Kapitel 6

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„Und wie gefällt dir die Schule bis jetzt?", fragt mich Robin, als wir über den Parkplatz vor der Schule laufen, der voll mit teuren Schlitten ist. „Ist eine Schule voller Schnösel." Er kichert leise. „Da hast du nicht Unrecht, aber die Schnösel können auch ganz nett sein. Und wie gesagt, diese Schule ermöglicht dir viele Wege. Hast du denn schon ein Auge auf irgendeinen freiwilligen Kurs geworfen?" Ich schüttle schweigend den Kopf. „Irgendwas mit Wegrennen wäre wohl was für dich.", neckt er mich und ich schaue ihn scharf an. „Überleg es dir noch einmal. Also ich gehe jetzt los die Medizin bei der Ärztin zu besorgen, danach bin ich noch etwas arbeiten und du amüsierst dich beim Einkaufen." Er legt mir die Hand auf den Rücken und ich zucke leicht zusammen. Das schreckt ihn aber nicht ab.

Vor uns fährt ein weißes, tiefes Auto vor und hält direkt vor meiner Nase, mitten auf dem Parkplatz. Nicht nur ich gucke doof. Die Tür öffnet sich und drinnen sitzt eine platinblonde Frau mittleren Alters mit schimmernden Beinen, die unter ihrem kurzen, pinken Kleid hervorragen. „Hi, spring rein.", ruft sie und winkt mich zu sich. „Geh ruhig. Wir sehen uns heute wieder Zuhause. Viel Spaß euch Beiden."

„Werden wir haben Rob!", sagt sie mit hoher Quietschstimme und greift nach meinem Handgelenk. Ich lasse es zu und schon sitze ich mit ihr auf der Rückbank, die Tür knallt zu und sie reicht mir ein Sektglas mit Orangensaft, als ich aber dran rieche, rieche ich den Sekt darin. „Nur zum Aufwachen, Süße." Ich nehme ihr das Glas einfach ab. Natürlich habe ich schon getrunken und gekifft auch, nur muss ich immer aufpassen, wenn ich was esse oder trinke. „Also, wir fahren ins Shoppingcenter und lassen es uns gut gehen, danach können wir uns ein Stück Kuchen in dem niedlichen Café, direkt bei Tiffanys genehmigen." Sie begutachtet mich und bestimmt mein Aussehen und überlegt dann kurz laut. „Schwarz und Grün, das sind deine Farben. Oh wir müssen unbedingt zu Chanel."

Und so geht das die ganze Fahrt. Ihr Gerede bringt mich dazu auch noch ein zweites Glas zu trinken, bis wir endlich da sind. Und wow. Das ist nicht irgendein Center, wie Walmart oder mit Läden wie H&M, nein. Die meisten Marken kenne ich nicht einmal und in den Schaufenstern stehen wohl mit Absicht keine Preise. Nicht dass die, die hier hingehen, sich Sorgen um die Preise machen würden und das tut Heidi offensichtlich auch nicht. Wir eilen von Laden zu Laden und bei jedem wird ein neues Glas Sekt geschlürft. Sie fragt mich irgendwann gar nicht mehr nach meiner Meinung zu einem Teil und wirft es einfach der Arbeiterin zu, die es lächelnd zur Kasse bringt. Nach dem achten Laden seufzt sie laut und dreht sich zu mir. „So, jetzt brauche ich aber eine kleine Pause. Ich setze mich ins Café und du musst unbedingt weiter Shoppen." Sie küsst mir die Wange und stolziert auf ihren Zentimeterhohen Pumps aus dem Laden raus. Nah toll.

Aber ich weiß sogar schon, wo ich als nächstes hingehe. Ich suche mir einen der Läden, bei denen es Sachen unter 500$ gibt und suche nach Sportklamotten und Jogginghosen, als ich davon etwas habe, gehe ich als nächstes zu einem Unterwäscheladen und besorge da noch ein paar Sachen und zu guter Letzt geht es zu der Bank. Da lasse ich mir 5000$ in Bar ausstellen. Das wird schon nicht auffallen bei dem Geld, das die Blondine grade auf den Kopf geworfen hat und es ist für einen guten Zweck. Meine Flucht aus diesem Albtraum. Und auch wenn mir Zweifel kommen, weil mir dieses Leben viele Möglichkeiten schenkt, ich will das nicht. Ich bin ein Einzelgänger und brauche ganz sicher nicht verkorkste Reiche um mich herum, die mir auf die Nerven gehen. Ich muss nur etwas warten. Ich treffe Heidi im Café, wo sie grade den jungen Kellner verführerisch angrinst und dann einen Schluck aus ihrer weißen Tasse schlürft. „Da bist du ja schon wieder. Hast du dir was Schönes gekauft?" Ich nicke stumpf. „Sicher? Du musst unbedingt richtig gut ausgestattet sein. Das hier ist nicht, wie es bei dir auf der Straße war." Meine neutrale und genervte Laune verwandelt sich blitzartig in Wut. Ja, Wut ist mein guter Begleiter. Wut hält mich davon ab etwas anderes zu fühlen, etwas weiches zu fühlen. Etwas, wie Liebe, Trauer, Bedauern. Das hat schon immer funktioniert. Als meine Mutter starb, habe ich meine Hände gegen die Wand geprügelt und bin Kilometer weit durch die Stadt gerannt, einfach nur um mit Bewegung die Gefühle weg zu atmen. „Schau mich nicht so an, ich weiß wie das ist. Ich komme selbst aus ganz anderen Verhältnissen."

Das Spiel Mit Hass Und Liebe |✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt