Kapitel 30

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»Lasst mich los ihr dreckigen Mistkerle! Ich will zu Hicks«, schrie sie lauthals, während zwei der Bande von Jägern, welche die blonde Wikingerin entführt hatten, sie hinter sich herzogen. Ihr Kleid und ihr Haar klebte an ihr, als sich die Neunzehnjährige verfluchte, keine Leggins angezogen zu haben.
»Schrei hier nicht so rum Astrid!«, erklang eine rau klingende, tiefe Männerstimme. Astrid verzog grimmig ihr Gesicht.
Ihr Blick schnellte zum großen dunkelblonden Mann direkt neben ihr, während sie verzweifelt versuchte sich zu befreien. Der Mann war ihr verhasster Vater. Die Abneigung gegen ihren Erzeuger war kaum in Worte zu fassen, so enorm war sie.
»Bevor du mich nicht frei lässt, werde ich meinen Mund nicht halten. Da kannst du tun was immer du willst, Vater!«
Das letzte Wort spuckte sie ihm schon fast entgegen. Für Ludwig ein deutliches Zeichen dafür, dass sie keinen Respekt mehr vor ihm hatte. Zu gerne hätte er ihr die Angst vor ihm wieder eingeprügelt, so wie er es damals schon getan hatte und so wie es sein Vater auch bei ihm getan hatte, aber ihm waren die Hände gebunden.
Er ballte die Fäuste, riss sich zusammen und blieb stumm.
Die blonde Frau bewegte ihre Arme, verweigerte es, auch nur eine Schritt weiter zu gehen, ließ sich auf dem Boden herschleifen und schrie um sich. Sie musste wieder zurück. Hicks lag dort verletzt und dem Unwetter hilflos ausgeliefert.
Der Himmel hatte sich verdunkelt und der kühle Wind blies ihnen Schubweis ins Gesicht. Die Griffe um ihre Arme verstärkten sich und Astrid quietschte schmerzerfüllt auf. Zu ihrer Linken schrie ihr Jäger Nummer eins ins Ohr, sie solle gefälligst weiter gehen und sich nicht zieren, während der Zweite nur prustete. Sie knurrte, säuerlich. Ihr Vater, der sie nur mit einem schäbigen Lächeln musterte, blickte nach vorne. Seine Hände waren hinter seinem Rücken versteckt und sein Körper angespannt. Astrid wusste, dass er sie, wenn er könnte, schon längst umgebracht hätte. Die Wut auf seine Tochter war ihr nicht verborgen geblieben, aber er durfte die Beherrschung nicht verlieren. Astrid galt als Ware und die durfte nicht beschädigt werden.
Der Regen prasselte unaufhaltsam auf sie nieder. Er war stärker geworden.
Die lasurgrünen Grashalme auf dem Boden und die einzelnen maigrünen Blätter der bunten Blumen und Äste wehten ohne zur Ruhe zu kommen umher.
Astrid blinzelte, als ihr Blick auf ein kleineres Boot fiel, welches im Meer von den Wellen hin und her geschaukelt wurde. Sie drehte ihren Kopf, um einen Blick auf den Wald zu erhaschen, durch den sie eben gegangen waren, bevor sie sich wieder dem kleinen Gefährt widmete. Ihr Herz schlug ihr bis zur Kehle.
»Du wirst deinen zukünftigen Mann lieben, er ist  vom Charakter her das exakte Ebenbild meinerseits«, sprach Ludwig.
Astrid kniff die Augenbrauen zusammen.
»Dem möchte ich nicht mal ins Gesicht sehen, wenn der so ist wie du. Ist ja schrecklich!«, nuschelte sie patzig. Die restlichen Jäger befanden sich, soweit Astrid mitbekommen hatte, bereits an Bord. Durch ihren Wiederstand verzögerte es sich bei ihr jedoch.
Ludwig drehte sich zu ihr um und stellte sich neben sie, wobei er einen der beiden Männer, die sie festgehalten hatten, wegschickte. Diese Freiheit machte sich die junge Wikingerin zu eigen und schlug dem der sie noch festhielt ins Gesicht, woraufhin er sie weg stieß und sich mit einem lauten Schrei zurückstolperte. 
Grinsend schnappte sich Astrid das Schwert des Mannes und stieß diesem den Eisenen Griff  mit voller Wucht zwischen die Rippen. Mit schmerzverzerrtem Gesicht ging er zu Boden und hielt sich die geschlagenen Stellen. Eine schwungvolle Umdrehung später und Astrid ging in Kampfstellung. Mit dem rechten Bein machte sie einen Schritt nach vorne, während sie die Silber schimmernde Klinge, mit beiden Händen fest umklammert, vor sich hielt. Ihr Gewicht verlagerte sie nach Hinten auf das linke Bein und neigte ihren Oberkörper etwas. Von ihrem Kampftraining mit Hicks war nicht viel hängen geblieben. Das Ganze war auch schon sechs Jahre her. Aber ein paar Kleinigkeiten hatte sie sich noch merken können.
Der Staub wirbelte in der Luft, während ihr nasses, blondes Haar an ihr klebte. Den Blick starr an ihren Vater gewandt, atmete sie ruhig ein. Der abgelöste Jäger zog seine Keule, um auf Astrid loszugehen. Ludwig  hielt ihn, mit einem amüsierten Blick, davon ab.  »Die gehört mir«, brummte er, woraufhin sich der Jäger seinen niedergeschlagenen Partner griff und mit dem zur Seite trat.
Der ältere Mann fand es interessant, wie sehr sich seine Tochter ihm zu wiedersetzen schien. Kurzerhand zog er sein Schwert.

Astrid rümpfte die Nase.
Sie wusste, dass sie gegen ihren Vater kaum eine Chance hatte, aber einen Versuch war es wert. Sie drehte ihre Fuß etwas nach innen, stieß einen Kampfschrei aus und schlug zu. Ein lautes, klirrendes Geräusch ertönte, was Astrid einen Adrenalinschub versetzte. Immer weiter, machte die junge Frau einen Schritt zurück, wenn sie zu nahe war und schlug erneut zu, aber ihr ging die Luft nach kurzer Zeit aus. Zu lange hatte sie nicht mehr trainiert und somit war auch ihre Ausdauer fort. Ihre Kleidung fing an, unter diesem Kampf zu leiden und so bildeten sich Risse und Schnitte.
Unbeindruckt lachte Ludwig.

»Wie jämmerlich! DU bist eine Hofferson Astrid! Auch ohne ständiges Training solltest du in der Lage sein, jeden zu besiegen  so, wie ich es kann! Ein wahrhaftiger Krieger kämpft und siegt! Er wird dazu geboren, Tochter!«
Wie er soetwas nur sagen konnte. Scheer atmend versuchte sie, ihm das Schwert in den Bauch zu stoßen, aber er parierte.

»Kraft ist nicht alles! Ein wahrer Kämpfer kämpft für die die er liebt und wenn es den Tod bedeuten mochte!«
Weitere Schwerthiebe darauf, schnaubte Astrid erschöpft auf.
Der weiche Untergrund machte es ihr umso schwerer, die kräftigen Hiebe ihres Gegners zu blocken. Ihnen auszuweichen war ihr unmöglich - dafür bewegte sich Ludwig zu präzise.
Als sie erneut Zuschlag geschah es. Ihre Klinge landete im Sand, drei Meter von ihr entfernt. Mit entsetzter Miene sah sie zu ihrer Waffe, bevor sie einen festen Griff an ihrem Hinterkopf spürte. Er hatte ihr Schwert mit einem gekonnten Schlag entnommen, war auf sie losgestürmt und hatte ihren Hinterkopf, samt Haare gepackt.

»Man muss dir lassen, Mut hast du, aber du bist schwach«, sagte er ruhig und riss sie an ihren Haaren grob hoch. Ihre Füße baumelten in der Luft, während sie gequält aufschrie und die kurz Luft anhielt. Mit rasendem Herzen strampelte sie in der Hoffnung, sich befreien zu können. Ludwigs Blick fiel auf Astrids rotes Kleid. Es war im Kampf ramponiert worden. Da kam ihm eine Idee.
Er drückte sie mit dem Gesicht voraus in den Sand, während er den weinroten Saum packte und ihn ihr mit mehreren Rücken vom Leib riss. Astrid schrie gedämpft und versuchte sich zu wehren.
Seine Handlanger sahen dem Geschehen nur zu und staunten nicht schlecht, als Ludwig, nachdem er sie entblößt hatte, von ihr abließ und die zerrissenen Fetzen im Sand neben ihr liegen ließ.
Astrid hob ihren Kopf und holte tief Luft, während ihr einzelne Tränen die Wangen entlang rollten. Verletzt war sie äußerlich nicht, aber innerlich kratzte ihr Schamgefühl an ihrem kleinen Ego.

»Krallt sie euch und schafft sie auf das Schiff. Die Gäste werden sie mit Freuden empfangen. Da sehen sie auch direkt, was ihnen geboten wird, aber sorgt dafür, dass niemand über sie herfällt, bevor er nicht bezahlt hat. Verstanden?«,

»Verstanden!«
Grob packten sie das arme Mädchen an beiden Armen und hoben zerren sie auf dir Beine. Mit zitternden Händen, hallte sie ihre Fäuste. Ihre Wangen färbte sich rot. Sie fühlte sich gedemütigt. Wenn sie daran dachte, dass sie jeden Augenblick noch mehr Menschen so ansehen konnten, wurde ihr kotzübel.
»Wie auch immer du es geschafft hast dich da unten zu rasieren, gut gemacht. Das kommt besser.«
Ludwig lachte und drehte sich um. Wenn er sie nicht zurechtstutzen konnte, sorgte er dafür, dass sie sich entblößt und gedemütigt fühlte. Sie zu entkleiden schien ihm da eine gute Idee gewesen zu sein. Außerdem wusste er, dass Hicks sie retten wollte und wenn er das zu Gesicht bekommen würde, würde er ausrasten.
Das konnte sich der ältere Wikinger nicht entgehen lassen.

»Arschloch«, knurrte sie und blickte auf den Boden.

So wurde Astrid auf das Schiff gebracht.

Monster Inside Me - Hiccstrid❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt