Kapitel 71

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Pov Jeon Jungkook

"Tae komm jetzt endlich.", quengelte ich leicht und warf mir den Rucksack über den Rücken. Ich stand nämlich schon fertig angezogen vor der Eingangstür. Ich wollte mich ja nicht gross beschweren, aber es wurde langsam warm unter dieser Winterkleidung.

Eigentlich wollten wir bereits vor guten zehn Minuten los, aber der gute Herr war noch nicht bereit. Um ehrlich zu sein, wusste ich überhaupt nicht mehr wie ich es geschafft habe Tae zu überreden mitzukommen. Zuerst war er nämlich ziemlich skeptisch da die Temperaturen noch nicht wirklich die Wärmsten waren. Aber ich konnte ihn schliesslich dank meinen grossartigen Überredungskünsten überzeugen.

"Ich komme ja schon...", kam es schmollend von Tae, während er mit tapsigen Schritten zu mir lief. Der Ältere war in einen dicken Pullover gewickelt, mit einem Schal um den Hals geschlungen. Mie fand wieder ihren Platz im Tragetuch, aber auch sie war entsprechend den winterlichen Temperaturen angepasst.

"Hast du alles dabei?" Schmunzelnd nickte ich auf Taes Frage und zeigte auf meinen Rücken. Taehyung erwidert schüchtern mein Lächeln und zog sich die Mütze über die Ohren. Als auch endlich seine Schuhe und Jacke den richtigen Platz fanden, sah er mir neugierig entgegen. "Können wir?", bekam ich von ihm noch die letzte Frage gestellt, worauf ich ihm einfach stumm entgegentrat.

Mit einem konstanten Lächeln auf den Lippen, zog ich den Reissverschluss von Taes Jacke noch ein Stück weiter nach oben, so dass auch Mie gut von der Kälte geschützt war. Schliesslich wollte ich nicht, dass jemand von den beiden krank wurde... Nachdem ich unserem kleinen Engel noch die Kapuze über den Kopf stülpte, schnappte ich mir den Schlüssel und öffnete den beiden vor mir die Tür.

Schmunzelnd nickte mir der Ältere dankend zu, bevor wir beide das Gebäude verliessen. Die altbekannte Winterluft trat uns entgegen, worauf ich diese einmal zittrig einatmete. Immer noch lag über ganz Seoul eine leichte Schicht Schnee, welche sich anscheinend nicht von uns verabschieden wollte.

"Und wo gehen wir jetzt hin?" Mit grossen Welpen förmigen Augen sah Tae mir entgegen, womit er mir fast das Herz herausriss. Er sah wirklich aus wie ein Engel... Mein Engel. Verträumt lächelnd streckte ich ihm einfach meine Hand entgegen, die er zuerst mit grossen Augen betrachtete. Nach kurzem Zögern spürte ich auch schon seine weichen Hände in meinen, worauf ich sie leicht drückte.

"Das wird eine Überraschung.", murmelte ich leicht vor mich hin, bevor ich ihm verschmitzt zuzwinkerte. Belustigt verdrehte mein gegenüber seine Augen und legte zärtlich eine Hand auf Mies Rücken ab. "Schon wieder? Auf was muss ich mich dieses Mal vorbereiten?"

Seine Augen funkelten mir amüsiert entgegen, was mir für einen kurzen Augenblick einen Teil meiner Nervosität nahm. Eigentlich konnte ich meine Nervosität gut überspielen, aber da sich dieser Junge neben mir befand, spielte mein Körper komplett verrückt. Man konnte gutsagen, dass Tae der wichtigste Mensch in meinem Leben war. Mit Mie natürlich...

Jedoch war Taehyung meine erste grosse Liebe. Er war der Mensch, welcher mir zeigte wie stark das Wort Liebe überhaupt sein konnte. Wie grosse Gefühle man wirklich für einen Menschen haben konnte... Niemals zuvor fühlte ich mich so glücklich, so vollständig, wenn er bei mir war.

"Nichts schlimmes... Darf ich denn nicht einfach nur ein wenig Zeit mit meinen beiden Engeln verbringen?", bekam er von mir zurück, während wir warteten bis dir Ampel endlich auf Rot umschalten würde. Tatsächlich lag der Park nur wenige Minuten von unserem Zuhause entfernt, da er sich recht zentral in Seoul befand. Meine erste Joggingstrecke verlief durch diesen, daher wusste ich auch ein kleines Plätzchen, welches Tae bestimmt gut gefallen wird.

Wieder einmal fasziniert von dieser Schönheit vor mir betrachtete ich, wie sich Taes Wangen leicht rötlich verfärbten und er schüchtern auf den Boden sah. "Doch schon...", begann er schliesslich zögerlich als wir den Fussgängerstreifen überquerten. "Ich dachte nur nicht, dass ich dies noch einmal so erleben werde."

Mit gerunzelter Stirn sah ich geradewegs in das Gesicht des Älteren. Wie sollte ich das jetzt verstehen... War es wegen seinen Suizid Gedanken? "Wie meinst du das?", fragte ich ihn zögerlich und fuhr mit meinem Daumen beruhigend über seine Haut. Der Ältere sah nämlich im Moment gerade fast noch nervöser aus als ich selbst...

Taehyungs Augen strahlten voller Verletzlichkeit und Unsicherheit. Natürlich wusste ich, dass es ihm noch nicht hundertprozentig gut ging. So etwas brauchte seine Zeit, aber ich dachte, dass es ihm half, wenn er zu seinem Psychiater gehen würde. So hat es auf jeden Fall ausgesehen.

"I-ich weiss nicht..." Ein leises Seufzen entkam mir als ich diese drei Wörter hörte. Irgendwie war mir schon klar, dass er so antworten wird. Jedoch wusste ich nicht wieso. Hatte er Angst davor mit mir darüber zu sprechen? Denn ich wusste, dass es eine bestimmte Bedeutung hinter diesen Worten steckte.

Mitten auf dem Gehweg blieb ich stehen bis Tae durch unsere verbundenen Hände selbst bemerkte, dass ich nicht mehr neben ihm lief. Keine zehn Sekunde später drehte er sich mit einem fragenden Blick zu mir um. Taehyung war schon immer ein guter Schauspieler, aber auch dieser hatte seine Schwachstelle. Nämlich seine Augen... Für mich strahlten sie mir, wie ein offenes Buch entgegen...

"Ich will wissen was du damit gemeint hast Bärchen.", gab ich mit sanfter Stimme von mir, während ich näher zu ihm trat. Immer wieder sah der Ältere zwischen meinen Augen hin und her, welche ihn fest fixierten. Zögerlich hob ich meine inzwischen kalte Hand an und strich ihm zärtlich über seine erhitzte Wange. Während diesen paar Sekunden vergass ich die Zeit um uns herum komplett. Ich fühlte mich wohl und sicher. Wie eigentlich jedes Mal, wenn ich mich in Taes Nähe befand...

Erst als Tae schüchtern seinen Blick von mir abwandte und den Boden ansah, zerbrach diese kleine heile Welt. "Vor ein paar Monaten... hätte ich nicht gedacht, dass ich dich je wiedersehen würde." Nach seinen Worten fühlte ich einen zärtlichen Druck an meiner Hand, worauf ich kurz zu unseren verschränkten Händen blickte und sanft lächelte.

"Du warst damals so enttäuscht von mir... Es tat mir weh dich so verletzt zu sehen. So verletzt wegen mir..." Als ich wieder zu Tae aufsah, lagen seine Augen auf der schlafenden Mie, worauf ich auch noch seine andere Hand in meine nahm und ihn vorsichtig zu mir zog.

"Ich habe mir damals die Schuld gegeben. Mir ganz alleine, weil ich eure verletzten Blicke nicht ertragen konnte... Weisst du eigentlich wie froh ich bin, dass es jetzt so ist wie es ist?" Ein kleiner Schmerz, welcher sich durch meinen Körper zog, liess mich zusammenzucken. Taes braune Augen waren gefüllt mit seiner Trauer, welche sich hinter seinen Tränen versteckte.

"Ich will nicht, dass sich jetzt noch etwas ändert. Ich will euch nicht mehr verlieren... Das würde ich nicht überleben." Leer schluckte ich einmal, auf Grund seiner schneidenden Worte. "Es kann gut sein, dass ich mich von Tag zu Tag verbessere. Das bemerke ich ja auch selbst, aber ich weiss, dass ich nie wieder der gleiche Tae wie früher sein werde..."

Als sich die erste kleine Träne aus seinem Auge bahnte, nahm ich ihn ohne grosse Worte in den Arm. Besorgt sah ich zu meinen beiden Engeln hinunter... Ich konnte Tae einfach nicht weinen sehen. Das ging einfach nicht.

"Was ist, wenn ich dir verspreche, dich nicht alleine zu lassen?", begann ich zögerlich nachdem ich ihm immer wieder behutsam über den Rücken fuhr. "Wenn ich dir jeden Tag sage, dass ich bei dir und Mie bleiben werde? Wenn du jedes Mal neben mir einschlafen würdest und wieder sicher in meinen Armen erwachst? Wenn ich dir sage, dass ich auch diesen Taehyung mag? Und dass ich dich vor allem möglichen beschützen werde..."

Someone you loved / KookVWo Geschichten leben. Entdecke jetzt