17. The Truth

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Sidenote: Das hier ist das Kapitel. In zweierlei Hinsicht. Ab hier wird sich alles ändern. In vielerlei Hinsicht wird es für eine lange Zeit das letzte schöne Kapitel sein. Also genießt es.

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The Truth

Die Sonne geht gerade am Horizont unter, als ich das Penthouse betrete. Ich stelle meine Tasche unachtsam auf dem Esstisch ab und durchsuche sie nach meinen Schlaftabletten. Lieber quäle ich mich durch meine Träume, anstatt dass Haymitch mich noch einmal schreien hört und sich entschließt mitten in der Nacht in mein Zimmer zu platzen.

Erst nach gefühlten zehn Minuten erinnere ich mich daran, dass ich sie in den Müll entsorgt habe. Seufzend richte ich mich auf und als ich meinen Kopf hebe, treffen mich seine Augen.

Er steht im Schatten einer Säule, am Anfang des Gangs zu den Aufzügen und schaut zu mir herauf. Ich spüre, wie meine Nackenhaare sich plötzlich aufstellen und mein Herz beginnt zu rasen. Ich kann mir nicht erklären wieso.

Haymitch spricht nicht. Er kommt langsam die Treppe zum Essbereich hoch, ohne den Blick auch nur eine Sekunde von mir zu wenden.

Ich schlucke als uns nur noch wenige Meter trennen. Und erst als er den nächsten Schritt macht, verstehe ich wieso mein Körper reagiert wie er reagiert. Angst. Ich weiche einen Schritt vor ihm zurück und spüre im nächsten Moment das kalte Glas der Fenster in meinem Rücken. Während meine Augen ihn erschrocken fixieren, drückt sich meine Hand gegen das Glas. Heute wird es mich nicht retten, nicht so wie in meinem Traum. Hier würde nur der Tod auf mich warten und das möchte ich um jeden Preis vermeiden.

Als Haymitch plötzlich merkt, dass ich mich vor ihm fürchte, bleibt er mit geweiteten Augen stehen. Einen Moment schaut er an sich herunter und als er den Kopf wieder hebt, ist jede Barriere, die uns bisher getrennt hat, wie weggefegt.

Für einen Moment haut es mich um. Seine Augen glühen vor Verzweiflung. In einer schwachen Geste streckt er seine linke Hand in meine Richtung aus. Dann kommt er langsam vorsichtig Schritt für Schritt näher. Ich weiß, dass er unfähig ist, seine Gefühle in Worten auszudrücken. Ich sehe es ihm an, in dem Blick, den er mir zuwirft, dass er es bedauert. Aber ein kleiner Teil von mir will ihn nicht so einfach davonkommen lassen. Er hätte mich nicht so behandeln brauchen, ein freundlicher Ton hätte es auch getan.

Ganz sanft berührt er meinen rechten Arm und gleitet zu meiner Hand und nimmt diese in seine. Zurückhaltend, ohne jegliche Hektik, senkt er den Kopf, um mir in die Augen schauen zu können. Ich merke, wie meine Abwehrhaltung in sich zusammenfällt. Ich hebe den Kopf und starre ihn einfach nur an, unfähig mich auch nur einen Zentimeter zu bewegen. Meine Beine scheinen mit dem Boden wie festgefroren. Mein Herz klopft immer noch wie verrückt, aber jetzt bin ich mir nicht mehr sicher, ob es von der Angst kommt.

Haymitchs Blick sinkt herunter an meinen Hals und seine Augen werden hart. Mit seiner anderen Hand schiebt er den Kragen des Kleides vorsichtig zurück und betrachtet ernst die Narbe, die geblieben ist. Es ist ein langer und tiefer Schnitt, der unter meinem Ohr beginnt und bis an mein Schlüsselbein reicht.

Ich merke, wie abwesend er scheint, während seine Augen immer noch auf der Wunde ruhen. Als würde er vor seinem geistigen Auge etwas anderes sehen. Dann schließt er die Augen und tritt einen Schritt zurück. Seine Geister plagen ihn, ich sehe es an der Art wie er unmerklich zurückzuckt und beinahe automatisch die Augen schließt, damit er die Außenwelt ausblenden kann.

Doch ich lasse seine Hand nicht los. Als er sich von mir lösen will, ziehe ich ihn zurück zu mir und drücke seine Hand. Er muss wissen, dass ich hier bin, neben ihm stehe, sonst verliert er sich noch in dem Ort, an dem er gerade ist.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt