Kapitel 1

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Vorab, weil sich ein paar LeserInnen beschwert haben, sage ich es noch einmal zu Beginn, dieses Buch ist stark von den Büchern aus der Paper Princess Reihe inspiriert von Erin Watt.
Sowas, wie meine eigene Version mit anderen Elementen und Charakteren. (Wie auch schon in der Beschreibung erwähnt) Credit geht also an Erin Watt <3
Wer damit ein Problem hat, soll das hier einfach nicht lesen ;)
Meine anderen Storys sind alle nur von mir!
Sonst viel Spaß

Ich tanze grade für einen Mann in einem Anzug, der breitbeinig auf der roten, harten Couch in einem der Privatzimmer sitzt und lächle ihn verführerisch an, während ich mich nicht zum ersten Mal frage, was ich hier eigentlich tue. Ich meine, ich weiß, viele andere Möglichkeiten gibt es für mich nicht, aber das..

Mit 17 Jahren für schleimige, großkotzige, alte Männer zu tanzen, die nur der breite Bruno davon abhält, mich anzufassen, ist nicht wirklich das, was ich mir erträumt habe. Dabei habe ich mir nie wirklich irgendwas erträumt. Dafür hatte ich gar keine Zeit und leisten konnte ich es mir auch nicht. Ich war viel zu sehr damit beschäftigt mit meiner Mutter vor Lovern, Preisen und zwielichtigen Typen zu fliehen, als dass ich darüber hätte nachdenken können, wo ich gerne zur Schule gehen würde und wo ich dann studieren möchte. Das hat sich auch nicht geändert, als meine Mutter dann vor zwei Jahren an den Folgen einer Lungenentzündung starb. Hellen hieß sie. Eine kleine, kurvige, blonde Frau, die mich geliebt hat, wie nichts sonst. Ich war auch das einzige, was ihr in all den Jahren nicht verloren ging. Sie hat getan, was sie konnte, das ist etwas, wobei ich mir sicher bin und sicher bin ich mir relativ selten. Bestimmt bin ich nicht die Einzige mit einer solchen Geschichte und bestimmt auch nicht die, mit der traurigsten, aber hart war es trotzdem.

„Schwing den Arsch, Süße.", fordert mein Kunde grinsend und wirft mir einen 100 Dollar Schein vor die Füße auf die kleine, runde Bühne. Viel Geld, für das ich höre und im Takt der dröhnenden Musik meinen Hintern schwinge. Strippen kann ich mittlerweile schon sehr gut. Naja, für eine 17 Jährige, die dabei über ihr versautes Leben nachdenkt. Meine Mutter hat selbst gestrippt, wenn sie grade nicht kellnern konnte und seit meinem 14. Lebensjahr tue ich es ihr nach, was sie sicher nicht sonderlich stolz gemacht hätte. Aber was bleibt mir schon Anderes übrig? In Fresno und besonders in der Ecke, in der ich mich im Moment aufhalte, gibt es nun Mal nicht viel und was es hier bestimmt nicht gibt, sind gutbezahlte, ehrliche Jobs für eine Minderjährige, auch wenn meine Kompetenzen sicher die Anderer übertreffen.

Es ist nicht die Stimme des beinahe schon grauhaarigen Mannes, die mich aus meinen Gedanken rausreißt, sondern die Sirenen. Erst bin ich nur etwas hellhörig, doch als ich gedämpfte Männerstimmen höre, packt mich Panik und ich höre sofort auf, die Stange zu umtanzen und stolpere in meinen hohen, schwarzen Schuhen von der Erhöhung. „Hey, was machst du denn?", fährt mich der Mann an. „Es gibt einen Notfall, ich werde gleich ersetzt.", lüge ich ihm vor, nehme den Schein, der noch immer auf dem Boden liegt und eile zu den roten Vorhängen, die den Raum zu einem privaten Raum machen. Die Rufe ignorierend schau ich, ob die Luft rein ist. Das ist sie nicht ganz.
Drei Polizisten stehen am Eingang und streiten mit zwei der Bodyguards. Wenn sie Ausweise überprüfen, dann bin ich geliefert. Mein gefälschter Ausweis, der auf den Namen Rebeca Smith ausgestellt ist, reicht vielleicht für die geldgeilen Idioten in diesem billigen Club, aber ganz klar nicht den Gesetzeshütern. Und ich habe wenig Lust meinen Chef zu verärgern und meine eigene Freiheit aufs Spiel zu setzen. Ich bin schließlich grade mal vier Monate hier in Fresno. Endlich eine Stadt, in der meine Vergangenheit, oder eher die meiner Mutter, mich nicht eingeholt hat und an der ich sogar mit dem Ausweis meiner toten Mutter einen Schulplatz gekriegt habe. Die Vorstellung, dass ich im Namen meiner verstorbenen Mutter mit Leuten rede, verhandle und mich selbst anmelde ist etwas gruselig, aber stört mich nicht weiter.

