Lyras Sicht
Ich habe mich vor einer Stunde dazu entschieden was zu essen und da es Mitten in der Nacht zu sein scheint, blieb mir nicht übrig außer Süßwaren aus einem Automaten auf dem Flur. Ich hatte solchen Hunger, dass ich kaum darauf geachtet habe, was ich eigentlich esse und dafür bezahle ich grade hoch. Mit Krämpfen und Übelkeit liege ich gekrümmt auf dem Bett und atme Schmerzen weg, die grade das Einzige sind was ich fühle. Das Einzige, was mir das Gefühl von Leben gibt. Und ich höre nicht auf mir selbst Schmerzen zu bereiten. Ich will stark sein und das bin ich für mich, wenn ich Schmerzen durchstehe und Tränen verbiete und genau das tue ich. Die nächsten Tage, aber es könnten auch nur Stunden oder sogar Wochen sein, esse ich einfach, wenn ich Hunger habe und kotze und leide danach doppelt so lange. Ich drifte auch immer wieder weg und wenn ich nicht auf dem Bett liegen würde, würde ich ständig umkippen. Wenn ich an Ashton denke, verbiete ich mir das Weinen und mache stattdessen irgendwas in diesem billigen Hotelzimmer kaputt. Schmerz und Wut. Schmerz und Wut. Schmerz und Wut. Alles, was ich vorher in mir hatte ist weggeatmet und wurde durch Schmerz und Wut ersetzt, die mich zerfrisst.
Ich muss hier weg. Dazu entschließe ich mich irgendwann, nachdem ich gegessen und gekotzt habe. Ich dusche mich, ziehe mir meine Klamotte an, die ich teilweise gewaschen habe und klaue mir aus der kleinen Bar in meinem Hotelzimmer den einzigen Alkohol. So gehe ich nach unten, es ist hell draußen, also fahren Busse. Ich fahre einfach schwarz. Wegrennen ist meine Antwort auf alles. Auch auf die Bullen. Ich muss hier wegrennen und dann was neues anfangen. Weit weg von hier. In Nevada oder Oregon vielleicht.
Ich klatsche der Frau an der Rezeption, die mich kaum beachtet all mein Geld auf den Tresen, außer zwei kleine Dollar, die ich in meiner Hosentasche verstaue. Ich kann auch per Anhalter ganz schön weit kommen. Doch dazu soll es nicht kommen. Noch bevor ich einen Schritt aus dem Motel gehen kann, wird mir Schwarz vor Augen und ich breche zusammen. ScheißeJames Sicht
Es ist bereits Donnerstag und ich und Ashton wägen noch immer ab, was wir Mian sagen sollten, denn Lyra ist weder aufgetaucht, noch hat mein Dad sie finden können. Sogar Krankenhäuser hat er abklappern lassen. Nichts. Mir kommen immer wieder die grausamem Bilder, wie sie irgendwo in einer Gasse liegt, weil ihr keiner bei einem Zuckerschock hilft. Beim Training verwandelt sich der Frust dann in Wut und ich haue jeden aggressiv aus dem Weg.
Unser aggressives Verhalten und die schlechte Laune, die wir an den Tag legen hat zur Folge, dass eine kleine Rebellion gegen unser Sagen an dieser Schule, die von Ven und King in die Wege geleitet wurde, ganz schnell verschwunden ist und wir mehr beachtet, respektiert und gefürchtet werden, als sonst. Nur macht mich das nicht glücklicher und ist mir mittlerweile scheißegal. „Hatte dein Dad kein Bock mehr auf die Kleine? Soll bei einem Unfall verreckt sein.", fragt mich irgend ein Idiot und ich reiße mich grade so noch zusammen. „Oder hatte sie doch mehr gefallen für alte Männer zu strippen, als sich mit deinem Freund zu vergnügen?", fragt ein Anderer spöttisch und auch wenn es lahme Beleidigungen sind, reicht es, um mich und Ashton, der neben mir trottet auf Hochtouren zu bringen. „Sag es mir nochmal. Dieses Mal ins Gesicht.", fordere ich den schmächtigen Jungen auf und drücke ihn, wie Ash seinen Freund mit dem Unterarm an die Spinde. „Nichts.... Ich habe nichts gesagt.", japst er ängstlich und ich nicke zufrieden. „Noch ein Wort über sie und du musst dich mit dem Gedanken anfreunden Orangensaft zum Abendessen zu essen." Ich schlage ihm noch einmal in den Bauch und er keucht nickend auf. „Wenn du einen Anderen hörst, der über sie redet, dann kommst du zu uns, klar?", fragt Ashton seinen Freund, der ebenfalls nickt. Wenigstens darin sind wir gut. Leuten Angst zu machen. Allen, nur nicht Lyra.
Als wir drei später auf den Parkplatz der Schule zu unseren Autos gehen, kommt Li auf mich und Ashton zu. Das kann ja was werden. „Sie ist immer noch krank.", rufe ich ihr zu, aber das interessiert keinen. „Ihr lügt! Nennt mir einen Teenager, der nicht am Handy sitzt, wenn er krank ist.", fordert uns Li schnippisch auf und tritt vor. „Lyra Connors", antworte ich unbeeindruckt. „Lyra Green.", korrigiert mich Li streng. „Wo ist sie?", fragt sie noch einmal und als weder ich noch Ashton richtig antworten, tritt Li Ashton auf einmal in die Eier und ich kann mich grade noch so schützen, sodass sie nur gegen meine Hände tritt. „Mein Bruder wird es herausfinden, ihr verdammten Hurensöhne!", schreit sie laut und zischt ab. Charles und Ed, die etwas abseits standen, lachen beide als Ash mit rotem Gesicht sich aufrichtet und keucht. „Lyra konnte das besser.", keucht er leise und selbst ich muss schmunzeln.
Mein Handy beginnt zu klingeln und ich nehme eilig ab, als ich sehe, dass es mein Vater ist. „Ja?", frage ich irgendwie hoffnungsvoll. „Barlow Respiratory Hospital. Sie wird in ein paar Minuten da eingeliefert. Du bist näher dran." Ich trenne mich rennend von Ed, Charles und Ashton und sprinte zu meinem Auto. „Bin unterwegs." Er legt auf und ich springe in den Wagen. „James?!", ruft mir Ashton fragend hinterher, aber ich starte den Wagen schon am Startknopf und fahre aus der Parklücke. Als nächstes kommt ein Anruf von ihm, den ich ignoriere. Ich fahre so schnell, wie ich kann vom Parkplatz und beginne auf der festen Straße zu rasen. Und im Rückspiegel sehe ich, wie mir Ashton und Ed in seinem Rover folgen. In jeder Kurve nehme ich kein Gas weg und überfahre sogar eine rote Ampel, bis ich auf dem Parkplatz des Hospitals ankomme, rausspringe und tatsächlich gleichzeitig ankomme mit einem Krankenwagen. Es ist unwahrscheinlich, aber ich renne zu dem Wagen, der eine private Einfahrt hochfährt und hinter dem sich die Schranken senken, die ich einfach überspringe. „Junge, du darfst hier nicht hin!", schreit mir ein Mann im weißen Kittel zu, der an einer großen Flügeltür steht, die ins Innere des Krankenhauses führt. „Wer ist in diesem Wagen?", rufe ich und ignoriere seine Bemerkung. „Das geht dich nichts an, verschwinde!" Der Fahrer steigt aus und die Türen des Wagens werden geöffnet.
„Weiblich, 17 Jahre, Verdacht auf leichtes Schädel-Hirn-Trauma. Hoher Insulinmangel, leidet an Diabetes Typ-1. Hypergykämie, ist bereits im ketoazidotische Koma. Habe ihr Sauerstoff zur verbesserten Atmung gegeben." Jedes Wort, dass dieser Mann, der grade aus dem Wagen springt, sagt, macht mir Angst und versetzt mich in Panik. Als er dann noch die Trage auf den Rollen auszieht und eine Andere ihm hilft sie auf den Boden abzusetzen und ich Lyra sehe, merke ich, wie meine Atmung sich verdreifacht. Sie ist blass, Augen geschlossen, trägt Jeans, Shirt und Lederjacke, auf ihrem Gesicht ist eine Maske, durch die sie den Sauerstoff kriegt, ihr Köper ist festgeschnallt, zuckt teilweise aber trotzdem und ich und Ashton rufen gleichzeitig ihren Namen. „Bringt jetzt endlich jemand diese Kinder hier weg?!", schreit einer, aber das tut keiner, denn die zwei Sanitäter sind zu sehr damit beschäftigt Lyra ins Gebäude zu schieben. Und wir folgen ihnen. „Ihr kommt hier ganz sicher nicht rein."
„Das da ist meine Tochter, ich werde hier rein kommen.", sagt mein Vater, der plötzlich hinter uns auftaucht laut uns streng und als er seinen Namen nennt, darf er tatsächlich rein. „James! Ihr wartet im Wartezimmer!"
„Aber-!"„Geh! Jetzt."
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Das Spiel Mit Hass Und Liebe |✔️
RomansaLyra Green hatte keine einfache Vergangenheit. Ihre Mutter versuchte mit kleinen Jobs und zwielichtigen Freunden für ihre Tochter zu sorgen, was mehr oder weniger geklappt hat. Doch als nach dem Tod ihrer Mutter, plötzlich der Multimillionär Robin...