Kapitel 61 Teil 1

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Seither war gut ein Monat vergangen.

Haudrauf und Kotzbacke haben nach einer Woche versucht ihn ausfindig zu machen - erfolglos. Mitte - Ende der zweiten Woche hatten sie Astrid überredet, endlich von der Insel zu segeln, um eine bewohnbare Insel mit Nahrung zu finden. Es waren harte Zeiten. Nach den ersten drei Tagen auf See ging ihnen das Essen aus und am Tag darauf das Wasser - obwohl sie fünf Boote in Betrieb genommen hatten und jedes Boot genug Wasser und Essen für zwei Tage hätte haben sollen.
Entweder hatte jemand heimlich mehr gegessen als ihm zugeteilt worden war oder sie hatten sich vertan.
Sich den Kopf darüber zu zerbrechen hatte ihnen damals nicht geholfen und jetzt auch nicht.
Odin sei dank mussten sie nur einen Tag ohne Nahrung und Wasser auskommen, denn eine Insel kam an Tag fünf an einer relativ groß wirkenden, unbewohnten Insel an. Sie hatten sich gewundert, warum der Kurs sich verändert hatte. Einer pro Boot hätte wach sein müssen. Egal - wichtig war, dass sie heil angekommen waren
Die älteren Männer und Frauen gingen auf Erkundungstour, während der Rest geduldig ihr Lager für die Nacht aufschlug, Feuer machten und auf deren Rückkehr wartete. Astrid hatte ihre Tochter im Arm und wog sie sanft hin und her, während Raffnuss und Gaia versuchten die anderen Kinder in ihre Betten zu bekommen. Fischbein, Taffnuss und Rotzbacke standen um die Anlegestelle rum. Hielten Wache. Die Nacht war nämlich bereits angebrochen. Wie auch diese Nacht fiel es ihr schwer Schlaf zu finden.
Ihr Kopf dröhnte, sie übergab sich ständig und machte sich riesige Sorgen. Ihr Bauch war etwas gewachsen. Es wurde immer deutlicher, aber zu verstecken brauchte sich, die im vierten Monat schwangere junge Wikingerin nicht. Jeder wusste, dass sie ein Kind erwartete und alle, zumindest die, die zu jung waren um Hicks von klein auf zu kennen, wusste mittlerweile auch, was mit Hicks los war - und dass er verschwunden war. Nicht jeder war über die Wahrheit begeistert, aber sie lernten damit zu leben. So habe er ihnen doch schon oft geholfen.
Haudrauf und Grobian hatten ihr versichert, dass er wieder kommt und auch Hicks selbst tat es bevor er ging. Alles nur leere Versprechungen!
Astrid stand auf. Sie hatte sich mit der Kleinen im Arm ans Lagerfeuer gesetzt, um nicht zu frieren, aber sie war erschöpft.
Mit einem monotonen:,,Gute Nacht", ging sie auf ihr Boot. Sie teilte sich eines mit ihren Schützlingen und darüber war sie froh. So brauchte sie Nachts nicht so viel Angst zu haben. Obwohl es ihr nicht ganz recht war, dass ein Teil davon auf dem kalten Holzboden schlief. Es waren nicht genug Betten vorhanden, aber ihre Freunde bestanden darauf, dass sie und Alva ein Bett für sich allein erhielten. Gaia machte es sich in der Hängematte neben ihr bequem. Die Zwillinge, Saga und Valdis, schliefen in einem der beiden Betten. Neme und Rewa lagen vor Astrids Bett auf dem Boden. Nach Manikas, Ingas und Huldas Tod hatten sie alle versucht zusammen zu bleiben. Durch das Feuer wurden sie auseinandergetrieben, aber zum Glück waren ihre Schützlinge alle unversehrt.

Seit Hicks weg war, schlief die junge Mutter fast nicht und das bekam sie gut jeden Tag zu hören. Astrid spürte wie ausgelaugt ihr Körper und ihre Seele wirklich waren, machte sich allerdings nicht die Mühe daran etwas zu ändern. Wenn sie schlief, dann schlief sie, und wenn nicht, dann nicht.
Nachts, wenn alle zu Bett gegangen waren und auch ihr Kind neben ihr friedlich schlummerte, hatte sie immer die meisten Sorgen.
Es war ihr Moment. Der Moment in dem sie alles rauslassen konnte, was sie tagsüber unterdrückt hielt.
Meist weinte und schluchzte sie die ganze Nacht oder dachte bis zum einschlafen an ihren Mann.
Das Seltsame kam erst, wenn sie wieder aufgewacht war. Ein Gefühl der Wärme beschlich sie seit wenigen Tagen- als wäre in der Nacht jemand bei ihr gewesen.
Sie tat es ab, als wäre es nichts besonderes und nur ihr Körper der irre spielte.
Und so fing es auch diese Nacht an.
Sie schloss die Augen und war gerade dabei einzuschlafen, als sie, unmittelbar in ihrer Nähe, Geräusche vernahm.
Schritte - ein atmen. Sie tat als würde sie nichts hören, blieb ruhig und wartete was passiert.
Natürlich wusste ihr gegenüber, dass sie wach war. Ihr Herzschlag verriet sie.
Insgeheim rückte sie näher an ihr Kind um sie zu schützen und malte sich einen Plan sollte sie sich verteidigen müssen.
Alva bewegte sich. Sie kicherte leise. Astrid war verwirrt. Sie schlief doch gerade noch. Wirklich wissen, ob sie nicht eben wach geworden war, konnte sie vorher ja nicht. Astrids Augen waren ja geschlossen.

,,Daddyyy", sagte Alva und Astrids Herz blieb eine Sekunde stehen. Was hatte sie da gerade gesagt?
Wie der Pfeil einer vertikal gehaltenen Armbrust schoss sie in die Höhe - sah ihrem Gegenüber in die Augen.
Da stand er.
Seine Flügel und krallen waren verschwunden. Aber einige schwarze Schuppen zieren sein Gesicht. Seine Augen waren zu Schlitzen verengt.
Er wirkte gefährlich, aber das konnte Astrid nicht abschrecken. Ganz im Gegenteil. Sie stand auf, griff sich einen ihrer vorher ausgezogenen Schuhe und warf ihm den mit voller Wucht entgegen. Er tat und sagte nichts - ließ alles über sich ergehen. Alva verstand nicht was vor sich ging und fing an zu weinen. Astrids Schützlinge waren durch den Krach wach geworden. Hielten sich geschockt die Hand vor den Mund oder waren froh ihn wieder zu sehen. Neme und Rewa deuteten den anderen, dass sie leise an Deck gehen sollen. Das Ehepaar hatte einige Dinge zu klären.
Astrid nahm Alva und übergab sie Rewa. Zuerst sträubt sie sich, aber dann sah sie den finsteren Blick ihrer Mutter und ließ sich freiwillig nach oben tragen.
Astrid war ruhig - schon fast zu ruhig.
Die Tür schloss sich und das Paar war alleine im Raum.
Keiner der Beiden sagte etwas. Das Kerzenlicht im Raum flackerte ruhig.
Hicks wusste nur zu gut, dass er sich warm anziehen konnte.
,, Ich weiß, dass d-", versuchte er die Stille zu durchbrechen, aber Astrid sah das anders. Für sie war es eine störende Unterbrechung der Pause, bevor der große Sturm hereinbrach.

,,HALT DEN MUND! DU ZU GROß GEWORDENER, KINDLICHER - ACH WAS WEIß ICH! Hast du überhaupt eine Ahnung davon, wie sehr sich jeder hier um dich gesorgt hat?! Wo zum Geier warst du und warum warst du einen Monat lang verschwunden?!!"

Sie ging auf ihn zu. Eine Hand hatte sie auf ihre Hüfte gestützt, während sie den Zeigefinger der anderen Hand- es war die Linke - auf seine Brust platzierte.

Zu Wort kommen konnte er nicht.
Dafür war Astrid viel zu aufgebracht - und das wusste Hicks.
Seine Frau war nicht oft so, aber wenn es soweit war, dann half ihm nichts und niemand.
Er wusste, ihren Gefühlen freien Lauf zu lassen, war gut für sie - nicht unbedingt für ihn- aber er hatte es verdient.



Monster Inside Me - Hiccstrid❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt