Figure It Out (Hayffie)

9. Runaway

Runaway

Trotz jeglicher Bemühungen hält der Straßenverkehr und so sehr auf, dass wir eine ganze halbe Stunde zu spät kommen. Obwohl der Alkohol seinen Anteil leistet, ist meine Laune im Keller. Haymitch hatte nie das Problem betrunken am Steuer zu sitzen, also kannte er die Risiken nicht. Mein Pegel war nicht hoch, aber ich trinke so selten, dass das bereits ausgereicht hat, um uns beinahe in einen Unfall zu verwickeln.

Haymitch macht sich nicht einmal die Mühe, sich ein bisschen zu beeilen, während ich auf meinen Highheels so schnell gehe, wie nur möglich. Und mir dabei beinahe ein Bein breche. Im Untergeschoss treffen wir auf einige Sieger, die sich miteinander unterhalten. Weder Katniss noch Peeta sind unter ihnen. Nervös drücke ich auf den Knopf, damit sich der Aufzug schließt und wir fahren ins Erdgeschoss. Als er hält, springe ich sofort nach draußen und suche die Halle nach ihnen ab. Keine Spur, nur ein Blitzlichtgewitter, das mich zurücktaumeln lässt. Ich spüre Haymitchs Hand ihn meinem Rücken.

Die Friedenswächter haben Mühe, die Paparazzi vom Trainingscenter fernzuhalten, aber ein paar schaffen es trotzdem jedes Jahr illegal ins Gebäude. Wie auch immer. Haymitch zieht mich zurück in den Lift und schließt die Türen. Es ist klar, dass sie nicht hier sind. Dann sind sie sicher schon nach oben gegangen. Ich kann es ihnen nicht verübeln.

Als wir auf unserer Etage aussteigen nickt uns der rothaarige Avox zu, der eilig an uns vorbeihuscht, sicher mitten in den Vorbereitungen für das Abendessen. Zum Glück habe ich nur einen Salat gegessen.

Kurz darauf finden wir die beiden auf dem Sofa im Wohnzimmer. Sie reden nicht, aber die Stille scheint nicht unangenehm zu sein. Als sie uns kommen hören, heben sie beinahe synchron ihre Köpfe in unsere Richtung und zwei mitgenommene Augenpaare bleiben an uns hängen.

„Da seid ihr ja. Wir haben uns Sorgen gemacht", sagt Peeta und sieht ernsthaft eher erschöpft, als erleichtert aus.

„Ihr habt euch Sorgen gemacht?", spottet Haymitch, sichtlich amüsiert.

„Eigentlich nicht um dich", gibt Katniss zurück und nickt grinsend zu mir. „Du bist nicht gerade die Pünktlichkeit in Person."

Ich lächele und meine Wangen fangen an zu glühen, doch niemand scheint es zu bemerken. „Es tut mir wirklich furchtbar leid. Aber man hat uns in Komplikationen verwickelt", erwidere ich überschwänglich, als hätte mir der Tag überhaupt keine Probleme bereitet.

Peeta winkt ab. Er sieht müde aus. Der Tag muss anstrengend gewesen sein. Zu meinem Bedauern kann man es auch riechen. „Schon gut, wir haben auch so hier hoch gefunden." Er grinst Katniss zu, die es dezent erwidert.

Ich setze mich ihnen gegenüber in einen der Sessel. Entspannt lehne ich mich in die Polster zurück. Heute war der letzte offizielle Trainingstag. Morgen wird man sie in die Einzeltrainings schicken. „Nun, wie war das Training?"

Es gibt reichlich zu erzählen. Katniss wollte heute zwar nicht mit dem Bogen prahlen, aber sie hat sich dazu überreden lassen, das Speerwerfen auszuprobieren. „Es ist kompliziert", beschwert sie sich genervt. „Man braucht unglaublich starke Armmuskeln. Eher was für Männer." Während sie das sagt, schließt sie müde die Augen uns massiert sich die Schläfe.

Peeta hatte keine große Lust, mit Waffen rumzuhantieren und hat sich auf das Tarnen konzentriert. Wieder in freundlicher Gesellschaft der Morfixer, die von ihm in den Bann gezogen worden sind, wie es scheint.

Während sie mir in Wortbrocken das Training schildern, sich dabei gegenseitig unterbrechen und ergänzen, schleicht Haymitch zur Bar, fischt sich irgendein gelbes Getränk hinter dem Tresen hervor und schüttet es sich ein. Dann kommt er zu uns herüber geschlendert, die blonden Haare wirr über seine Augen fallend und lässt sich in den anderen Sessel fallen. Tatsächlich sieht er nicht so aus, als würde er den beiden vollständig zuhören. Warnend werfe ich ihm einen Blick zu, doch anstatt irgendetwas an seinem Verhalten zu ändern, starrt er einfach zurück und trinkt dabei sein Glas aus. Es fällt mir verhältnismäßig schwer ihn zu ignorieren.