Kapitel 52

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Pov Kim Taehyung

Beim Essen kriegte ich nicht wirklich etwas runter. Immer wieder verschwand ich in meinen Gedanken und vergass die Welt um mich. Mein Kopf war voll mit irgendwelchem Schwachsinn, welchen ich mir zusammenwürfelte. Manchmal wünschte ich, dass ich meinen Kopf einfach mal ausschalten könnte...

Immer wieder spürte ich die besorgten Blicke der anderen auf mir, was die ganze Situation nicht gerade verbesserte. Ich wollte nicht, dass sie sich sorgen um mich machten. Es ging mir doch einigermassen gut, oder?

Und schon wieder kam es mir so vor, als würde ich allen zur Last fallen. Ohne mich hätten sie ein so schönes und vor allem unbesorgtes Leben. Ich würde einfach nicht existieren... Aber vielleicht war es auch besser so. Ohne mich wären sie jetzt an der Spitze der Musikwelt. Sie hätten ihren Traum verwirklichen können...

Ich wusste, wie sehr die andern es liebten auf der Bühne zu stehen. Vor mehreren tausend Menschen zu singen. Ihre Gefühle zu übermitteln, welches sie in diesen Liedern versteckten. Unsere Sprache war schon längst keine Hürde mehr. Man konnte seine Emotionen durch so viel mehr ausdrücken.

Ich erinnerte mich immer wieder gerne an unsere letzten Konzerte zurück. Ich sah ihre glücklichen Gesichter... Sie strahlten förmlich... Aber wer konnte es ihnen den schon verübeln. Es war ein berauschendes Gefühl auf der Bühne zu stehen und zu wissen, dass einen so viele Menschen unterstützen, dass man dort angekommen ist, wo man schon immer sein wollte...

Ich wusste noch ganz genau, wie ich sie damals beobachtete. Wie sie sich gegenseitig Wasser über den Kopf leerten oder einfach nur Blödsinn angestellt haben. Jeder sang mit so viel Liebe und Gefühl, dass es mir immer wieder, wenn ich daran zurückdachte, kalt den Rücken hinunterlief. Alles war perfekt, bis ich kam. Ich habe alles kaputt gemacht.

Aber es war okay, dass redete ich mir auf jeden Fall immer wieder ein. Ich war ein nichts, ein niemand. Niemand für den es wert war, alles aufzugeben. Alles was ich einmal wollte... Alles was mal zum Greifen nah war, war in diesem Moment für mich Meilen weit entfernt...

Fest presste ich meine Lippen aufeinander, damit kein Geräusch aus diesen entfloh. Gegen die Tränen konnte ich nichts machen... und um ehrlich zu sein wollte ich, dass auch nicht. In meinem ganzen Leben war ich noch nie so tief gefallen, wie jetzt. So tief gefangen in einer mir unbekannten Welt, welche mir Angst bereitete.

Ich wollte hier raus, aber dafür fehlte mir die Kraft... die Motivation, die fehlende Hand... Warum konnte ich es nicht alleine schaffen. Warum ich? Was habe ich falsch gemacht? Womit habe ich das verdient? Es gab doch immer einen Grund für irgendetwas... Also musste es hier auch einen entscheidenden Grund geben.

Erschrocken zuckte ich zusammen, als sich eine Hand auf meiner Schulter niederliess und ich eine Präsens neben mir wahr nahm. Bitte nicht... nicht anfassen... Ruckartig rückte ich ein Stück weg und kniff fest meine Augen zusammen, damit ich nicht sehen musste, was gerade passierte...

Kleine Blitze zogen durch meinen Körper, worauf ich mich noch mehr anspannte als ich es sonst schon war. Ich war so erschöpft, aber musste mich trotzdem durch diese endlosen Schmerzen quälen.

Um mich herum hörte ich mehrere panische Stimmen, welche ich aber nicht zuordnen konnte. Stühle wurden herumgeschoben... Schritte hallten in meinen Ohren... Laute Stimmen drangen in mein Ohr, obwohl sie alle einfühlsam und ruhig mit mir redeten...

Meine Wangen waren erhitzt, während ich spürte, wie die Tränen über mein Gesicht liefen. Warum war ich nur so ein Frack... Wo war nur der fröhliche Junge hin, welcher alle mit seinem Lächeln verzauberte? Die Antwort darauf war eigentlich ziemlich einfach... es gab ihn nicht mehr.

Ich spürte eine kalte Hand, welche sanft auf meinem Knie abgelegt wurde. In der Zwischenzeit hatte ich nämlich meine Beine auf den Stuhl gezogen und sie fest an meinen Körper gepresst. Ich wusste nicht genau wieso, aber die Nähe dieser Person beruhigte mich ein wenig. Sie war in diesem Moment das Gegenstück von mir...

Die kalte Hand kühlte meinen warmen Körper ab. Die ruhigen Bewegungen waren das Gegenteil zu meiner hektischen Welt, in welcher ich mich absolut nicht wohlfühlte... Die harmonische Stimme, welche auf mich einredete, lies die Dunkelheit langsam, aber sicher in mir verschwinden. Genau so schnell wie sie kam, zog sie auch wieder ab.

Mein Atem beruhigte sich allmählich und wurde regelmässiger. Meine Muskeln, welche in meinem ganzen Körper angespannt waren, lösten sich wieder. Warum hatten diese sechs nur so eine beruhigende Wirkung auf mich... Warum...?

Nach einer Weile spürte ich eine weiche Hand in meinen Haaren. Mit so viel Gefühl führen die Fingerkuppen durch mein zerstäubtes Haar, worauf ich vorsichtig meine Augen öffnete. Die Sonnenstrahlen erwärmten meine Haut und hinterliessen eine Gänsehaut, welche sich über meinen ganzen Körper streckte.

Nach mehreren Versuchen meine Augen ganz zu öffnen, sah ich in ein leicht lächelndes Gesicht. Sanfte Grübchen bildeten sich an seinen Mundwinkel, welche ihn sofort viel sanfter erscheinen liessen. Mit verweinten Augen blickte ich ihn einfach nur stumm an. Meine Tränen strich ich vorsichtig mit meinem Zeigefinger weg. In Gedanken versunken betrachtete ich die Wasserperlen, welche sich auf meinem Finger sammelten.

Das Sonnenlicht liess sie leicht glitzern und man konnte gar nicht mehr denken, dass diese Tränen ein Produkt von reiner Trauer waren. Sobald ich wieder aufsah und auf Namjoons Gesicht traf, warf ich mich einfach instinktiv in seine Arme.

Leicht überrumpelt stütze er sich nach hinten ab, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Aber kurz darauf spürte ich, wie sich seine Arme um mich legten. Namjoon und Yoongi waren schon immer die Personen, welche ich am meisten als grosser Brüder sah. Die Brüder, welche mein ganzes Leben lang fehlten...

Meine Arme waren um seinen Hals geschlungen, während ich meinen Kopf in seiner Halsbeuge versteckte. Stumm weinte ich vor mich hin, nur das Beben meines Körpers war zu erkennen. Ich wusste nicht wirklich, warum meine Gefühle so verrückt spielten. Vielleicht lag es einfach an meiner schwachen Seele...

Sanft strich Namjoon über meinen Rücken, worauf ich geniessend die Augen schloss. Was ich in diesem ganzen Tumult wieder einmal nicht bemerkt hatte war, wie Jungkook mit zusammengebissenen Zähnen zu mir sah. Sein Blick voller Trauer... Ich hatte ihn gerade mit meiner Tat mehr verletzt als er zugeben wollte...

Someone you loved / KookVWo Geschichten leben. Entdecke jetzt