43.2. Stay Who You Were Before

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Als wir die Krankenstation hinter uns lassen, fällt mir das Atmen etwas leichter. Wir durchstreifen die Korridore von Distrikt 13, bis wir Haymitchs Wohnkomplex erreichen. Er sagt kein Wort, als er die Tür hinter mir schließt und ich mich auf eines der Betten fallenlasse. Die Uhr an meiner Hand beginnt erneut zu piepsen und meine Finger scheitern in dem Versuch, sie von meinem Gelenk zu entfernen. Haymitch, der kurz ins Bad verschwunden ist, kehrt mit einem Glas Wasser zurück, das er auf den Nachttisch neben das Bett stellt. Dann kehrt er zurück zu mir, kniet vor mir und umfasst meine Hand mit seinen.

„Du hast eine Panikattacke", sagt er und hilft mir dabei, die Uhr zu entfernen. Ihr schriller Ton schnürt mir die Kehle zu, auch wenn ich nicht sagen kann, weshalb.

„Sie wollen dich in der Zentrale", versuche ich hervorzubringen, aber ich kann meine Worte selbst kaum verstehen. Jede Faser meines Körpers zittert. Ich kann nichts dagegen tun. Ich kann mich nicht beruhigen. Alles, was ich auf die Reihe bekomme, ist meinen Kopf zu heben, um Haymitchs Augen zu begegnen. Er sollte mich nicht so sehen. Und doch kann ein kleiner Teil von mir, der nicht von der Panik übermannt wurde, nicht anders als sich darüber zu wundern, dass er genauso zu leiden scheint. Er sieht aus, als würde er ebenfalls gleich den Verstand verlieren.

„Zur Hölle mit ihnen", brummt Haymitch und wirft die Uhr quer durch den Raum. Das Geräusch verstummt als das Gerät die Wand trifft. Dann drückt er mir das Glas in die Hand. „Trink etwas."

Unsere Finger berühren sich, als er mir das Wasser reicht. Sie haben nicht aufgehört zu beben. Ich trinke einige Schlucke, doch mein Magen zieht sich warnend zusammen. „Ich kann nicht."

Haymitch nickt nur und stellt das Glas wieder auf den Nachttisch. „Ich habe dir doch gesagt, dass es keine gute Idee ist, mit Peeta zu reden."

„Du hattest Angst, dass er mir wehtun wird", korrigiere ich ihn und kann das schwache Gefühl des Triumphes in meiner Brust nicht ignorieren. „Ich habe es geschafft, zu ihm durchzudringen."

„Schau dich an, Süße", erwidert er seufzend, setzt sich neben mich auf das unbenutzte Bett und nimmt mein Gesicht in seine Hände, während er mich eingehen betrachtet. „Er hat dir wehgetan."

„Ich habe schon Schlimmeres erlebt."

„Ich hasse es, wenn du anfängst so zu reden", zischt Haymitch in eiskaltem Ton und presst seine Hände stärker gegen meine Wangen. Ich hebe die Augenbrauen und er fährt fort. „Hör auf damit, jeden Schmerz, den du erlebst, mit dem zu vergleichen, der dir im Kapitol angetan wurde. Ja, es war die Hölle, allein wenn ich höre, was Peeta gesagt hat, habe ich das Bedürfnis sie alle umzubringen. Aber tu nicht so, als würde dieser neue Schmerz nichts weiter sein als ein blöder Zwischenfall. Er tut vielleicht nicht so weh, wie dein alter Schmerz, deshalb ist er jedoch nicht weniger wichtig."

Ich starre ihn an, unfähig etwas auf seine Worte zu erwidern. Für einen Moment ist das Chaos in meinem Körper vergessen. Haymitchs Gesicht ist nur Zentimeter von meinem eigenen entfernt und ich sehe den Sturm, der in seinen grauen Augen tobt.

„Hör auf damit, deinen Schmerz zu ignorieren, nur weil du schon Schlimmeres durchgemacht hast. Rede mit Johanna oder rede mit mir, wenn du das möchtest, aber verdränge ihn nicht. Du bist eine der stärksten Menschen, die ich kenne, Süße. Du hast eine Menge Bullshit mitgemacht und an vielem bin ich nicht ganz unschuldig, aber jedes Mal, wenn du mit etwas konfrontiert wirst, was dir Schmerz bereiten könnte, setzt du deine Maske des Frohsinns auf und denkst, dass keiner die Risse bemerkt, die sie mittlerweile hat." Haymitchs Stimme zeugt von Wut, Frustration und Hilflosigkeit und mit jeder Silbe, die er spricht, nimmt das Pulsieren in meiner Brust zu. Er hat recht und mein Unterbewusstsein ist sich dem schon seit einer langen Zeit bewusst.

Figure It Out (Hayffie)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt