Kapitel 27 Teil 2

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Ihre Wangen zierte ein sanftes Rot. Sie drückte sich an Hicks Brust und sah dem Oberhaupt ihres ehemaligen Heimatdorfes direkt in die Augen. Also noch peinlicher ging es nicht.
Schlimm genug war, dass Haudrauf hier war, aber dass er seinen Sohn und Astrid zusammen nackt im Bett vorfand, war beinahe schon grenzwertig. Die junge Wikingerin wäre am Liebsten im Boden versunken. Hicks streichelte gelassen ihren Arm. Für das, was sein Vater ihm angetan hatte, lag Astrids Freund zu ruhig neben ihr. Wäre sie in seiner Situation gewesen, hätte sie ihm nie verziehen. Aber es war ihr Hicks über den sie hier nachdachte. Er war schon immer der Typ von Wikinger, der sich in Ruhe anhörte, was man zu sagen hatte, hatte man es sich mit ihm verscherzt.
Eine einfache Entschuldigung reichte dem Braunhaarigen gewiss nicht. So leicht ließ er seinen Vater damit nicht davon kommen. Hicks wusste, dass das nicht alles gewesen war. Er wusste, dass sein Erzeuger ihm noch etwas verschwiegen hatte, das sagte ihm sein sechster Sinn - und er wollte wissen, was es war. Stumm, drückte er Astrid von seiner Brust und stand auf. Das rote Kleid, welches sein bestes Stück bis vor kurzem verdeckt hatte, fiel wie eine Feder zu Boden und landete vor seinen Füßen. Astrid hielt die Luft an und errötete, beim Anblick von Hicks' knackigem Arsch, mehr. Sie konnte es nicht fassen, dass er sich tatsächlich traute, nackt vor seinem Vater zu stehen und dann auch noch so seelenruhig da stand, als wäre es das normalste der Welt. Gar nicht auszudenken, was passiert wäre, würde sie an seiner Stelle sein. Astrid fragte sich innerlich, ob ihm das nicht schrecklich peinlich war. Die Antwort war: Nein. Hicks war es relativ egal, wie sein Vater ihn sah. Nackt oder mit Klamotten. Er war sein Vater und hatte ihn als Baby tagtäglich nackt gesehen. Insofern er seinen Sohn mal nicht an Grobian abgeschoben hatte, damit er seiner Rolle als Stammesoberhaupt nachgehen konnte. Emotionslos sah der mit den smaragdgrünen Augen ihn an, während er zur erloschenen Feuerstelle ging, an der sein Stuhl mit seinen Klamotten stand und seine zerfetzte Hose erfasste. Haudrauf hingegen musterte ihn sichtlich verwirrt. Seine Augen hafteten an Hicks' „Juwel”.
OK, anscheinend hatte Hicks wohl doch was von ihm geerbt, dachte er sich, schluckte kräftig und sah wieder an ihm hinauf. Sein Blick blieb auf Hicks' verwundetem Oberarm hängen. Ein gewisses Gefühl machte sich in ihm breit. Haudrauf machte sich Sorgen um seinen Sohn - obwohl er dazu kein Recht hatte. Er hatte sich in den Jahren davor auch nicht um ihn gesorgt, also warum jetzt?

Seinen Körper zierten einige bereits verheilende Schrammen und diese schlimme Wunde am Oberarm. Sie sah schon älter aus, schien aber immer wieder aufgerissen zu sein. Er wusste, sie musste schnellstmöglich behandelt werden, schwieg  aber vor seinem  erwachsenen Sprössling. Hätte Hicks eine Behandlung gewollt, hätte er es bereits erwähnt oder um Hilfe gebeten. Nachdem sich Hicks seine Hose und sein Shirt angezogen hatte, drehte er sich zu seinem Vater um und ging wieder zum Bett, in dem seine Freundin mittlerweile aufrecht saß und sich den Stoff vorhielt. Er bückte sich, hob ihr Kleid auf und reichte es ihr mit einem milden Lächeln auf den Lippen. Vor seinem Vater brauchte sie nun wirklich nicht nackt zu sein. Diese Ehre gebührte nur Hicks und außerdem war es ihr unangenehm, das war ihr anzusehen. Ihre roten Wangen und das zurückhaltende Verhalten hatten sie verraten. Wem war es bitte nicht peinlich nackt vor dem Vater des Freundes zu sein?
Sehen konnte er sie zwar nicht, da sie ja bedeckt war, aber alleine die Vorstellung daran, reichte Astrid.
Er schnappte sich den Stoff, den Astrids Körper bedeckte und stellte sich vor sie, damit man sie nicht sehen konnte, während er den blauen Stoff vor ihr ausbreitete, um ihr beim Anziehen etwas Privatsphäre zu verschaffen. Sie sah ihn lächelnd an und streifte sich das Kleid über, nachdem Hicks seinen Blick abgewandt hatte. Dieser drehte seinen Kopf etwas weg und sah das Stammesoberhaupt aus dem Augenwinkel an. Mehr konnte er nicht sehen, er stand mit dem Rücken zu seinem Vater.

»Und jetzt spucks aus. Warum bist du noch hier, Vater?«

Haudrauf runzelte die Stirn, während er auf die Holzdecke über ihm sah und seufzte. Das sein Sohn ihn so schnell durchschaut hatte, erstaunte ihn regelrecht. Aber was hatte er schon anderes erwartet? Er war zur Hälfte Tier.
Es war ruhig. Es war, als würden sie durch Telepathie miteinander kommunizieren, ohne einander wirklich anzusehen. Nur mit dem Unterschied, dass sich die beiden nicht verstehen konnten. Der Keil zwischen ihnen steckte so tief.

Monster Inside Me - Hiccstrid❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt