37.2. Sorrow And Salvation

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Ein amüsiertes Grinsen breitet sich auf Johannas Lippen aus, doch gleichzeitig verengt sie ihre Brauen zu einer unzufriedenen Geste. „War Haymitch nicht da, um dich abzuholen?" Während sie spricht, deutet sie mit ihrer rechten Hand auf das Fußende des Bettes. Ich weiß natürlich, was sie mir damit sagen will, also setze ich mich vorsichtig, um ihr nicht wehzutun. Schließlich habe ich keine Ahnung, wie schlecht es ihr tatsächlich geht. Johanna war schon immer gut darin, ihren Schmerz zu verstecken.

„Er war einmal da, aber ich habe ihn fortgeschickt. Er hat zwar versprochen, wiederzukommen, aber seitdem habe ich ihn nicht nochmal gesehen." Ich zucke mit den Schultern. Seinen Namen auszusprechen bereitet mir nach wie vor Schwierigkeiten. Johanna weiß davon. Sie reitet nicht weiter darauf herum. Sie schüttelt nur den Kopf.

„Er hängt bestimmt in irgendeinem Meeting fest."

„Meine Ärztin nennt ihn immerzu General Abernathy."

Johanna prustet los und zuckt im nächsten Augenblick zusammen. Ihre Finger umklammern ihren Bauch. Dann bin ich wohl nicht die Einzige, mit gebrochenen Rippen. Ihr Bruch muss komplizierter sein, wenn sie immer noch solche Schmerzen hat. Ich ignoriere ihre Bewegung und nicke nur. „Während wir um unser Leben gekämpft haben, wurde dieser Bastard einfach zum General ernannt."

Sie regt sich nicht wirklich darüber auf. Es ist nur ihre Art, die Dinge zu verarbeiten, die uns passiert sind: Überspielen und die Aufmerksamkeit auf Banales lenken. „Wie geht es dir, Johanna?"

Die junge Frau zuckt mit den Schultern und kneift dann die Augen zusammen. Sie sieht so viel älter aus als 21. Sie sieht so gezeichnet aus vom Leben, als hätte sie Jahrhunderte Lebenserfahrung. Als hätte sie ein schreckliches Leben hinter sich, voller Angst, Schmerz und Tod. Die meiste Zeit ignoriere ich den Blick in ihren Augen, wenn sie es nicht schafft, die Barriere aufrechtzuerhalten, die ihre Emotionen unter sich vergräbt. Manchmal kann ich aber nicht anders, als mich zu wundern, wie sie es überlebt, mit allem klarzukommen was sie erlebt hat. Ich weiß, dass ich es nicht könnte.

„Die beiden Friedenswächter haben sich alle Mühe gegeben, mir den letzten Tag zur Hölle zu machen", spottet sie. „Doof nur für sie, dass sie mich schon in unserer Zelle ausgenockt haben und ich erst zum großen Finale wieder zu Bewusstsein gekommen bin." Sie hebt ihren gegipsten Arm und wedelt kurz damit in der Luft. Ich kann nicht anders als mein Gesicht vor Abscheu zu verziehen.

„Wusstest du, dass sie uns in der Nacht holen kommen würden?"

Johanna schüttelt den Kopf und starrt an mir vorbei in die Ferne, als versuche sie, alte Erinnerung vor ihrem geistigen Auge hervorzurufen. „Ich habe gehofft, dass sie zu irgendeinem Zeitpunkt kommen würden. Das war Teil des Plans. Nur keiner wusste wann genau. Es musste zum Rest des Rebellenplans passen, alternativ wenn eine Befreiung unumgänglich wurde." Dann grinst sie wieder. „Wie ich höre war Letzteres der Fall. Peeta hat deinem Mädchen wohl zu sehr gefehlt." Ein Schnauben verlässt ihre Kehle.

Ich brauche etwas Zeit, bis ich begreife, dass sie Katniss meint. „Geht es ihnen gut? Hast du sie gesehen?"

„Ich habe weder Katniss noch Peeta gesehen. Peeta soll es richtig mies gehen. Keine Ahnung was genau sie mit ihm gemacht haben, aber wie ich höre, können wir beide dankbar sein, so ungeschoren davongekommen zu sein."

Ihre Antwort sträubt mir die Nackenhaare. Ich öffne den Mund, um nachzuhaken, aber Johanna winkt ab. Plötzlich wirkt sie unglaublich müde. Sie schließt kurz die Augen, lehnt sich zurück in ihre Kissen und drückt dann einen Knopf hinter ihr an der Wand. Sofort beginnt eine durchsichtige Flüssigkeit durch den Venenkatheter in ihren rechten Arm zu fließen. Ein beruhigtes Seufzen verlässt ihre Lippen. Jetzt beginne ich zu verstehen, was Haymitch meinte.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt