Shouta war aus dem Nahkampf herausgegangen und hielt sich die Schulter, als Chihiro nach ihm Ausschau hielt. Teban wütete und hob mit seinen Dolchen auf alles ein, was er von dem Dämon erreichte. Die Klinge schien die Schuppen kaum zu durchdringen. Saya ließ, im wahrsten Sinne des Wortes, die Peitsche knallen und verhöhnte den Dämon: "War das schon alles, du Schlange? Wir dachten, du hättest mehr drauf!" Von ihren Mitstreitern warfen ihr einige einen warnenden, andere einen ungläubigen Blick zu, als fragten sie sich, was zur Hölle das sollte. Zugegeben, zu recht; als wäre ihre Aufgabe nicht schon schwer genug, provozierte Saya das Biest auch noch. Doch Saya ließ sich nicht beirren: "Komm schon, du elender Wurm! Räkelst dich hier wie in einem Schwimmbad, dabei haben wir uns auf ein Spektakel gefreut."
"Saya", zischten Shouta und Yama gleichzeitig, während sie sich weiterhin gegen die im Wasser unbeholfenen Klauenhiebe verteidigten.
"Ouja, da mache ich mit", fiel Yin freudig lachend ein. Den jungen Novizen hatte Chihiro kaum bemerkt, bis er laut ausrief: "Na komm, du grottenhässliches Vieh! Selbst meine Uroma an ihren schlechten Tagen ist schneller auf den Beinen als du. Und mehr Mumm hat die gute Frau auch!" Der Dämon nahm den Spott zur Kenntnis und reagierte mit rasender Wut. Er bäumte sich in dem Wasser auf, versuchte offenbar, sich in den Himmel zu erheben, wurde aber von den ständigen Attacken seiner ehrgeizigen Angreifer im Wasser gehalten. Unerbittlich wurde auf ihn eingedroschen. Brüllend und mit einem kräftigen Schlag seines Schweifs fischte er Yin, der auf ihn zugesprungen kam, aus der Luft. Mit einem Klatschen schlug der Junge auf der Wasseroberfläche auf und wurde von dem Gewicht des Schweifs unter Wasser gedrückt. Yama eilte ihm zu Hilfe, wurde jedoch mit einem Klauenhieb des Dämons erwischt, der sie in die Seite traf.
Chihiro taumelte über das Wasser, streckte die Arme von sich, um das Gleichgewicht zu wahren. Sie suchte einen Weg, um sich auf den Dämon zu stürzen, solange er abgelenkt war, aber er zappelte unaufhörlich, sodass ihr ständig seine Klauen im Weg waren, ehe sie losstürmen konnte. So weit sie erkennen konnte, attackierten die Novizen ihn von allen Seiten, weshalb der Dämon sich ständig um die eigene Achse drehte und ihre Angriffe parierte.
Dann eben ein Sprung ins kalte Wasser, dachte sie bitter und machte sich darauf gefasst, was als nächstes geschah.
Es gab eine Seite, die er ungeschützt ließ. Die einzige, auf die er nicht achtete, weil die Angriffe von oben kamen.
Sie holte tief Luft und betete, Saya's Zauber möge ihr nicht im Weg stehen. Das tat er nicht. Sie glitt mühelos mit dem Kopf voran durch die Wasseroberfläche und tauchte in das eiskalte Gewässer. Das unruhige Meer war stark, die Strömung machte es ihr schwer, vorwärts zu schwimmen. Sie fand schnell heraus, dass es Süßwasser war, doch der Mangel an Sonnenlicht machte es ihr schwer, überhaupt irgendetwas zu sehen. Sie spürte das Reißen der Strömung, wusste aber nicht, ob es von den Schlägen des Dämons kam oder von den Gezeiten.
Zeig mir den Weg, befahl sie dem Ring und fokussierte sich in Gedanken auf die Gestalt des Biests, unter dessen Oberfläche noch immer ihr Freund verborgen war. Zeig ihn mir.
Der Ring gehorchte und sandte einen schmalen Lichtstrahl aus, der in die Dunkelheit tauchte und auf eine große schwarze Masse traf, die sich im Wasser wand. Chihiro strampelte mit aller Kraft und schwamm dem entgegen, während Gedanken sie durchfluteten, die sie lange nicht zugelassen hatte. Gedanken daran, dass diese Schuppen nicht schwarz sein dürften. Dass auf dem geschuppten Rücken eine meeresgrüne Mähne sein sollte, wild und geschmeidig wie Wasser. Dass diese furchtbaren Hörner anders aussehen müssen. Dass dieses Biest nicht vor Bosheit strotzen, sondern Güte verkörpern müsste. Denn einem Gott gehörte dieser Körper, der von keinem Dämon beherrscht werden durfte. Eine gute Seele.
Zeig ihn mir, bat sie den Ring nun inniger, als wäre ihre Stimme selbst in ihrem Kopf ein sehnliches Flüstern. Zeig ihn mir.
Und der Ring gehorchte.
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Spirited. Always.
FanfictionNie hätte Chihiro geglaubt, dass ihre Träume in Wahrheit Erinnerungen an eine Vergangenheit sind, in der sie sich mit alten Hexen, Verzauberungen und Gottheiten hatte herumschlagen müssen. Aber alles war real gewesen - ER war real. Obwohl Chihiro ih...