Kapitel 60 Teil 4

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Für einen winzigen, aber gleichzeitig unendlich lang wirkenden Augenblick war es still um das junge Paar. So still, dass das näher rückende Donnern eines aufkommenden Unwetters zu hören war.
Astrid sah erschrocken an die Holzdecke des Schiffes. So, als würde sie durch die Schicht aus Holz und Gestein hindurch sehen und direkt in den Himmel blicken. Sie hasste Donner. Sie hasste ihn so sehr, dass sie sich bei jedem Unwetter - egal welcher Größe- unter der Decke versteckte und Hicks sie mit streichelnden Gesten und Gesang beruhigen musste. Ein altes Trauma war der Auslöser dieser Phobie.
Ihr Onkel soll vor ihren Augen vom Blitz getroffen worden sein als sie noch klein war. Sie selbst war dabei zurück geschleudert worden. Vor lauter Schock war sie eine Woche lang blind gewesen. Astrid hatte es verarbeitet, aber die Furcht nie ganz überwunden.
Er roch ihre Angst förmlich.
Auch, wenn sie versuchte es zu verdrängen. Und genau deshalb tat er, was er immer in dieser Situation tat. Er setzte sich zu ihr, nahm sie in die Arme und streichelte ihren Rücken.
Zaghaft schlang sie ihre Arme um ihn und vergrub ihr Gesicht in seine nackte Brust. Er müffelte irgendwie, aber sie entschloss sich dazu es zu ignorieren. So war seine bloße Anwesenheit bereits ein großer Segen. Sie sah, mit Kerzenlicht als Lichtquelle, nicht viel von ihm, aber zu sehen brauchte sie ihn nicht notgedrungen. Es reichte ihr zu spüren, dass er da war. Seine Augen leuchteten grün. Ein Zeichen dafür, dass seine Sinne scharf gestellt sind.
Ihr Herz schlug schnell. Ein Lächeln huschte ihr über die Lippen.
Das machte er, um ihr etwas mehr Sicherheit zu geben und Bedrohungen um die Höhle direkt bemerken zu können. Alva war bei ihrem Großvater und Grobian in sicheren Händen. Die zwei Älteren unterhielten sich in diesem Moment über das junge Ehepaar. Alle Anderen schliefen.
Da Hicks noch nicht knurrend aufsprang, konnte Astrid davon ausgehen, dass keinerlei Bedrohung vorlag.

,,Unser Gespräch ist noch nicht vorbei. Hast du mich gehört, Mister? ", schnaufte sie und er nickte, während er die Felldecke über ihren Körper legte. So leicht kam er nicht davon - und das war ihm auch bewusst.
Hicks schob einen Arm unter Astrid und legte ihn um ihre schlanke Taille, während er mit der anderen Hand immer noch ihren Rücken streichelte. Seine Flügel störten ihn, durch seine seitliche Lage, nicht sonderlich. Für seine Frau waren die zwei Paar schwarz ledriger Flügel auf dem Rücken ihres Gatten gewöhnungsbedürftig.

,,Ich weiß, Liebling", antwortete er ihr leise und verstärkte den Griff um ihre Taille. Dicht aneinander gekuschelt lagen sie da. In aller Stille lauschten sie dem lauter werdenden Donner. Obwohl Astrid mit Sicherheit etwas Anderes getan hätte als jede Minute, wegen des grässlichen Unwetters, zusammen zu zucken.

Wieder diese Stille.

,,Ich freue mich auf das Baby", begann Hicks, aber Astrid wollte auf diese Konversation noch nicht eingehen, da ihr eigendliches Thema so nur untergegangen wäre. Mild lächelnd ging sie zum nächsten Thema über.

,,Wann musst du gehen?"

Sie hatte nicht vor ihm zu verzeihen, was er die letzten drei Tage abgezogen hatte, aber ihr war auch bewusst, dass sie ihm nicht ewig böse sein konnte. Sein Verschwinden war, wenn sie so darüber nachdachte, gut begründet.
Sich zu verstecken und das Ende seiner Verwandlung abzuwarten, bis er wieder normal war. - das alles nur, damit es keinen Aufruhr gibt und seine Familie sicher war.
Zugegeben: eine wahrhaft heroisch süße Tat, aber sie brachte Risiken mit sich.

,,So bald wie möglich. Bis Sonnenaufgang ist es nicht mehr lang und ich will nicht gesehen werden."
Er war unruhig und das bemerkte sie.
Sie nickte stumm, sagte allerdings nichts.

,,So ziemlich alle sind wach geworden, aber keiner nähert sich."
Wieder nickte sie ohne ein Wort zu sagen, beließ es allerdings nicht dabei. Mit wachsender Unruhe fragte sie ihren Mann, was mit ihrer Tochter sei und Hicks lächelte sanft. Nach seinem Vater, Grobian und seiner Tochter hatte er zu aller erst gelauscht - Insofern man das so sagen konnte. Sie waren wach und haben sich in den Höhleneingang gesetzt, um nicht nass zu werden, aber ihnen ging es gut.
,,Alles gut. Vater und Grobian spielen mit ihr. "

Sie atmete erleichtert aus, schloss die Augen und lauschte seinem Herzschlag.
Eine Stunde später war sie eingeschlafen. Das Gewitter war verschwunden und die meisten waren erneut zu Bett gegangen. Es war Zeit für ihn zu gehen.
Astrid hatte sich zwischenzeitlich einmal rum gedreht und lag mit dem Rücken zu ihm, während sie die Felldecke knuddelte. Er hatte die Zeit über ihren Bauch gestreichelt und sich Vorwürfe gemacht. Wäre sein Aussehen bloß der einzige Grund, warum er fern bleiben musste. Er konnte es ihr nicht sagen, so sehr er sie auch liebte.
So leise wie möglich stand er auf und entfernte sich von seiner Frau.
Hicks schlich nach draußen. An seiner, wieder schlafenden Tochter und den beiden anderen Wikingern vorbei, aber er wusste dass Grobian und Haudrauf nur die Augen geschlossen hatten.
,,Pass auf dich auf, Jungchen", war das Einzige, was er hörte, bevor er im tiefblauen der Nacht verschwand.

Monster Inside Me - Hiccstrid❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt