Pov Jeon Jungkook
"Was wenn ihr mich wieder alleine lässt...?", flüsterte Tae leise und sah uns aus grossen, wässrigen Augen an. Leicht verzog ich mein Gesicht. Ich konnte ihn nicht so traurig sehen. "Wenn noch einmal so etwas passiert... Ich will nicht mehr alleine sein."
Sofort breiteten sich in mir die Schuldgefühle aus. Natürlich hatte auch ich einen Teil dazu beigetragen, dass es jetzt so war wie es nun mal war. Ich hätte ihm vertrauen sollen... Ihm zuhören und für ihn da sein... In all dem habe ich hoch aus versagt...
"Werden wir nicht Tae, dass versprechen wir dir. Wir haben alle aus unseren Fehlern gelernt und werden dich nicht im Stich lassen niemals." Tae zwang sich ein kleines Lächeln auf, während er Yoongis Worten lauschte. Sie werden ihn alle unterstützen, das wusste ich. Sie taten es auch jetzt schon aus ganzem Herzen.
Nur ich fühlte mich irgendwie wieder so nutzlos. Die anderen beruhigten ihn mit ihren lieben Worten, während ich still in der Ecke der Couch sass. Auch ich fühlte mich irgendwie nicht wohl in diesem Gespräch. Ich hatte Angst, dass es möglicherweise zu früh wäre, um mit ihm über solche Sachen zu reden. Vielleicht braucht er noch mehr Zeit...
Man sah ihm sofort an, dass er unseren Worten nicht ganz vertraute. Der Zweifel nagte an ihm. Die Angst wieder alleine zu sein, war einfach grösser... Ich werde alles dafür tun, dass er diese Angst nicht mehr verspürt. Dass er sich sicher bei uns sicher fühlt und nicht hintergangen.
"Tae...", begann Namjoon vorsichtig und ich kniff aus Reflex einfach meine Augen zusammen, denn ich wusste welche Frage nun kommen würde. "... würdest du zu einem Psychiater gehen?" Sobald er diese Frage aussprach, begann mein Herz doppelt so schnell zu schlagen als vorher und im Raum wurde es ganz ruhig. Zu oft bekam ich in letzter Zeit diese erdrückende Stille mit.
Als ich nach ein paar Sekunden endlich meine Augen wieder öffnete, sah ich wie Tae sich aufgerichtete hatte und uns ungläubig ansah. Seine Hände, welche er in den Stoff seiner Trainerhose gekrallt hatte, zitterten leicht. Jeden von uns sah er einzeln an, bevor es auch mich traf. Nur ich sah sofort auf den Boden. Ich konnte diesen Blick einfach nicht ertragen...
"Nein...", war das einzige was Tae, nach circa einer Minute, hauchend über die Lippen kam. Sofort sah ich wieder zu ihm, da ich irgendwie ein ganz schlechtes Gefühl bei dieser Sache hatte. Wir hätten ihn noch nicht jetzt darauf ansprechen sollen...
"Ihr wollt mich los werden. Sie... sie werden mich von euch wegnehmen..." Ich spürte wie sich meine Muskeln langsam anspannten und wie ich wütend wurde. "Ich will nicht!", rief Tae nun auch aufgebracht, während ihm eine kleine Träne die Wangen hinunterrollte. "Sie werden mich in eine Psychiatrie schicken, weil... weil ich mich umbringen will...", meinte er gegen Ende immer leiser.
Wie erstarrt sass ich nach seinen Worten da und auch die anderen waren sprachlos. Wir wussten, dass er sich umbringen wollte, aber es einmal richtig aus seinem Mund zu hören, machte das Ganze noch schlimmer. Irgendwie wurde mir bewusst, wie ernst die Lage wirklich war. Wie kaputt er dich wirklich war...
Aufgebracht warf ich Namjoon einen Blick zu, was ihn traurig Seufzen lies. "Wir werden nichts machen, was du nicht willst, okay? Bis jetzt war nur die Rede von einem Psychiater und nichts anderes..." Vielleicht war es gerade gut, dass Namjoon ihm verschwieg, dass auch wir bereits über eine Psychiatrie gesprochen haben. Aber ich fühlte mich absolut nicht richtig damit.
"Ich will nicht! Ihr habt doch gesagt, dass ihr mir helfen werdet. Warum muss ich dann zu einem Psychiater?!", wimmerte er laut, gefühlt stand sein ganzer Körper unter Strom. Er war deutlich wütend und mir ging es nicht anders.
"Warum lässt ihr mich schon wieder alleine?! Warum macht ihr das..." Immer wie mehr Tränen rannten über sein Gesicht, während die anderen ihn ein bisschen hilflos ansahen. Gerade als Namjoon noch etwas sagen wollte, warf ich ihm einen warnenden Blick zu, worauf er sein Mundwerk wieder schloss. Ich wollte nicht, dass es noch schlimmer wird als es sonst schon war.
Schnell schlug ich die Decke zur Seite und rutschte zu Tae, welchen ich an der Hüfte packte und auf meinen Schoss beförderte. Ein kleines Quieken entfuhr ihm, was mich kurz grinsen liess, bis mir wieder einfiel in was für einer Situation wir uns gerade befanden. Mit grossen Augen sah der Ältere mich an, als ich ihm zärtlich die Tränen wegwischte.
"Wir werden dich nicht alleine lassen... Nur denken wir, dass eine aussenstehende Person, welche schon mehr Erfahrung damit hat, dir besser helfen könnte.", begann ich vorsichtig. Ich konnte so etwas noch nie wirklich gut, darum viel es mir irgendwie schwer die richtigen Wörter zu finden.
"Wir lieben dich alle und das jeder auf seine eigene Art und Weise. Ich denke das weisst du tief in dir ganz genau. Solange du dich bei uns wohlfühlst, gehst du nirgends hin, dafür werde ich sorgen. Du musst in keine Psychiatrie verstanden?" Fragend sah ich ihn an und versuchte ihm in die Augen zu sehen. Tae jedoch hielt seinen Kopf ständig gesenkt und spielte mit seinen Fingern herum.
Seufzend sah ich zu ihm hoch, bevor ich sein Kinn berührte und es sanft, aber bestimmt hochhob, damit er mir geradezu ins Gesicht blicken musste. Ein tiefer Schmerz zog sich durch meinen Körper, als seine verweinten, roten Augen auf meine trafen.
"Ob du mich verstanden hast...?", fragte ich ihn noch einmal flüsternd, mit zusammengebissenen Zähnen. Ich sah wie er leer schluckte, bevor er zögerlich nickte. Beruhigt atmete ich tief aus und legte meine Hände an seine Taille. Meine rechte Hand schlüpfte zögerlich unter seinen Pullover, unter welchem ich sanft seine warme Haut streichelte.
Tae sah mit einem letzten unentschlossenen Blick zu mir, worauf ich abwartend eine Augenbraue anhob. Zaghaft legte er seine Arme um meinen Nacken, bevor er seinen Kopf in meiner Halsbeuge vergrub. Erleichtert lächelte ich und mir fiel wahrlich ein Stein vom Herzen. Du bist so ein kleiner Idiot Tae...
"Wir lassen dich nicht alleine", wiederholte ich noch einmal. "Überleg dir das mit dem Psychiater noch einmal, wenn du möchtest kann ich dich auch begleiten und wenn du wirklich nicht willst, kriegen wir das auch ohne hin. Da bin ich mir zu hundert Prozent sicher." Ich spürte ein leichtes Nicken an meinem Hals, bevor ich auch endlich meine Arme um Tae schloss. Es tat gut ihn wieder so nah bei mir zu haben...
Wir werden das schon hinkriegen, da bin ich mir sicher...

DU LIEST GERADE
Someone you loved / KookV
FanfictionEin junger Mann, welcher in seinem Leben scheiterte. Früher hatte er Liebe, Familie und Freunde. Was wollte man schon gross mehr? Doch in wenigen Augenblicken, kann alles was man sich einmal aufbaute, zerstört werden. Das Einzige was ihm noch blieb...