Kapitel 60

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Pov Kim Taehyung

Kurz darauf nahm ich schon mehrere panische Stimmen wahr. Jedoch bekam ich nicht mit was sie sagten. Wie in Trance sah auf den Boden vor meinen Füssen und lauschte dem Geschrei von Mie. Selbst bei meiner eigenen Tochter versagte ich hoch aus. Wie erbärmlich willst du eigentlich noch werden Tae?

Durch meine Angst ihr auch nur irgendwie wehzutun, bemerkte ich gar nicht, was für einen Fehler ich hier begann. Wie ich mich immer wie mehr von meiner eigenen Tochter abwandte. In dieser Zeit, in welcher ihre Bindung zu den Eltern am stärksten sein sollte.

Ich wurde erst aus dieser Trance gerissen als ich wahrnahm, wie die anderen das Wohnzimmer betraten. Vorsichtig hob ich mein verweintes Gesicht an und blickte in ihre geschockten Gesichter, worauf ich sofort wieder betreten zu Boden sah. Ich hatte Schuld, an diesem grossen Durcheinander. Ich ganz alleine...

Nur wenige Augenblicke später stürmten sie auf uns zu, nur Jungkook starrte uns mit geöffnetem Mund an. Sein Blick voller Panik, gefolgt von einem Hauch der Enttäuschung... Schluchzend vergrub ich mein Gesicht in meinen Armen, welche sich auf meinen Knien befanden. Ich hatte sie enttäuscht, aber das schlimmste in diesem Moment war, dass ich mich selbst enttäuscht hatte...

Ich spürte wie sich mehrere Arme um mich schlangen, worauf mich eine Gänsehaut überfuhr. Sie waren hier, bei mir. Sie sind wieder zurückgekommen... Weinend krallte ich mich an die nächstbeste Person, welche sich um Hobi handelte.

Fest umschlossen mich seine Arme, während ich seinen besorgten Blick auf mir wahrnahm. "E-es tut... mir l-leid", schluchzte ich wieder in seine Jacke, welche er immer noch anhatte. Augenblicklich spürte ich, wie die anderen vier auch ihre Arme um Hoseok und mich schlangen und mir somit die beruhigende Nähe schenkte, welche ich gerade brauchte.

In der Zwischenzeit bekam ich überhaupt nicht mit, wie Jungkook zu unserer Tochter rannte und sie leicht überfordert an seinen Körper drückte. Ihren Kopf legte er behutsam in seiner Halsbeuge ab, während ihre Händchen in seinem T-Shirt den benötigten Halt suchten. Den Halt, welchen sie vorhin bei mir suchte, aber nicht fand...

Immer wieder lief er vor uns auf und ab und versuchte Mie zu beruhigen. Er gab ihr gerade die Nähe, welche sie brauchte. Die Nähe eines Elternteils... Die ganze Zeit trug die Kleine die Angst mit sich herum, alleine zu sein und die wurde ihr in diesem Moment genommen als sie die Nähe von ihrem Vater verspürte.

Mit jedem Schritt, welcher Jungkook machte, stieg seine Wut. Die Wut auf mich, aber auch auf die ganze Situation und vor allem auf sich selbst...

Als ich mich in den Armen der anderen, welche mir immer wieder beruhigende Wörter zuflüsterten und mir die heissen Tränen wegwischten, endlich einigermassen beruhigte, atmete ich einmal zittrig ein und aus.

Erschöpft rappelte ich mich aus ihrer Umarmung und lächelte sie zaghaft an. "D-danke...", war das einzige was ich vor meinen Hyungs herausbrachte. Als sie mir ein wenig Freiraum liessen, sah ich sofort zu Mie und Jungkook, welcher die Kleine sanft hin und her wiegte. Ihre Schreie waren tatsächlich verklungen nur noch einzelne Schluchzer waren zu hören.

Traurig betrachtete ich die beiden, bis Jungkooks harter Blick auf mich fiel. Ich sah die Wut in seinen Augen, die Enttäuschung, Traurigkeit aber auch die Besorgnis in ihnen. Er war genauso durcheinander wie ich...

"Verdammt Tae, was hast du dir eigentlich dabei gedacht?! Warum hast du nicht mich oder die anderen angerufen?", rief Jungkook mir mit bedrohlicher Stimme zu, welche vor Wut zitterte. Betroffen sah ich zu Boden. Um ehrlich zu sein, hatte ich in diesem Moment überhaupt nicht daran gedacht. Vielleicht wollte ich es auch einfach alleine versuchen, jedoch wusste ich tief in meinem inneren, dass ich dazu noch nicht bereit war...

"Wie... wie lange ging das schon so?", kam es nun auch zögerlich von Jin. Mit mulmigem Gefühl drehte ich mich zu der Uhr, welche in der Küche hing. Gerade so konnte ich noch die Uhrzeiger sehen. Es war bald sechs Uhr... Automatisch verkrampfte ich mich und rutschte näher zu Hoseok, welcher mich wieder besorgt in den Arm nahm.

"Mindestens z-zwei Stunden..." Ich hörte, wie um mich herum scharf die Luft eingezogen wurde und erst jetzt wurde mir klar, was ich eigentlich angestellt hatte. Ich liess meine eigene Tochter zwei Stunden lang weinen, einfach weil ich zu erbärmlich war sie in den Arm zu nehmen. Weil ich Angst hatte ihr weh zu tun...

"Ich w-wollte das nicht, wirklich nicht... aber ich hatte Angst..." Mit diesen Worten versuchte ich mich irgendwie zu erklären, in der Hoffnung, dass dies ihnen schon reichen würde, aber das war nicht der Fall. Die Wut in Jungkooks Augen, begann nur noch mehr zu lodern.

"Vor was? Vor was hast du solche Angst, dass du praktisch deine eigene Tochter verstösst?!" Aufgebracht schritt Jungkook auf uns zu, Mie währenddessen fest an sich gedrückt. "Wir alle haben dir versprochen, dass wir dir helfen werden, aber das geht verdammt noch mal nicht, wenn du uns nicht sagst was dich beschäftigt!"

Unsicher kaute ich auf meiner Unterlippe herum und versuchte mich in Hobis Jacke zu verstecken, damit man meine aufkommenden Tränen nicht sehen konnte. Leider liess er dies nicht zu. Aufmunternd lächelte er mich an und zeigte mit einem Nicken zu Jungkook.

Mulmig sah ich wieder zu dem Jüngeren hoch, welcher mich nun aber sanfter betrachtete und leise seufzte. "Wir versuchen dir wirklich zu helfen, aber das geht nun mal nicht, wenn wir nicht wissen was dich so beschäftigt... Wir können nicht in deinen hübschen Kopf schauen, das geht nun wirklich beim besten Willen nicht."

"Es tut mir leid... Ich wollte dich gerade nicht so anfahren, aber ich hatte einfach Angst, dass dir oder Mie etwas passiert ist.", murmelte er gegen Ende immer wie leiser, worauf ich schlussendlich doch zaghaft in seine Augen sah.

"Ich... ich geh besser in mein Zimmer, bevor ich noch irgendwelchen Mist erzähle, welcher dich schliesslich noch verletzt..."Mit diesen Worten verschwand Jungkook, mit einem letzten besorgten Blick zu mir, in sein Zimmer. Mie nahm er dabei mit. Ich denke er wird sie heute nicht mehr aus den Augen lassen...

Auch mir entfuhr ein leises Seufzen, denn er hatte recht. Mit allem was er sagte... Aber ich hatte Angst. Na ja, so gesehen hatte ich Angst vor allem. Angst vor der Vergangenheit, aber vor allem Angst vor der Zukunft. Besonders die Angst meine Mitmenschen, welche mir viel bedeuteten, zu verletzten. Diese Emotion war in meinem ganzen Leben mein ständiger Begleiter.

Doch möglicherweise war dies die erste Hürde, welche ich von alleine überschreiten musste, damit ich die Hilfe der anderen annehmen konnte. Damit sie mir die Kraft schenken konnten, um weiter zu machen und schliesslich meine Ängste zu besiegen.

Tapfer strich ich meine Tränen weg und hob meinen Blick vom Boden an. Ich musste jetzt stark sein... Zaghaft lächelte ich die anderen an, bevor ich mit zittrigen Beinen aufstand. "Ich sehe, du weisst was du zu tun hast...", murmelte mir Namjoon zu und grinste mich stolz an. Leicht nickte ich. Es wird Zeit meine Ängste zu besiegen... mit den Menschen, die an meiner Seite standen.

Someone you loved / KookVWo Geschichten leben. Entdecke jetzt