41. Rhythms and Enemies

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Rhythms and Enemies

Der Rhythmus von Distrikt 13 zieht mich schnell in seinen Bann. Die Puzzleteile fügen sich alle langsam zu einem einzelnen Bild zusammen. Meine Genesung schreitet mit jedem Tag weiter voran. Zumindest äußerlich. Ich habe etwas an Gewicht zugelegt und ich bin froh darüber, auch wenn es noch etwas dauern wird, bis ich meine alte Kleidergröße erreichen werde. Die Farbe meiner Haut hat einen gesünderen Ton angenommen und selbst mein Haar regeneriert sich. Die dunklen Flecken auf meinem Körper, die das letzte Überbleibsel der Zeit im Kapitol sind, haben sich mittlerweile in Luft aufgelöst. Dort wo man mir wehgetan hat, zieren nun blasse Male meinen Körper. Diese Narben werden niemals verschwinden. Sie werden mich für den Rest meines Lebens daran erinnern, was ich durchlebt habe. Überlebt habe.

In meinem Kopf schreitet die Rehabilitation nicht so schnell voran. Dr. Jennings meint, dass es nur normal sei und mich noch eine lange Weile begleiten wird. Sie hat den Eindruck, dass ich mein Trauma herunterspiele, gar unterschätze. Das tue ich nicht. Alles, was ich will, ist, mit meinem Leben fortzufahren, zu vergessen, was mir widerfahren ist. Doch diese Erinnerungen, die Träume, die Angst ... all diese Gefühle in meiner Brust hindern mich daran. Also versuche ich, sie von mir zu schieben. So gut es geht. In den letzten Tagen hat sich einiges getan, sodass mir der Tanz auf Messers Schneide gelingt, doch Dr. Jennings fürchtet, dass nur ein falscher Moment dafür sorgen könnte, dass mein Schock wieder Besitz von meinem Geisteszustand ergreift.

Nichtsdestotrotz hält sie mich für stabil genug, die Krankenstation dauerhaft zu verlassen. Zu Beginn war ich erfreut über ihren Entschluss und die Unterschrift auf dem offiziellen Entlassungspapier, welches diesen bestätigt. Doch die Euphorie in meinen Adern hält gerade einmal so lange, bis der Mann in grauer Uniform, der mich eines Morgens abholt und zu meinem neuen Komplex begleitet, mir meine neuen Mitbewohner vorstellt. Bei der Politik von Distrikt 13 hätte mir schon viel früher klarwerden müssen, dass Coin nicht viel von Einzelzimmern halten würde. Schließlich wäre das die Verschwendung einer der wichtigsten Ressourcen, die es hier gibt: Platz.

Der Offizielle, der mich zu meinem neuen Raum begleitet, trägt ein Klemmbrett in den Händen und scheint einige Dinge von seiner Liste zu streichen, ohne mich über deren Inhalt auch nur im Geringsten in Kenntnis zu setzen. Ich kenne ihn nicht, habe ihn noch nie gesehen und er redet kaum ein Wort mit mir. Sein grimmiges Gesicht macht deutlich, dass er wohl nicht der Typ zum Reden ist. Erst als wir vor meinem neuen Schlafkomplex ankommen, erklärt er mir kurz angebunden einige Regeln und informiert mich darüber, dass ich ab morgen einen Job in einer der Wäschereien haben werde. Ich soll meine Hand nach dem Aufstehen unter den dafür vorgesehenen Scanner halten, um meinen ersten Tagesplan zu erhalten. Nach dem Frühstück wird mich jemand abholen, um mir den Weg zu der Wäscherei zu zeigen. Das ist alles, was er mir mitteilt, bevor er sich mit einem knappen Nicken verabschiedet und im Korridor verschwindet.

Mein Zimmer befindet sich fernab der Krankenstation, auf einer höheren Ebene, die einzig und allein den Unterkünften der Bewohner von Distrikt 13 gewidmet ist. Haymitchs Räumlichkeiten befinden sich zwar auf derselben Ebene, sind jedoch kaum näher als der Krankenkomplex. Der Distrikt ist doch einiges größer, als ich zuerst angenommen habe und ich bin froh, dass ich einige Wege kenne, ohne jemand anders fragen zu müssen.

Wie sich herausstellt, teile ich mir meinen Komplex mit zwei weiteren Frauen, Dasha und Betha, beide Flüchtlinge aus Distrikt 5. Wenn meine Vermutung richtig liegt, sind sie Schwestern. Zumindest sehen sie sich mit ihren hellbraunen Haaren und grünen Augen ähnlich genug. Aber ich kann nur mutmaßen, denn wie erwartet sprechen sie kein Wort mehr als nötig mit mir. Sie wissen, wer ich bin, ich sehe es ihren verstohlenen Blicken an, die sie mir tagtäglich aus den Augenwinkeln zuwerfen.

Sie müssen einen Groll gegen das Kapitol hegen, das ist klar, aber an einem Ort wie Distrikt 13 wird es wohl kaum jemanden mit gegensätzlicher Einstellung geben. Jeder hier hasst das Kapitol. Ich weiß nicht, was die Schwestern durchmachen mussten, um heute hier zu stehen. Jeder hat seine eigene Last zu tragen und nicht jedem kann man den durchlebten Schrecken sofort in den Augen ablesen. Egal, was die beiden zu ihrer Flucht bewegt hat, es kann nichts Gutes gewesen sein. Dashas Gesicht, über deren linke Wange eine lange, kalkweiße Narbe verläuft, spricht mehr als tausend Worte.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt