47.1. Looks of Rage, Love and Nostalgia

112 8 0
                                    

Songs Inspiration für dieses Kapitel: Young Blood (The Naked and Famous), this is what falling in love feels like (JVKE)

Looks of Rage, Love and Nostalgia

Das Messer fährt hoch zu meiner Stirn und einen langen Augenblick spüre ich nichts außer der Kälte des Metalls gegen meine Haut. Dann verschwindet sie mit einem Mal und ich rieche das Blut, das in Höhe meiner linken Augenbraue herabrinnt. Vielleicht bin ich tatsächlich schmerzunempfindlich geworden, denn außer einem unangenehmen Stechen spüre ich nichts. Der Schmerz bleibt zwar aus, doch stattdessen überrollt mich eine Welle der Angst. Sie überrascht mich. Haymitch wäre wahrscheinlich erleichtert darüber, wenn man bedenkt, wie leichtsinnig ich bei unserer letzten Begegnung mit ihrer Attacke umgegangen bin. Die alte Effie würde wollen, dass ich mich zusammenreiße und kämpfe.

Die Nähe des Mannes, der mich immer noch gegen die Wand drückt und sein Messer nun meinen Wangenknochen herabfahren lässt, bereitet mir Schwindel. Ich spüre die Hitze, die aus jeder Faser meines Körpers entweichen will, als würde ich jeden Moment überlaufen. Eine lange Sekunde verschwimmt die Sicht vor meinen Augen und das Gefühl der nun warmen Klinge in meiner Haut ist alles, was ich wahrnehme. Mein Körper verfällt in einen Schock, nur ganz kurz, nur bis seine andere Hand hoch zu meinem Haar fährt und eine meiner blonden Strähnen zwischen die Finger nimmt. Ich weiß nicht weshalb, aber die Geste reißt mich aus der Starre, die mich an Ort und Stelle festgenagelt hat.

Adrenalin strömt durch meinen Körper, kalt und erleichternd gegen die Hitze, die den Schweiß auf meine Haut getrieben hat. Meine Augen fokussieren auf das Gesicht des Mannes. Ich denke an die einzige Form der Selbstverteidigung, die mich in meinem Leben bisher immer weitergebracht hat und ziehe mein Knie hoch. Ich weiß, dass es riskant ist, wenn man bedenkt, wie schnell nur eine falsche Bewegung seinerseits mein Leben beenden könnte. Meine Hände drücken sich gegen seine Brust und ich schiebe ihn mit aller Kraft von mir, während er aufstöhnt und den Bruchteil eines Augenblickes lang das Gleichgewicht verliert und zur Seite taumelt.

Meine Beine setzen sich in Bewegung und als ich den Kopf drehe, um meinem Angreifer einen letzten Blick zuzuwerfen, tropft mir das Blut über meine Augenbraue ins Auge. Wie lang muss die Schnittwunde sein, wenn sich das Blut schon in den Härchen meiner Brauen ansammelt? Ich stolpere vorwärts und fasse mir mit den Fingern meiner linken Hand automatisch an die Schläfe. Falsche Entscheidung. Das Blut, welches meine Fingerkuppen dunkelrot färbt, sendet einen elektrischen Schlag durch meine Glieder und weckt eine Furcht, die zu tief geht, als dass dieser mordlüsterne Fremde dagegen ankommen könnte. Zu meinem Nachteil. Das Blut wirft mich aus der Bahn und ebenso meine Füße. Ich strauchele, stürze aber nicht.

Der Mann umklammert meine Schultern und will mich zurückziehen. Ich drehe mich herum, meine blutverschmierten Finger ausgestreckt und kratze ihm übers Gesicht. Nun, wo er auf meine Abwehr vorbereitet ist, weicht er zur Seite aus und will mich an meinen Handgelenken zurück in die Schatten ziehen, als etwas an meinem Ohr vorbeizischt. Ich habe kaum Zeit mit der Wimper zu zucken. Der Mann schreit fluchend auf und ich tue das Einzige, was mir in den Sinn kommt, und stoße ihn ein weiteres Mal von mir. Erst als ich blinzele und die Augen aufreiße, sehe ich das Messer, das in seiner Brust steckt. Tief genug, dass der Wurf hätte töten können, wenn das die Intention gewesen wäre. Es ist ein zweites Messer, nicht das meines Angreifers. Ich mache weitere Schritte nach hinten, gerade schnell genug, um Johanna auszuweichen, die an mir vorbeifliegt wie ein Wurfgeschoss. Eine Sekunde fliegt sie durch die Luft, in der nächsten hat sie den Mann zu Boden gebracht. Im Vergleich zu ihm muss selbst sie ein Fliegengewicht sein, aber das scheint sie nicht zu interessieren. Es scheint nicht in ihrem Nachteil zu sein.

Johanna hat sich breitbeinig auf die Brust des Mannes gehockt, ihr rechter Fuß auf seinem Arm. Die Finger ihrer Hand umfassen sein Kinn in einem gespannten Griff. „Wie lange ich darauf gewartet habe, endlich wieder jemanden umlegen zu können", murmelt Johanna und klingt erfreut und verrückt gleichermaßen. Ich weiß, dass es nur eine gespielte Maske ist.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt