33. Trick or Truth?

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Trick or Truth?

Als ich die Augen aufschlage muss ich blinzeln. Die Müdigkeit, die mich in der Zelle schon übermannt hat, zerrt immer noch an meinen Gliedern. Unsichtbare Finger liegen auf meinen Augenlidern und versuchen, sie wieder zuzudrücken. Erst als mein Körper die dicke Matratze unter meinem Rücken registriert, blinzele ich erneut. Eine weiche Decke umgibt mich wie ein Kokon und augenblicklich frage ich mich, wann ich zuletzt eine echte Decke gesehen habe.

Dann hebe ich den Kopf und erstarre für den Bruchteil einer Sekunde. Ich liege in einem Krankenbett in einem typisch aussehendem Krankenhauszimmer. Rechts von mir steht ein Gerät, das meine Herzgeräusche aufzeichnet. Es imitiert jedes Klopfen meines Herzens mit einem eigenen leisen Ton. Die gesamte rechte Wandfront des Zimmers besteht aus Glas. Theoretisch hätte ich auf einen Flur oder ein benachbartes Zimmer hinausschauen können, wenn die Fenster nicht von weißen Gardinen zugezogen gewesen wären. Auf meiner Linken befindet sich ein kleiner Nachttisch mit einem Glas Wasser darauf. Erst die Erinnerung an Wasser löst in mir das Bedürfnis des Dursts aus.

Meine Sinne registrieren all diese Eindrücke innerhalb von Sekunden. Länger erlaube ich mir nicht, um ein neutrales Gesicht aufzusetzen. Die Aktion in der Zelle muss eine weitere List des Kapitols sein. Es ist nicht der Raum von Dr. Aurelius, welchen man vom Komfort um Längen nicht mit diesem Zimmer hätte vergleichen können. Allein für dieses Bett ist es wert, zu sterben. In meinen Gedanken gehe ich die möglichen Dinge zu, die sie mir antun könnten. Ich versuche herauszufinden, warum sie mich in dieses Zimmer gebracht haben und was sie sich davon erhoffen.

Es ist vollkommen still. Bis auf das Piepsen des Herzrhythmusgeräts ist nichts zu hören. Der Raum muss schalldicht sein. Natürlich ist er das.

In diesem Moment geht die Tür in der rechten Ecke des Zimmers auf und ich zucke zusammen. Ich weiß nicht, was ich erwartet habe, als eine kleine dunkelhäutige Frau das Zimmer betritt. Sie hat kurze schwarze Haare, braune Augen und trägt eine graue Uniform. Der weiße Kittel über ihrer Uniform sieht aus, als hätte sie ihn in Windeseile drüber gestreift. In ihrer Hand hält sie ein Klemmbrett. Als sie aufschaut, breitet sich ein vorsichtiges Lächeln auf ihrem Gesicht aus. Ich weiß nicht warum, aber es versetzt mir einen Stich.

Mir kommt kein Laut über die Lippen, während die Frau auf mich zukommt. Ich starre zwischen ihr und der Tür hin und her und frage mich, ob sie automatisch von außen verriegelt wird. Eine lässige Bewegung ihrer Hand lenkt meine Aufmerksamkeit auf ihre Gestalt zurück und ich betrachte ihre graue Uniform genauer. Sie ähnelt der der Soldaten in meiner Zelle.

„Hallo, Miss Trinket, mein Name ist Dr. Jennings", sagt die Frau mit sanfter, aber fester Stimme und ich verliere den Faden. „Meine folgenden Worte werden für Sie wahrscheinlich sehr verwirrend sein. Bis vor wenigen Tagen haben Sie sich noch in Gefangenschaft im Kapitol befunden. Sie befinden sich jetzt in Distrikt Dreizehn und sind in Sicherheit. Eine unserer Einsatztruppen konnte Sie befreien."

Ich spüre den Blick von Dr. Jennings auf mir. Sie studiert mein Verhalten beinahe prüfend und versucht, Rückschlüsse daraus zu ziehen. Sie will sehen, ob sie mich von der Lüge überzeugt hat. Und obwohl ich weiß, dass das hier nichts anderes als ein weiterer Trick des Kapitols ist, um mich zu brechen, reagiert mein Körper. Mein Atem gerät ins Stocken und ich spüre den Hoffnungsschimmer, den mein Gehirn mir aufzwängen möchte.

Als ich nichts erwidere, fährt Dr. Jennings mit ihrem Skript fort. „Wir haben Sie nach ihrer Einlieferung gründlich medizinisch geprüft. Ich werde Ihnen nun Ihre Befunde aufzählen und Ihnen gleich noch eine Kopie hierlassen", sagt sie nun mit ernsterem Ton und zeigt auf das Klemmbrett in ihren Händen. „Bei Ihnen liegt ein Mehrfachbruch der Rippen vor, einige sind bereits vollständig geheilt, die meisten befinden sich in unterschiedlichen Heilungsstadien. Eine der gebrochenen Rippen hat Ihre Lunge punktiert. Ihr Hals weist Schwellungen zweiten Grades auf, Sie haben eine leichte Gehirnerschütterung und eine Verletzung der Schädeldecke. Darüber hinaus liegen uns Befunde zu diversen Fleischwunden vor, manche von Ihnen durch Infektionen in kritischem Zustand. Außerdem leiden Sie an Mangelernährung und Dehydration."

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt