7. Family Matters

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Family Matters

„Johanna ist heute wieder mal ihr bezauberndes Selbst", platze ich heraus, bevor ich mich stoppen kann. Haymitch soll nicht denken, ich würde mich für Johanna interessieren. Oder gar für ihn interessieren.

Das Trainingscenter ist um diese Uhrzeit fast menschenleer. Die Presseleute und Fotografen warten entweder draußen, oder gönnen sich eine Mittagspause, während die Tribute beim Training sind. Wir treffen niemanden auf den Gängen.

„Sie ist immer so", meint Haymitch nur schulterzuckend, aber das weiß ich, schließlich war es nicht unser erster verbaler Kampf. Dann fragt er mich danach, wie wir ins Zentrum kommen. Wieso tut er nur so als wüsste er nicht wie man dorthin käme?

Seufzend werfe ich ihm einen Blick zu, wie Lehrer sie Schülern zuwerfen, wenn die Antwort so offensichtlich ist, dass sich die Hälfte der Klassenkameraden vom Stuhl schmeißen vor Lachen. „Wir sind im Zentrum, Haymitch."

„Ach, und wieso meintest du dann, dass ich mit dir mitkommen kann? Das hört sich für mich eher so an, als würden wir irgendwohin fahren", kontert Haymitch selbstgefällig und grinst triumphierend, als würde er sich darüber freuen, mir überlegen zu sein. Eine weitere seiner Charaktereigenschaften, die mir manchmal schwer auf den Geist gehen.

„Weil ich ein Stück mit dem Auto fahre. Sonst würden wir wohl kaum im Untergeschoss aussteigen", sage ich in demselben überlegenen Tonfall und lächele ihn unschuldig an, aber meine Augen glitzern verräterisch. „Wusstest du das etwa nicht?"

Haymitch gibt ein Schnauben von sich und stapft vor mir durch die großen Türen, die sich automatisch für uns öffnen, sobald der Bewegungsmelder uns erfasst. Ich folge ihm in die Tiefgarage, allerdings etwas langsamer, weil ich fürchte, sonst auf meinen Highheels umzuknicken. Das ist mir schon einmal passiert und war wirklich alles andere als amüsant. Zum Glück haben diese keine allzu hohen Absätze.

„Du hast ein Auto?", fragt er nach einer Weile verdutzt, als würde es ihm erst jetzt auffallen.

Haymitch muss mich wirklich für sehr inkompetent halten. Genervt von seinen Kommentaren ignoriere ich seine Frage und krame in meiner Tasche nach den Autoschlüsseln. Ich habe in der Tat ein Auto. Es ist ein kleines weißes Cabrio. Mit silbernen Felgen und ledernen Sitzen. Allerdings sind die beiden hinteren Sitze nicht wirklich für Menschen gemacht, da man sich nur die Beine einquetschen würde.

Mit einem Blinken der Lichter entsichert sich mein Auto und Haymitch zuckt für einen Augenblick, weil er nicht erwartete hat, dass das mein Auto sein würde. Ich gehe zur Fahrerseite, öffne die Tür und lehne mich gegen das Dach, während ich Haymitch beobachte. Er starrt erstaunt zu mir herüber. „Das ist dein Auto?" Er klingt überrascht und überaus amüsiert.

Ich nicke bedächtig. „Das ist mein Auto", bestätige ich. „Hast du ein Problem damit?" Er mustert es, als wäre es gerade aus dem Nichts aufgetaucht.

Sogar in der Tiefgarage haben wir Neonlicht. Es brennt auf uns herab und lässt Haymitchs Haut in einem unnatürlichen Gelbton strahlen. Schnell schüttelt er den Kopf und tritt zur Beifahrertür. „Auf keinen Fall, ich hatte nur einen pinken Wagen mit flauschigen Sitzkissen erwartet", antwortet er und grinst, bevor er ohne zu Fragen einsteigt.

Vorsichtig setze ich mich, immer darauf bedacht, dass ich meine Perücke nicht am Dach stoße. Ich ziehe die Tür hinter mir zu und werfe meine Tasche auf den Rücksitz. Dafür sind sie perfekt geeignet.

„Kannst du in den Schuhen überhaupt fahren?", fragt Haymitch nun etwas verunsichert. Womöglich macht er sich zum ersten Mal in seinem Leben Gedanken über seine Sicherheit. Seine Stimme klingt unglaublich nah und ich drehe mich zu ihm um. Er hat seinen Kopf ein Stück in meine Richtung gelehnt und betrachtet mich skeptisch.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt