34.2. When I See You Again

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Song Inspiration für dieses Kapitel: When I See You Again (feat. Charlie Puth) – Wiz Khalifa

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„Kennst du Fulvia Cardew?"

Obwohl seine Frage mich etwas aus der Bahn wirft, nicke ich. Er wird einen Grund dafür haben. „Erstmals begegnet bin ich Fulvia einige Jahre nach deinen ersten Hungerspielen als Betreuerin", fährt Haymitch fort und in meinem Kopf reimt sich langsam etwas zusammen. „Sie ist die rechte Hand von Plutarch Heavensbee. Durch sie bin ich das erste Mal mit der Rebellion in Berührung gekommen. Sie erzählte mir von Distrikt Dreizehn."

„Zuerst habe ich ihr nichts davon geglaubt und sie als verrückte Kapitolerin abstempeln wollen, aber Plutarch hatte schon andere Sieger vor mir ins Boot geholt. Schließlich war es Mags, die mich überzeugte, bei der Sache mitzumachen", erzählt Haymitch und schaut mich dann endlich direkt an. Die Wand, die mich eben noch von ihm getrennt hat, ist verschwunden und ich sehe den Schmerz, den er immer verspürt, wenn er an die Vergangenheit zurückdenkt.

Haymitch zögert, bevor er fortfährt. Als würde er sich überwinden müssen, die nächsten Worte auszusprechen. Er senkt den Blick. „Du musst wissen, ich hatte eine Heidenangst vor dem Kapitol. Sie haben mich wohl als letztes eingeweiht, weil sie mit Ablehnung meinerseits gerechnet haben. Keiner von ihnen hat so viel verloren, wie ich durch das Kapitol, durch Snow, verloren habe. Und ich reagierte zunächst genauso abwehrend, wie sie erwartet hatten."

Seine Worte bilden einen Kloß in meinem Hals. Das Bild meiner Eltern taucht vor meinem geistigen Auge auf und meine Glieder versteifen sich. „Die Rebellion wurde lange im Dunkeln geplant. Sie brauchten nur noch den passenden Moment, um die Sache ins Rollen zu bringen. Sie brauchten einen Funken."

„Und dann kam Katniss", flüstere ich tonlos.

„Und dann kam Katniss", bestätigt Haymitch mit derselben leeren Stimme. „Und ich, der eigentlich so weit weg von der Rebellion entfernt sein wollte wie irgend möglich, war plötzlich gezwungen, eine Hauptrolle in genau dieser einzunehmen." Er macht eine lange Pause. Seine Augen werden für einen Moment glasig und er verzieht das Gesicht, um die Emotionen zu verbergen, die ihn durchströmen. Dann hebt er wieder den Kopf und schaut mich traurig, beinahe flehend an. „Ich hatte keine Wahl."

„Man hat immer eine Wahl", hauche ich zurück. Ich verstehe die Worte selbst kaum, aber ich erkenne, dass er sie hört.

„Ohne die Rebellion, wäre Katniss schon vor langer Zeit gestorben, Peeta ebenso. Ich hatte keine Wahl", wiederholt Haymitch. Es ist seine Erklärung. Er bittet mich nicht um Vergebung, er schildert mir nur die Beweggründe für seine getroffenen Entscheidungen. Hätte ich es genauso getan? Um das Leben der Kinder zu verlängern, hätte ich alles gegeben. Ich bin mir sicher, dass ich es genauso getan hätte, wenn ich in meinem ersten Leben keine geblendete Frau aus dem Kapitol gewesen wäre.

„Ich musste das Kapitol für die Rebellion verlassen, sie hätten mich sonst getötet", höre ich Haymitch aus weiter Ferne sagen und es fühlt sich an wie ein Stich ins Herz.

„Nein", flüstere ich und spüre die Tränen, die mir auf einmal über die Wangen laufen. Mein Blick gleitet in ein endloses Nichts und ich weiß, dass ich von außen wie tot aussehen muss. „Sie hätten viel Schlimmeres mit dir angestellt. Der Tod wäre eine Gnade gewesen."

Haymitch schweigt. Ich weine tonlos. „Ich hätte alles getan, um dich dort rauszuholen, Effie. Hätte man mir die Wahl gelassen, hätte ich sofort mit dir den Platz getauscht." Er rückt näher zu mir heran und nimmt meine Hand in seine. Ich bin zu weit in meine eigene Realität abgedriftet, um ihn daran zu hindern. „Jeden Tag habe ich dafür gekämpft."

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt