Kapitel 11

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Meine Uniformen wurden am Morgen abgegeben und so trage ich jetzt auch diesen Rock, die Bluse und das Jackett über dem Arm, als ich zu James ins Auto steige. Wieder fallen mir seine geröteten und rauen Fingerknöchel auf, die um das Lenkrad des tiefen Sportwagens geschlossen sind, in dem wir sitzen. „Schlag dich nicht wieder mit Chaya, mit niemanden." An diese plötzlichen Gespräche gewöhne ich mich langsam und schnaube leise auf. „Ich sehe, dass du deine Fäuste auch nicht bei dir behalten kannst." Seine Hände schließen sich sofort fester um das Lenkrad, obwohl seine feste Miene nichts verrät. „Du hast sie erst geschlagen, als sie deine Mutter erwähnte.", merkt er kurz später leiser an. „Na und? Sie war eine gute Frau."

„Das ist nicht das erste woran ich denke, wenn ich dich anschaue." Mein Blick verfinstert sich auf der Stelle. „Mir ging es gut. Und sie hat alles dafür getan."

„Du musstest Strippen.", sagt er einfach und nicht wirklich abwertend. „Ich habe es erst getan, als sie schon tot war. Denkst du ehrlich, eine liebende Mutter würde das erlauben?" Er presst die Lippen aufeinander und ich weiß, dass er es nicht wissen kann. „Tut mir leid.", murmle ich. „Ich will dein Mitleid nicht, Schlampe." Und jetzt verletzt er mich wirklich. „Was hast du nur für ein Problem mit mir? Ich habe dir nichts getan und grade habe ich dir nur mein Beileid zum Tod deiner Mutter ausgesprochen."

„Lass es, Lyra. Hör auf zu denken, dass du weißt, was Sache ist.", schimpft er. „Das ist es doch, James! Ich habe keine Ahnung was Sache ist. Das einzige, was mir bleibt ist mich mit Worten gegen dich und diese beiden Arschgesichter zu behaupten." Das Schweigen, das nach meinen Worten eintritt bleibt erhalten, bis er auf dem Parkplatz einparkt und wir getrennt die Schule betreten. Li und ich haben in der ersten Stunde getrennten Unterricht, deswegen trotte ich allein zu meinem Spind. Ich gebe den Zahlencode ein und schließe mein Fach auf. Im Hintergrund kann ich welche tuscheln hören und in der nächsten Sekunde werde ich mit einer Fontäne Wasser überschüttet. Klatschnass und mit offenem Mund stehe ich vor meinem Spind und höre das leise Gelächter um mich herum. Als mir ein Tropfen der Flüssigkeit in den Mund tropft, schmecke ich, dass es doch kein Wasser ist. Es muss Limonade oder so sein, denn ist zuckersüß und klebrig. „Schöner BH, Schlampe.", kommentiert Chaya mein nasses Outfit. „Danke, finde ich auch. Wenigstens habe ich was, wofür ein BH gebraucht wird." Ich wische mir etwas der Limo vom Gesicht und verschränke dann die Arme vor der Brust, sodass meine Titten nur noch doller hochgedrückt werden. „Nutte, durch und durch. Jetzt wo du die Connors im Sack hast, machst du dich wohl auch an die Archers ran. Hat dir Ash das gegeben, was dein gebrauchter Arsch braucht?" Ich mache meinen Spind zu und grinse frech. „Als ob mir einer reicht, Chaya. Also bitte." Sie schüttelt lachend den Kopf. „Ich würde vorschlagen, du ziehst deine Bluse aus, da ist etwas Limo drauf." Ich schaue an mir runter und ziehe die Bluse stramm. „Ja? Wirklich?" Ich muss nur zwei Schritte auf sie zugehen, durchbreche meine eigenen Körperkontaktregel und umarme sie kurz und fest. „Du gehst mir am Arsch vorbei, Chaya.", hauche ich in ihr Ohr, während sie auf quietscht und versucht mich wegzuschieben. Als ich sie los lasse, stampft sie wütend auf den Boden auf, wie ein wahres Kleinkind. „Das war es noch nicht, du billige Nutte."
„Ich bin gespannt, aber nimm das nächste Mal doch bitte Vodka, den mag ich mehr als Limo." Ich winke ihr noch zu, dann drehe ich mich um und laufe Edmond in die Arme. „Was hast du denn gemacht?", fragt er grinsend. „Ich wollte schon immer mal in Limo duschen." Er lächelt über meine trockene Antwort und zieht dann sein Jackett aus. „Hier, ich leihe es dir." Zögernd nehme ich die Jacke entgegen und dann legt er sogar noch einen drauf. „Komm eben mit zu meinem Spind, da habe ich noch ein frisches Shirt." Dankend folge ich dem großen Jungen mit den braunen, kurzen Haaren und dem schönen Gesicht, dass an das seines Bruder erinnerst. Vor seinem Fach drückt er mir dann auch das Shirt in die Hände. „Mach dich frisch, ich sage dem Lehrer bescheid, dass du etwas später kommst." Fast würde ich ihm einfach danken und an seine Freundlichkeit glauben, aber ich bin nicht grundlos misstrauisch. „Warum hilfst du mir?"

Das Spiel Mit Hass Und Liebe |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt