Wunde ist nie richtig verheilt. Und nun wirst auch du mir genommen, Liebster.

Also wieso, aus welchem Grund musste es mich treffen?

Nachdem ich diesen egoistischen Gedanken überwunden hatte, fragte ich mich, warum irgendjemand leiden sollte. Niemand verdient es, und niemand möchte es.

Und doch muss Leid existieren, damit wir unsere Freude finden können. Ich dachte an all die Bücher, die Stücke, die Menschen wie wir so gerne verschlingen. De erdachten Figuren darin erleben auch schrecklich viel Leid, vielleicht mehr als in der Wirklichkeit sogar. Und wir sind schon ein seltsames Volk, dass wir daran Gefallen finden.
Wir wollen alle das Drama lesen, wir wollen es sehen, den Herzschmerz, das Verzweifeln, die Tragödie.

Aber niemand will es erleben.

Ich weiß jetzt, warum ich so leide. Irgendjemand muss es tun, sonst gäbe es keine solcher Geschichten.

Man sagte mir, ich sei nicht nur eine Geschichte; ich müsse doch mehr als nur eine Geschichte sein.
Aber eine Geschichte ist das Höchste, das Reinste, das man sein kann.

Und man sagte mir dann, ich sei doch ein Mensch. Und sei das nicht genug? Müsse das nicht genug sein?

Nun, mein Geliebter, Menschen sind sterblich. Aber Geschichten leben für immer.

Und wenn es mir gelingt, dafür zu sorgen, dass deine Geschichte für immer lebt... dann, dann bin auch ich unsterblich.