20. Phase 1: Darkness

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Phase 1: Darkness

Ich lebe. Ich weiß nicht wie oder wieso, aber ich lebe. Etwas in mir scheint sich zu beruhigen. Dann wird mir klar, dass es dunkel ist. Ich liege auf einem Bett, gefesselt. Ich spüre die Schläuche, die sich in meinen Arm bohren und weiß sofort, dass sie nicht dazu da sind, um mich am Leben zu erhalten. Denn Leben riecht anders. Dieser Ort riecht nach Blut und Tod.

Mein Bein schmerzt, mein Kopf schmerzt, mein Kiefer schmerzt.

Wollen sie mich wirklich hinrichten? Desto länger ich hier liege, desto abwegiger erscheint mir dieser Gedanke. Aber was sollten sie sonst mit mir machen? Ich habe keinen Nutzen für sie.

Ich weiß nicht, wie lange ich hier im Dunkeln liege, bevor eine Welle der Panik mich langsam überrollt und in sich zu ertrinken droht. Sie frisst sich durch meinen Bauch und ich spüre das Loch, das sie hinterlässt. Groß und schmerzhaft, klafft es unterhalb meines Magens und ich könnte sterben, so verzweifelt fühle ich mich in genau diesem Moment. Doch ich kann nichts gegen die Panik machen. Mit ihr kommt die Angst, dabei bin ich mir nicht einmal im Klaren darüber, wovor ich mich überhaupt fürchte.

Ich dachte, dass sie mich umbringen würden. Doch wenn ich bis jetzt noch nicht tot bin, dann müssen sie etwas anderes mit mir vorhaben. Jetzt wünsche ich mir, sie hätten mich wirklich hingerichtet, mir einfach diese dämliche Kugel in den Kopf gejagt. Denn das was sie hier mit mir machen werden, wird weitaus schlimmer sein als der Tod.

Ich versuche die Panik so gut es geht unter Kontrolle zu kriegen. Es ist nicht einfach, aber wenn ich mich bemühe, dann schaffe ich es meine Gedanken auf etwas positives zu konzentrieren und vergesse das Loch in meiner Magengrube für eine kurze Zeit.

Es fühlt sich an, wie wenn man den Kopf für eine längere Dauer unter Wasser halten würde. Alle Sinneseindrücke wirken leicht verschwommen und taub. Und solange ich unter Wasser bleibe, komme ich mit dem Schmerz klar, ich kann ihn verdrängen. Doch sobald ich mein Gehirn für den Bruchteil einer Sekunde nicht unter Kontrolle habe, dann ist es als würde ich schwer atmend aus dem Wasser auftauchen und all die Emotionen, die ich auf Abstand halten wollte, brechen wie eine riesige Welle über mich herein.

Die Zeit im Dunkeln streckt sich. Ich schlafe ein, um schreiend aus Träumen zu erwachen. Sie handeln neuerdings alle von Blut. Kein Friedenswächter oder ein sonstiger Mensch betritt den dunklen Raum oder wo auch immer ich mich gerade befinde.

Ich weiß nicht, wie viel Zeit genau vergeht, doch nach einer Weile bin ich mir sicher, dass sie mich über die Schläuche ernähren müssen.

Irgendwann beginne ich zu versuchen, mich zu bewegen. Meine Arme und Beine sind gefesselt. Es besteht also keine Möglichkeit aufzustehen. Wenn ich meine Hand im richtigen Winkel drehe, spüre ich die kalten Schläuche an meinen Fingerspitzen entlang gleiten. Jedoch bekomme ich sie nie zu fassen, egal wie schmerzhaft ich meine Hände dabei auch verdrehen mag.

Und genau dann taucht Haymitch plötzlich wie aus dem Nichts vor meinem geistigen Auge auf und die Mauer, die ich mit so viel Mühe in mir errichtet habe, fällt innerhalb von Sekunden in sich zusammen. Ein unglaublicher Schmerz drückt meinen Körper in das harte Bett und mein Bauch und mein Kopf scheinen beide gleichzeitig zu explodieren. Ich will schreien, ich will weinen, ich will sterben, denn die Verzweiflung ist plötzlich so riesig, dass ich das Gefühl habe, damit nicht mehr klarzukommen. Mein Körper fühlt sich auf einmal um Jahrhunderte gealtert und ich liege da, starre mit aufgerissenen Augen in die Dunkelheit und frage mich, wer ich überhaupt bin und was von mir eigentlich noch übriggeblieben ist.

Das Weinen hilft nicht, ich würde mir am liebsten die Hände vor die Augen schlagen, damit mich niemand sehen kann, obwohl nicht einmal jemand da ist. Die Panik gibt mir das Gefühl der Aussichtslosigkeit. Ich weiß nicht welcher Schmerz schlimmer ist. Der in meinem Bauch, der meinen ganzen Körper gefühlt entzweireißen will, so stark ist er. Oder der mentale Schmerz in meinem Kopf, denn die Gedanken, die mir durch den Kopf gehen sind so niederschmetternd, dass mir wahrscheinlich schwindelig wäre, läge ich nicht gefesselt in diesem verfluchten Bett.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt