Kapitel 5

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Am Morgen weckt mich Robins Klopfen. Neun Uhr also. Ich stöhne auf und lasse mich aus meinem Bett fallen. Zum Glück hat Robin dafür gesorgt, dass es mir, was Kosmetik angeht, schon einmal an nichts fehlt. Sogar die Pille liegt da für bestimmt die nächsten vier Monate. Ich dusche, putze meine Zähne, wasche mein Gesicht extra und ziehe mir dann das große T-Shirt aus und meinen BH, ein schwarzes, enges Shirt, Unterhose und Socken an. Hose kann warten, denn die Spritze gebe ich mir lieber in den Schenkel als in den Bauch. Ich bereite alles vor und steche die Nadel ins Fleisch. Hose an und meine neue Morgenroutine ist geboren.

Meine Haare sind noch nass und mein Gesicht ungeschminkt. Ich sah schon immer älter aus als ich eigentlich bin, das war perfekt für meinen Job als Stripperin und auch jetzt kommt mir das bestimmt nicht schlecht. Ich bin sehr zufrieden mit meinem Aussehen. Oder eher habe ich keine Probleme damit, denn wozu auch? Ändern kann ich es ja eh nicht. Also, keine Schminke und einfache Klamotten, das ändert sich auch jetzt nicht. Nicht heute, nicht morgen.

Ich schlendere die Treppen runter und überlege kurz, ob ich meine 1300$, die oben in meinem Rucksack ruhen mitnehmen sollte, entscheide mich aber für nein. Der Rucksack liegt versteckt unter meinem Bett und das Geld nochmal versteckt in einer kleinen Tasche am Rücken des Rucksacks. 200$ habe ich immer an meinem Leib. Die stecken im BH. Macht der Gewohnheit. „Ah, da bist du ja. Hast du gut geschlafen?" Robin begrüßt mich lächelnd und hat keinen Anzug mehr an, sondern eine dunkle, schicke Stoffhose und ein etwas lockeres, weißes Hemd. Ich nicke nur und werfe mir die Jeansjacke über meine Schulter. „Wo ist die Küche?" Ich kenne mich hier natürlich nicht aus und bei der Größe des Gebäudes könnte ich einen ganzen Mittag damit verbringen die Küche zu suchen. „Die erste Tür im Flur rechts, du kommst aber auch durchs Wohnzimmer dahin. Ich kann es dir zeigen. Die Küchenhilfe ist für die nächsten zwei Wochen nicht da." Ich habe zwar nur gefragt, wo sich die Küche befindet, die anderen Informationen schaden aber auch nicht. „Komm, ich zeige es dir.", sagt er ohne eine Antwort abzuwarten und ich folge ihm einfach. Die Küche ist, wie erwartet, riesig und weiß. In der Mitte ist eine Kochinsel, umgeben von Barhockern. „Musst du irgendwas bestimmtes Essen?" Ich schüttle den Kopf. „Dann schaue in den Kühlschrank, da ist frisches Obst." Ich höre auf ihn, lege erst noch meine Jacke über einen der Hocker und öffne dann den zweitürigen Kühlschrank, der wirklich voll ist. Nur Getränke sehe ich nicht. „Getränke, Säfte, Milch und so weiter sind im Getränkekühlschrank. Hier unter der Insel." Na, klar. Ein Getränkekühlschrank. Ich bin mir nicht zu schade und entscheide mich für eine Schachtel Erdbeeren und einen fettarmen Jogurt. „Orangen Saft?" Ich nicke und suche dann nach einem Messer, um die Stize der Erdbeeren abzumachen. Frisches Obst ist wirklich ein Privileg. Konnte ich mir nie leisten. Zwar hatte meine Mutter mal einen Freund, der sich sowas leisten konnte, bei dem waren wir aber nur drei Tage, denn schnell hat sich heraus gestellt, dass der Typ auf Kinder stand. Sie hat nicht zugelassen, dass er mich anfasst und wir sind vorher schon weg. „Erzähl mir etwas über dich." Mit vollem Mund schaue ich zu ihm hoch, schaue ihm in die blauen Augen, die sein Sohn auch hat. Die braunen Haare habe ich, nicht James. Die Größe haben wir wohl beide abgekriegt, denn meine Mum war klein. Grade mal 1,63 oder so. „Weißt doch schon alles.", sage ich stur und zucke mit den Achseln. „Nein, weiß ich nicht. Ich wusste zum Beispiel nicht, dass du Diabetes hast. Ich habe deshalb übrigens einen Termin bei einer Ärztin für heute nach dem Termin an der Schule gemacht." Mir fällt der Mund fast auf. Ich schlucke die Erdbeerstückchen und den Jogurt runter und räuspere mich kurz. „Ich muss zu keiner Ärztin. Besorg mir Insulin und Glukagon und alles ist klar."

„Es wäre mir lieber, wenn wir mit einer Spezialistin zusammen arbeiten.", sagt er ebenso stur. Noch was, was ich eher von ihm habe, als von meiner Mutter. Sturheit. Sie nannte mich nicht umsonst, ihren kleinen Dickkopf. „Ich habe Diabetes seit ich 13 bin. Ich weiß, wie das läuft. Wenn ich die Hormone kriege, kann ich essen, was und wann ich es will." Er schaut mich skeptisch an und ich seufze leise, denn ich weiß, was den Typen umstimmt. „Bitte. Bitte, besorg mir das Zeug und erspar mir den Besuch beim Arzt." Dass ich einfach nicht hingehen würde, geschweige denn mit der Frau reden oder ihr zuhören würde, halte ich einfach zurück. Und zum Glück wirkt das kleine Zauberwort. „Gut, aber ich werde mit ihr telefonieren, nur damit ich auch auf dem neusten Stand bin." Ich nicke zögerlich. Soll er doch machen. Ich bin hier eh wieder in ein paar Tagen weg. „Ich besorg dir alles, wenn du heute Nachmittag mit der Stiefmutter von Ash und Ed einkaufen bist." Fast verschlucke ich mich und spüle das Stückchen in meinem Hals mit dem süßen Saft runter. „Ich soll was tuen?", frage ich und bilde eine Faust um mein Messer. „Du gehst mit Heidi einkaufen. Sie ist nicht wirklich ihre Stiefmutter, nur die Verlobte von ihrem Vater, ein sehr guter Freund von mir. Harry Archer, der Name sagt dir wahrscheinlich nichts." Ich schüttle den Kopf und er sagt es, als sollte ich es eigentlich wissen. „Na, egal, du wirst ihn noch kennen lernen, genauer gesagt morgen Abend. Wir gehen mit ihm, Heidi, ihrer Tochter Venelope und den Jungs in ein Restaurant essen." Der plant ja echt alles durch, ohne mich nur einmal zu Wort kommen zu lassen. „Ich habe echt keinen Bock darauf. Weder auf das Shoppen, noch auf das Essensding."

Das Spiel Mit Hass Und Liebe |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt