Ich hörte jemanden weinen. Leise, aber hörbar. Ich presste meine Augen zusammen und versuchte mich zu bewegen. Es ging nicht. Ich öffnete meine Augen und blickte wieder auf eine weiße Decke. Die Person hörte auf zu heulen. Ich legte meinen Kopf nach links und sah Liam an meiner Seite. Seine Hand lag auf meiner und er hatte ganz rote Augen. „Liam", flüsterte ich. Er lächelte und küsste mich. Ich wollte ihm die Haare aus dem Gesicht streichen, aber ich konnte meine Hände nicht von der Matratze heben. Ich sah, dass sie festgekettet waren. Liams letzte Tränen ließen ihm über die Wangen. „Wie lang?", fragte ich. „Zwei Tage. Zwei schreckliche Tage." Ich blickte auf meine Hände und dann sah ich Liam an. „Du hast um dich geschlagen und eine Krankenschwester mit Feuer beworfen", meinte er, „Sie mussten dich anbinden."
„Ich komm gleich wieder. Ich sollte einer Schwester Bescheid sagen, falls du wach wirst." Liam stand auf und ging durch die Wandtüre. Kurz darauf kam er mit einer der weißen Damen zurück. Langsam fragte ich mich, ob in dem Krankenhaus überhaupt Männer arbeiten.
Die Dame band mich los und checkte mich durch. „Bitte bleiben Sie liegen", meinte sie zu mir, „Wir werden Sie jetzt rund um die Uhr bewachen, damit Sie niemanden verletzen." Dann ging sie. Ich hatte wieder jemanden verletzt?! Liam wollte wissen: „Soll ich deinen Dad anrufen, dass du wach bist?" Ich nickte und schlang meine Arme um ihn. Meine Lippen drückte ich auf die seinen und ich spürte, wie ich leichte Gänsehaut bekam.
Er holte sein Handy heraus und legte es an sein Ohr. „Hallo Tony. Ja, sie ist wach. Ja, ich bin bei ihr. Es geht ihr gut. Weiß ich nicht. Ja, klar, ich geb sie dir schnell." Liam gab mir sein Handy und am anderen Ende hörte ich meine Dad sagen: „Oh Gott! Wie geht es dir, Em?" „Ich bin okay, Dad", antwortete ich schwach. „Liam war die ganze Zeit bei dir. Er hat mir versprochen, mich anzurufen, wenn du wach wirst. Oh Gott, meine Kleine." Ich hörte ihn schnäuzen und dann seine Stimme: „Bitte bleib im Bett. Du- Wir machen uns riesige Sorgen um dich." Ich lächelte und meinte: „Ja. Versprochen. Falls du demnächst vorbeikommst, kannst du dann mein großes, rotes T-Shirt und meine Decke mitbringen? Die hier sind so extrem warm!" Dad lachte am Telefon und sagte: „Ja, klar. Noch irgendwas?" „Nein. Danke, Dad." „Ich hab dich lieb, meine Kleine!", sagte er und legte dann auf. Ich gab meinem Freund das Handy zurück und er setzte sich ans Fußende des Bettes. Ich grinste ihn an und meinte: „So. Du warst also die ganze Zeit bei mir?" Er lächelte verlegen. „Ja. Ich wollte da sein." Ich umarmte ihn und stützte meinen Kopf auf seiner Schulter ab. „Wie geht es deinem Arm?", fragte ich. „Schon sehr gut. Ich kann auch schon auf der Seite schlafen", erklärte er, „Ich konnte aber sowieso nicht schlafen." Ich sah ihn fragend an. „Könntest du schlafen, wenn ich im Krankenhaus läge und nicht aufwache?", stellte er eine Gegenfrage. Ich schüttelte den Kopf und flüsterte ihm ins Ohr: „Bitte bleib bei mir. Ich will nicht allein hier sein." Er nickte und wir ließen uns wieder los.
Als mein Dad am Nachmittag kam, hatte er eine große Tüte mit meinen Sachen drin dabei. Meine Bettdecke, das T-Shirt und sogar noch meine Kopfhörer. Dad blieb auch noch eine Weile und wir unterhielten uns einige Zeit lang. Dad hatte Tessa angerufen und gefragt, ob sie nicht vielleicht mit Silas vorbeikommen will. Sie hatte sofort ja gesagt und sich auf dem Weg gemacht. Als sie hier ankam, begann ihr Sohn sich nach mir auszustrecken. Tess gab ihn mir lächelnd und setzte sich neben Liam ans Bettende.
„Wie geht es dir?", wollte sie wissen. „Gut. Ich bin ein bisschen schlapp, aber ansonsten sehr gut", meinte ich und stupste Silas auf die Nase. Er kicherte und meine Familie lachte. Sie blieben noch bis Abend, dann mussten sie gehen, weil kein Besuch mehr bleiben durfte.
Ich bekam mein Essen und schlief bald ein.
„Hey, Emily. Wach auf!", flüsterte jemand, „Aufwachen. Ich muss mit dir reden." Ich begann mich zu strecken und drehte mich nach links, wo die Stimme herkam. Ich stöhnte und öffnete meine Augen. „Was willst du, Kai, mitten in der Nacht?!", fragte ich müde. „Ich muss mit dir reden!" „Und das hättest du nicht, am Nachmittag machen können?", fuhr ich ihn an. „Nein. Ich muss mit dir allein reden." „Dann fang endlich an!" „Ja. Du- Also. Ich glaube deine Kräfte verursachen das alles. Ich denke, dass sich vielleicht eine neue Mutation entwickelt. Keine Ahnung welche, aber es wäre möglich." „Mm-Hmm", meinte ich, „Und wieso bist du noch hier?" Er wirkte nervös, deshalb fragte ich. „Ich- Solange wir nicht wissen, was es ist, dass dich so ausrasten lässt, müssen wir dich leider vom Training ausschließen." Ich war nicht sonderlich überrascht, das zu hören, weil ich war eine Gefahr für die Leute. „Keine Reaktion?", fragte Kai verwundert. „Nein. Ich dachte es mir schon." Dann drehte ich mich um und schloss die Augen.
Am Morgen wurde ich von einer Schwester geweckt. Sie brachte mir auch gleich das Frühstück. Alles war in großer Hektik, ich verstand aber nicht, wieso. Erst als die fünfte weiße Dame bei mir reinkam, fragte ich: „Wieso ist hier so eine Hektik?" Sie begründete es so: „Es muss schnell ein neues Zimmer hergerichtet werden, für eine Patientin, die hier eine Zeit lang bleiben wird."
Die siebte Frau legte meine Sachen auf das Fußende und schob mich ohne weiteres zu sagen aus dem Zimmer. Sie brachte mich ins oberste Stockwerk in ein Zimmer, in dem immerhin mal ein Nachtkästchen und ein Stuhl stand. Die Wand war in einem sanften blau gestrichen. „Wir werden Sie jetzt eine ganze Weile hier behalten müssen, um dem ganzen auf dem Grund zu kommen. Das Zimmer hier ist doppelwandig und feuersicher. Das heißt, wenn etwas passieren sollte, sind alle sicher." Ich nickte. Ich musste also hier bleiben. „Perfekt!", dachte ich ironisch.
Ich schrieb Liam die Neuigkeiten, als die Dame weg war, ob er mir so manches bringen konnte, dass mir hier den längeren Aufenthalt verschönern würde.
Einige Zeit später schrieb er zurück, dass er mir einiges mitbringen würde und dass er schon auf dem Weg war.
Als er ankam, hatte er eine große, prall gefüllte Tasche dabei. Er stellte sie neben mein Bett und setzte sich zu mir. „Du hast jetzt ein anderes Zimmer?", merkte er an. „Ja. Das hier soll sicherer sein. Feuersicher und doppelwandig ist es. Dann sind alle anderen sicherer, falls etwas passiert", erklärte ich. „Ah." Erst jetzt fiel mir aus, dass er keinen Verband mehr trug. „Hey! Der Verband ist ab!", merkte ich freudig an. „Ja. Heute Morgen durfte ich ihn abnehmen", bestätigte mein Freund. Ich lächelte froh und sah seinen Arm genauer an. Er war noch etwas gerötet und rau, aber ansonsten sah er gut aus.
„Liam?", fragte ich irgendwann. „Hmm?" „Ich darf jetzt lange Zeit nicht zum Training.", sagte ich. „Echt? Das ist ja scheiße!" „Ja. Ich kanns aber verstehen. Ich meine- Ich bin eine Gefahr für alle, die um mich herum sind. Du weißt doch, wie viele ich verletzt hab." „Mach dir keinen Kopf, Em. Wenn du willst, kann ich nach der Arbeit immer vorbeikommen, okay?" Ich lächelte und bedankte mich bei ihm.
Irgendwann ging er und ich sah in die Tasche hinein,die er mitgebracht hatte. Es war viel Kleidung darin und ein paar Bücher.Außerdem noch einige Zeitschriften und mein Block und mein Mäppchen. Er hattewirklich an alles gedacht!
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Die 4 Elemente
FantasyEmily hält sich für ein ganz normales Mädchen, ohne unglaubliche Talente. Sie hat eine tolle Familie, gute Freunde und ist gut in der Schule. Sie ist vielleicht etwas chaotisch, aber nicht außergewöhnlich. Doch genau so ein besonderes Talent soll si...