„Ich wurde im Penthouse von Friedenswächtern festgenommen", beginne ich meinen Monolog. Ich habe nicht das Gefühl, dass sie mich unterbrechen werden. „Von dort wurde ich in das Gefängnis gebracht, in dem man auch die anderen Sieger festgehalten hat. Ich wurde von einem Mann verhört, Corporal Cullen. Er hat mir einige Fragen zur Rebellion gestellt, die ich nicht beantworten konnte. Die erste Nacht habe ich in einer normalen Zelle verbracht. Am nächsten Tag hatte ich meinen Prozess, auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Ich wurde des Hochverrats für schuldig befunden und mir wurde gesagt, dass das Urteil sofort vollstreckt werden würde." Ich lasse aus, wie ich durchgedreht bin und mir einer der Friedenswächter ins Bein geschossen hat. „Das nächste, woran ich mich erinnere, ist, dass ich in einem dunklen Raum aufgewacht bin. Ich–" Ich schlucke und spüre, wie die Innenseiten meiner Hände feucht werden. „Ich war an ein Bett gefesselt und sie haben mich über Schläuche ernährt. In dem Zustand haben sie mich für zwei Wochen gelassen, das habe ich später bei meinen weiteren Verhören erfahren. Ab da wurde ich immer von demselben Friedenswächter verhört. Er hat sich mir als Adrian vorgestellt."
Seinen Namen auszusprechen, raubt mir den Atem. Ich habe das Gefühl, von einem Zug überfahren zu werden und Haymitch neben mir muss spüren, dass ich abgleite. Er greift nach meiner Hand und drückt sie so fest, dass es schmerzt. Bleib im hier und jetzt. Verschwinde nicht.
Ich kneife die Augen zusammen und fokussiere mich auf den Schmerz in meiner Hand. „Nach dem ersten Verhör wurde ich in eine neue Zelle gebracht. Sie haben ihn Sektor Sieben genannt. Dort habe ich die meiste Zeit verbracht. Sie haben mich gefoltert." Meine Stimme bricht und ich will innehalten, aber dann erinnere ich mich an Lynchs Worte. Je mehr Details, desto relevanter für das Strafmaß. Plötzlich schießt eine Wut durch meine Adern, die die Angst zurückdrängt. Ich richte meine Augen auf Coins Soldaten und denke an die alte Effie, die Männer allein mit ihrem Blick in die Schranken zu weisen wusste. „Schläge, Tritte, Elektroschocks. Wollen Sie auch wissen, was ich gegessen habe?" Es soll höhnisch klingen, aber stattdessen ist mein Ton voll von Qual.
Ich drehe mich nicht zu Haymitch, weil ich die Emotionen in seinen Augen erst gar nicht sehen will. Ich weiß, dass er sich dafür verantwortlich macht, was mir passiert ist. „Irgendwann später, ich weiß nicht, wie viel Zeit vergangen ist, hat Adrian mich in eine Leichenhalle mitgenommen. Ich weiß nicht, sie auch einst Gefangene gewesen waren, aber sie hatten dort auch Kinder aus Distrikten." Ich versuche mit ganzer Kraft, die Bilder aus meinem inneren Auge fernzuhalten, aber das ist kaum möglich, wenn ich es gleichzeitig erzähle. Ich lasse aus, dass sie mir ein Kind aus 12 zu Essen gegeben haben. Ich bringe es nicht über mich, diese Worte laut auszusprechen.
„Ich habe Adrian dort an diesem Tag getötet", sage ich und meine Stimme klingt tot. Die Stimmung im Raum ist so aufgeladen, dass ich sie greifen könnte, wenn ich wollte. Ich finde nicht die Kraft, diesen Satz zu erläutern. Stattdessen fahre ich fort, als hätte ich nicht gerade einen weiteren Mord gestanden. „Einige Tage danach haben sie meine Hinrichtung vorgetäuscht. Sie haben mir ein Serum verabreicht, das Wahnvorstellungen ausgelöst hat. Sie haben mir sogar mit etwas in den Kopf geschossen, aber ich weiß nicht, was es war. Danach haben sie mich aufgepäppelt und in eine neue Zelle gebracht. Johanna Mason war in der neben mir. Sie haben sie gefoltert, mich aber in Ruhe gelassen. Irgendwann haben sie uns dann in eine Zelle gesteckt."
Ich räuspere mich und senke den Blick auf den Tisch. Meine Augen bleiben an den Bildern hängen, die ich eben zu ignorieren versucht habe. Aber jetzt, wo mein Körper bebt und ich das Gefühl habe, jede Sekunde in mir zusammenzufallen, lenken sie mich ab. Mit zitternden Fingern deute ich auf eines der Bilder. „Das war das Interview, nachdem sie meine Eltern hingerichtet haben", bringe ich heiser hervor. „Ich erinnere mich an das Kleid. Sie haben mir das Blut von den Händen gewischt, bevor sie mich dort auf die Bühne gebracht haben, weil ich so doll gegen die Fensterscheibe geklopft habe, die mich von meinen Eltern getrennt hat." Ich spüre, wie ich mich in den Details verrenne; spüre die eisblauen Augen meiner Mutter auf mir, bevor die Kugel durch ihren Schädel fährt.
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Figure It Out (Hayffie)
FanfictionEffie Trinket, nur ein weiteres Schoßhündchen des Kapitols. Das Jubeljubiläum beginnt und plötzlich zeigt sich, dass doch nicht so sehr vom Kapitol besessen ist, wie vorerst angenommen. Die Revolution kommt ins Rollen und Haymitch -der ihr näher gek...