Als ich sicher bin, dass grade keiner zu mir guckt, husche ich hervor und laufe so schnell, dass es nicht auffällt in den Backstage Bereich, wo sich ein paar Damen schminken, die Haare machen und sich in enge, kurze Kostüme zwängen. „Beca! Mach mal hinten zu." Vivi ist die Erste, der ich begegne und mit feuchten Hände den Reisverschluss des sexy Biker Outfits schließe. Sie dreht sich dankend zu mir um und sieht nur noch meinen Staub, denn ich bin schon zu meinem Platz geeilt, an dem mein schwarzer, kleiner Rucksack mit all meinem Geld, meinen Ersatzsachen und meinen Handy steht. All meine wichtigsten Besitztümer. „Was ist denn los? Hat dich jemand angefasst?" Das ist die Regel, nicht anfassen, aber manchmal reichen nicht mal die großen Männer, die Betrunkenen davon abzuhalten. „Nein, aber die Bullen sind da.", gebe ich ehrlich zurück und sie nickt. Vivi weiß nicht genau, warum ich mit denen ein kleines Problem habe, aber sie fragt auch nicht nach. Helfen tut sie mir trotzdem. „Nimm die Hintertür. Meine Lippen sind versiegelt, Kleine." Ich ziehe mir nur die schwarze Jogginghose über meine ebenfalls schwarze Unterhose und lasse das enge, Korsett an. „Danke, Vivi. Wir sehen uns Dienstag." Sie nickt mir zu, ich schwinge mir meine zerrissene Jeansjacke über und verschwinde zur Hintertür, die sich in der Garderobe befindet. Und zwar genau rechtzeitig, denn hinter mir höre ich noch die Worte „Keine Panik, hier ist die Polizei. Wir würden gerne einmal ihre Ausweise kotrollieren.", bevor die schwere, weiße Tür mit einem Knarzen ins Schloss fällt und mich die frische Nachtluft umgibt.

Erstmal renne ich nur vom Parkplatz und biege in die nächste dunkle Straße ab, erst dann mache ich mir Gedanken darüber, warum die Bullen wohl grade da waren. Es könnte eine einfache Kontrolle gewesen sein, aber die sind so selten wie Glück im Leben, deswegen vermute ich, dass es einen Verdacht gab. Einen Tipp von irgendeinem unzufriedenen Kunden. Drogenhandel, Minderjährige, Prostitution, was auch immer es war, sie hatten Verdacht genug.

Noch immer etwas nervös greife ich mir in meinen Ausschnitt, um zu überprüfen, ob da noch der Zweihunderter von einem vorherigen Kunden steckt und atme erleichtert aus, als das Papier zwischen meinen Fingern knistert.

Mein kleines Zimmer, ganz oben in einem heruntergekommenen Haus ist nur wenige Blocks von meinem Arbeitsplatz entfernt. Es ist wirklich nur ein Zimmer und ein kleines Bad und in dem Zimmer steht nur ein altes Sofa, das ich nicht anrühre, seit mir die rauchende Dame das Zimmer verschafft hat ohne meinen Ausweis oder andere Papiere sehen zu wollen. Die Miete zahle ich jeden Monat bar und für die ersten drei Monate musste ich im Voraus zahlen. Abgesehen von dem Sofa ist hier noch ein Campingkühlschrank, eine tragbare Herdplatte und ein Karton mit meinen anderen Klamotten drin, was nicht viel ist. Nur ein großes T-Shirt zum schlafen, eine weite Jeans in blau, zwei schwarze T Shirts, drei Unterhosen und ein BH. Den anderen Rest der Sachen trage ich schon am Leib. Jogginghose, Converse mit einem Loch am großen Zeh, das Stripp Korsett und die Jeansjacke. Das Problem mit Klamotten ist, dass sie mir sogar letztes Jahr nach einem verspäteten Wachstumsschub zu klein geworden sind und ich definitiv kein Geld übrig habe für sowas, wie neue, passende Schuhe.

Aber das wohl größte Problem, dass ich habe, ist jeden Monat genug Geld übrig zu haben für meine Spritzen. Und mit meine Spritzen will ich nicht sagen, dass ich Drogen süchtig bin, nein. Ich bin Diabetiker seit meinem 13. Lebensjahr. Man könnte denken, dass das easy ist und es ist bestimmt nicht krass schwer, wenn man genug Insulin und Essen auftreibt, aber wenn nicht... Schon oft musste ich mich zwischen Insulin und Essen entscheiden und beide Möglichkeiten sind wirklich nicht gut. Wenn man die Wahl zwischen Über oder Unterzuckerung hat, entscheide ich mich meistens für Überzuckerung, damit ich wenigstens kurz was gegessen habe. Aber seitdem ich hier bin und die 500$ auftreiben kann, die ich im Monat für Insulin brauche, geht es mir deutlich besser. Das Geld für Miete, Essen und Insulin kriege ich durch zwei Jobs. Nachmittags kellnern in dem lumpigen Kaffee um die Ecke und Abend und Nachts strippen im Sweet Cherry.

Als ich in meiner Wohnung ankomme, die den Namen „Wohnung" nicht wirklich verdient, schmeiße ich meinen Rucksack mit all meinem Geld, 1500$, auf den Boden und schließe die Tür mit meinem Fuß. Seufzend verstaue ich mein neues Geld zum alten in die kleine geheim Tasche im Rucksack und laufe dann zum Kühlschrank, um eine Kleinigkeit zu essen. Richtig gegessen habe ich schon vor meinem Auftritt. Nach einem Snickers lege ich mich schlafen in einen Schlafsack vor dem Sofa, aber vorher entledige ich mich noch meines engen Korsetts. Ich habe Schlafprobleme, riesen Schlafprobleme und die sind der Grund warum ich erst nach geschlagenen 2 Stunden wirklich einschlafe. Zum Glück ist morgen Sonntag.

Das Spiel Mit Hass Und Liebe |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt