Brenne

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Noch immer löste jede seiner Berührungen einen Schauer aus, nur dass er nicht mehr diese herrliche Glut in Chihiro entzündete. Jede dieser Berührungen erschien wie eine Lüge, die in einer Welle des Schamgefühls über sie schwabbte. Ein Schamgefühl, das sie sich selbst gegenüber empfand, und die nagende Enttäuschung noch verstärkte. Sie wollte sich abwenden, sich irgendwo in einer Ecke zusammenrollen und allein sein. Aber es ging nicht. Sie konnte nirgendwo hin.

So sehr es sie auch verletzte, dass Haku sie nur zum Zweck so berührte, wusste sie doch, dass sie im Endeffekt genau das von ihm verlangt hatte; mit Hilfe ihre Seele sollte er den Dämon endlich vernichten - ihn zerquetschen, zerreißen, verbrennen, mit magischen Lichtblitzen erstechen... Völlig egal. Hauptsache, es passierte endlich.

Trotz aller Bemühen sich zusammenzureißen und es zu akzeptieren, schluchzte sie auf, als Haku seine Streichelei über ihre Seele fortsetzte. Abrupt hielt er inne, als er in seinem Scharfsinn bemerkte, dass etwas nicht stimmte.

Chihiro, sprach er und glitt unerträglich sanftmütig über die Stelle, die gewiss ihre Wange gewesen wäre. Quälend zärtlich zog er Kreise darüber. Warum weinst du?

Ich kann nicht anders.

Irgendwas ist los. Es gefällt dir nicht mehr.

Doch, antwortete sie knapp und wollte sich zusammenreißen, wollte aufhören zu heulen und sich zwingen, wieder zu glühen, aber es gelang ihr nicht. Sie konnte unmöglich darüber sprechen, doch genau das würde Haku ihr gleich abverlangen. Wenn es Schicksalsgötter gab, so glaubte Chihiro, mussten sie sie hassen.

Ich kann dich spüren. Etwas stimmt nicht.

Das Schicksal war grausam: Sie hatte sich freiwillig für den vermeintlichen Rest ihres geisterhaften Daseins einem Gott ausgeliefert, für den sie sich nun endlich die Tiefe ihrer Gefühle eingestand, wurde auf unfassbar intensive, intimste Weise von ihm berührt, wie sie es nie für möglich gehalten hätte, und nun musste sie damit leben, dass er dies nicht etwa tat, weil er ihre Gefühle erwiderte und es wollte, sondern um ihre Kraft aus ihr herauszuholen, weil sie ihn quasi dazu gedrängt hatte.

Chihiro, sag es mir.

Du verstehst das nicht. Du bist nicht wie ich und ich war dumm und naiv, dass ich etwas anderes glauben wollte, ratterte sie immer schneller herunter, weil sie sonst befürchtete, es niemals über die Lippen zu bringen. Wer wollte so etwas schon jemals laut sagen?

Du liebst mich, stellte er in nüchternem Ton fest - als wäre es nichts Besonderes, als würde er etwas Simples feststellen, wie dass der Himmel blau und das Gras grün ist. Keine Tiefe fand sich in seiner Stimme, kein leiser Hinweis darauf, dass es ihm irgendetwas bedeutete.

Ja, gestand sie flüsternd, erstickt, und fühlte sich, als würde sie Stück für Stück ein bisschen mehr zerbrechen.

Chihiro, wo liegt dann das Problem? Du sagtest, du wolltest mich küssen. Ich kann dich zwar nicht küssen, aber ich hielt das hier... vielleicht für vergleichbar.

Vergleichbar, echote sie traurig. Du liebst mich nicht. Du kannst es nicht. 

Und da war sie: Die traurigste, schrecklichste Wahrheit. 

Jedes Wort war wie ein Dolchstoß.

Die Erinnerung an die Schmerzen ihres eigentlichen Körpers, der in den Himmel gewirbelt, wild herumgerissen und durch den Strom gejagt worden war, waren plötzlich gar nichts mehr dagegen. Was war schon körperlicher Schmerz gegen den der Zurückweisung?

Chihiro...

Nicht, unterbrach sie ihn. Es gibt nichts, das du sagen könntest, was es erträglicher macht.

Spirited. Always.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt