Kapitel 69: Silvester

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Die restlichen Tage vergingen. Dann war der Tag da. Der 31. Dezember.

Tessa und Chris würden da sein. Sie werden mit Dad und mir Silvester feiern. Normalerweise wäre Liam jetzt auch da. Nein. Tessa war ja da. Das war immerhin etwas. Sie würde sich mit mir unterhalten, wenn Liam schon nicht da war. Ob Chris ihr von unserer Trennung erzählt hatte? Wahrscheinlich nicht. Was interessiert es sie auch?

Ich ging im Schlafanzug runter, als ich nicht länger schlafen konnte. Es war halb elf. Unten angekommen saßen Dad mit Tessa und Chris auf dem Sofa. „Gut geschlafen, Em?", fragte Dad lächelnd. „Ja.", gähnte ich, „Hallo Tessa! Schön, dass du da bist!" „Hey!" Ich ging zu ihnen und umarmte Chris von oben. Tessa auch. Ich trank einen Kaffee und ging dann hoch, mich umziehen und frisch machen. Nach der Dusche zog ich mir meinen Hoodie, Achtung gefährlich! den ich mal zum Geburtstag bekommen hatte, an und eine Jeans. Der Pulli war schon recht verwaschen, aber ich trug ihn sehr gerne. Dann ging ich wieder runter.

Die restliche Zeit bis zum Mittagessen verbrachte ich in meinem Zimmer, lesend. Ich hatte mir ein neues Buch aus meinem Regal geholt und, welch Wunder, war darin ein Brief.

Hey meine Kleine!
Gefällten dir die Bücher? Ich hoffe du lernst beim Lesen was.
Bitte verwende die Tränke nur, wenn es ein Notfall ist. Es ist wirklich wichtig für deine Gesundheit. Wenn du zu viel von den Stoffen im Blut hast, werden deine Kräfte nachlassen.
Sei also bitte vorsichtig.
Mom

Die erste Frage, die mir aufkam, war, ob sie wegen zu vielen Stoffen im Blut gestorben ist. Nur konnte ich diese Frage niemanden stellen. „Emily!", schrie Dad hoch und riss mich abrupt aus meinen Gedanken. „Ja?", rief ich. „Essen!" Ich legte das Buch in die berüchtigte Schublade und ging runter.

Während dem Essen redete ich etwas mit Tessa. „Bist du schon aufgeregt, auf deine neue Stelle?", wollte sie wissen. „Ja. Ich fang morgen an, wieder ein bisschen zu trainieren." - Sie nickte. „Kannst du mal die Kerze anmachen?", fragte sie und stellte eine auf den Tisch, „Ich will was ausprobieren." „Okay." Ich machte eine kleine Flamme und blies sie auf den Kerzendocht, der anging. Tess steckte ihren Arm leicht aus und ließ einen Windstoß um die Flamme wehen, ohne dass sie ausging. Der leichte Wind ließ die Flamme tanzen.

Dann klatschte Tess einmal und der Wind versiegte. Auch die Flamme ging aus. „Wie?", fragte ich verwirrt. „Weiß ich nicht. Hab ich gestern herausgefunden. Jetzt wollte ich auch schauen, ob es auch mit einer Flamme von jemanden geht", meinte sie. Dad schaltete sich ein: „Vielleicht eine Mutation deiner Kräfte. Schau dir Em an. Ihre Kräfte sind schon als kleines Kind mutiert. Vielleicht ist das einfach eine Mutation. Freu dich drüber und versuch es kontrollieren zu lernen." Die Freundin meines Bruders nickte. Ich freute mich. Endlich war ich nicht die einzige mit Mutationen der Kräfte, die ich kannte!

Am Nachmittag las ich. Aber wieder in Flammenmagie. Ich hatte mir vorgenommen, jetzt auch die schwierigen Tränke zu machen. Ich schrieb mir alle Zutaten auf, um sie zu besorgen. Manche würde ich im Supermarkt bekommen, nach anderen werde ich länger suchen müssen. Am Ende war es eine ganze DIN A5 Seite geworden.

Ich ging zum Abendessen runter. Wir aßen recht schweigsam. Dad meinte irgendwann: „Ich hab für Cocktails eingekauft. Wollt ihr zwei nachher einen?" Chris nickte, aber Tess sagte: „Ohne Alkohol bitte. Ich trink nicht so viel." Dad nickte verständnisvoll und sah mich an. Ich interpretierte es als: „Du kriegst nichts, Kleine. Du hast noch ein Jahr!" Ich nickte. Er wusste nichts von den Massen, die ich unerlaubt schon getrunken hab, was gut so war. Er musste ja nicht alle meine Sünden kennen.

Am späten Abend saßen wir zu dritt auf dem Sofa. Dad sah mit Chris fern. Ich war am Handy und schrieb mit Eric. Tessa hatte sich etwas hingelegt.

Tessa schlief in meinem Zimmer. Sie hatte mir gerade geschrieben, dass ich hochkommen soll. Also stand ich auf und ging die Stufen bis zu meinem Zimmer hinauf. Sie saß auf dem Bett und schaute schockiert auf den ausgeschalteten Fernseher. „Was ist los, Tess?", fragte ich sie. „Da war jemand! Ein Portal ist aufgegangen und jemand mit einer Cap hat reingeschaut. Nur ganz kurz. Ich konnte das Gesicht nicht erkennen. Dann hat man es wieder geschlossen." „Ach du scheiße. Hat er was weggenommen?", wollte ich wissen. Sie schüttelte den Kopf. Ich ging zu ihr hin und fragte mit ruhiger Stimme: „Welches Element war es denn?" „W- Wasser!" Mir kam ein Verdacht auf.

Liam. Wer sonst sollte mit einem Wasserportal in mein Zimmer wollen, wenn nicht er? „Welche Farbe hatte die Cap?" „Dunkelblau", antwortete sie. Ja. Es muss Liam gewesen sein. Er hatte nur eine Dunkelblaue.

„Ist okay. Ich weiß wer es war. Ich klär das. Schlaf noch ein bisschen, wenn du willst. Ich bin unten, ja?" Sie nickte dankend und lächelte.

Unten angekommen flüsterte ich Chris ins Ohr: „Ich muss ganz kurz weg. Tess ist oben. Sie ist wach. Sag Dad bitte, wenn er fragt, ich bin bei ihr. Danke!" Er nickte und ich lief in die Küche, wo ich schnell durch ein Portal, in Liams Küche huschte.

Er war im Wohnzimmer. Ich hörte ihn reden: „Ich kann das nicht. Ich weiß einfach nicht was los ist. Weder mit ihr noch mit mir." „Ach Wi- Liam." Es war seine Mutter zu Besuch. Sie wollte ihn immer William nennen. Ob sein Vater auch da war, wusste ich nicht. Ich vermutete schon.

Ich machte ein Miniportal und sah durch. Liam saß zu seinen Eltern gewannt da. Sie würden mich also nicht sehen. Ich schloss es und machte ein etwas größeres hinter Miss Sullivan. Ich machte ein Zeichen, damit er auf mich aufmerksam wurde. „Ehm... Ich komm gleich wieder", sagte er, als er meine Hand entdeckte. Er stand auf und ging in die Küche.

„Hey", meinte er leise. „Hey. Hör zu. Es tut mir echt leid. Ich weiß nicht, wieso ich dich so angeschrien hab. Ich wollte das nicht. Es war mir einfach alles zu viel. Ich-" - Liam unterbrach mich, indem er meine Hand in seine nahm. „Tut mir auch leid. Ich hätte nicht so reagieren sollen. Ich weiß doch, dass du sowas nicht machen würdest. Tut mir leid." Ich nahm ihm in den Arm und sah ihm in die Augen. Wie beim ersten Mal, bekam ich Gänsehaut. Er kam meinem Gesicht immer näher und küsste mich dann so zärtlich wie immer auf die Lippen.

„Geht doch! Ich wusste, das sieht wieder zueinander finden werdet!", meinte Miss Sullivan und klatschte. Ich löste mich von Liam und sah ihn schief grinsend an. Das war typisch seine Mom. Immer im unpassenden Moment. „Mom!", meinte er lachend. „Jaja. Ich bin schon wieder weg!", meinte sie mit breitem Grinsen. Ich küsste ihn nochmal und verabschiedete mich dann zurück nach Hause.

Chris fragte mich: „Wo warst du?" Ich grinste verlegen. Er rollte gespielt mit den Augen und lächelte. „Freut mich. Ich bin froh um ein weniger kompliziertes Liebesleben." Ich nickte grinsend und setzte mich wieder zu Dad und ihm. Kurze Zeit später kam Tessa runter. Sie flüsterte: „Wer war das jetzt?" „Liam", sagte ich leise. „Ah."

Um fünf vor zwölf gingen wir raus, um das Feuerwerk zu sehen. Es war wunderschön. Und so viele Farben! Ich lächelte glücklich. Ich hatte Liam zurück und vor mir wunderschöne Pyrotechnik.

Um halb zwei schlief ich schließlich ein.

Die 4 ElementeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt