Kapitel 1

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Vor Erschöpfung schnaufend lief sie immer weiter und weiter. Der Mond stand schon relativ hoch, warf aber nur begrenzt Licht auf den von Bäumen und Sträuchern umschirmten Boden.
Ihre Verfolger waren ihr dicht auf den Fersen - das wusste sie - aber Astrid ließ sich davon nicht beirren. Wissend, dass sie so gut wie tot war, sollte sie aufhören um ihr Leben zu laufen, sah sie sich um, während sie einem Ast mit Mühe und Not auswich.

Sie sprang gekonnt über einen abgebrochenen Baumstamm und bog dann links ab. Wo sie sich befand wusste Astrid nicht.
Die junge Wikingerin hatte nicht damit gerechnet von Jägern attackiert zu werden und hatte vor lauter Aufregung ihre Axt neben ihrem Bett stehen lassen. Das machte sie normalerweise nie, aber heute war ein ganz besonderer Tag im Leben der blonden Wikingerin. Heute war sie genau neunzehn Jahre alt geworden und heute war der Tag an dem sie ihren alten Freund Hicks wieder finden würde. Hicks wurde vor etwa 5 Jahren aus dem Dorf verbannt - für etwas, was er nie getan hatte wohlgemerkt.
Alle hielten ihn für ein Monster, jagten ihn davon, beschämten und beschimpften ihn - nur Astrid war auf seiner Seite. Nie hatte sie auch einen Gedanken daran verschwendet ihn als ein Monster zu betrachten und hatte ihn auch nicht dafür beschuldigt etwas schlimmes verbrochen zu haben.
Sie wusste, dass er es nicht war. Sie vertraute ihm und kannte ihn besser als jeder andere auf dieser Insel.
Astrid war seine beste Freundin gewesen. Nichts hatte die beiden auseinander bringen können - zumindest nicht bis zu jenem Tag vor 5 Jahren.
Es hätte noch mehr aus ihrer Freundschaft werden können - da war sie sich sicher, aber soweit kam es nie.
Geküsst hatten sie sich bereits zwei mal und nie hatte sie dieses impulsive Gefühl gespürt als seine weichen Lippen auf ihre gelegt hatten. Und wie sie ihm danach auf die Schulter geboxt hatte, wusste sie auch noch. Es war ihr damals damals peinlich gewesen von ihm geküsst zu werden, denn eigentlich war sie die, die den ersten Schritt wagen wollte. Unsicher war die damals 14 jährige allemal - schließlich kannte sie sich nicht mit Liebe aus und wusste auch nichts von Hicks' Gefühlen für sie.

Astrid wusste von seinem sogenannten Fluch mit dem er seit er auf der Welt war kämpfte und sie war fasziniert von ihm gewesen.
Es war nicht so schlimm wie alle dachte. Er hatte halt einige zusätzliche Fähigkeiten wie extra Kraft, gute Reflexe und teils Nachtaktivität. Warum das so war wusste er nicht - aber sie beschlich schon vor Jahren, dass Gefühl, sein Vater wusste warum er so war. Das Stammesoberhaupt hatte es jedoch immer als Fluch bezeichnet.

Schnelle Schritte waren zu hören und das klappern der eisernen Waffen, welche sie mit sich trugen, verriet der blonden Wikingerin, wie nahe  ihr ihre Feinde bereits waren.
Astrid wusste, sie musste schnellstmöglich ein gutes Versteck finden, ehe ihre Kraft sie verließ. Der Tod wäre ihr damit gesichert, sollte dies nicht geschehen.

Schwer atmen zwängte sie sich durch einen weiteren, etwas verwachsen, am Boden liegenden Baumstamm über den sie nicht so  einfach hüpfen konnten. Ein Stück vom Ärmel ihres roten Kleides blieb hängen. Ruckartig riss Astrid daran, was ihrem Kleid ein Loch im Ärmel bescherte und lief so schnell sie nur konnte weiter.
In nicht all zu weiter Ferne konnte Astrid eine Eule hören. Sonst nahm sie aber nichts wahr. Sie war zu sehr damit beschäftigt sich bloß nicht von diesen Jägern fangen zu lassen. Astrids Lungen brannten und ihr Kopf drehte sich. Schon eine ganze Weile lief sie vor ihren Verfolgern weg, aber nie hatte sie sie abschütteln können.

Ein plötzlicher Schuss ertönte und ein stechender Schmerz durchzog Astrids linkes Bein. Unsanft fiel die junge Frau auf den erdigen, zum Teil mit groben Steinen und einzelnen Grasbüscheln bestückten Boden. Ein schmerzverzerrter Schrei war alles was sie zustande brachte, bevor sie auf ihr Bein sah, den Pfeil ohne weiter darüber nachzudenken aus diesem zog und schluchzen versuchte sich auf die Beine zu stellen. Aufgeben stand nicht zur Auswahl wenn ihr ihr Leben lieb war - das war ihr bewusst. Schwer atmend rappelte sich die 19 jährige auf und hunpelte einige Schritte voran, bevor sie auf die Knie fiel und auf dem Boden weiter krabbelte. Gehen konnte sie mit dieser Verletzung vergessen - zu tief saß der herausgezogene Pfeil.
Ein schwummriges Gefühl breitete sich in ihr aus und ihre Kraft begann zu schwinden.,,Betäubungsmittel", stellte sie fest, aber es war schwach dosiert, sonst wäre sie bereits umgefallen und hätte ihr Bewusstsein verloren.
Sie versuchte Ruhe zu bewahren, wusste aber, dass sie bereits verloren hatte.
Blut tropfte von ihrem Bein aus auf den Boden.
Die Schritte wurden lauter bis sie schließlich verstummen.

»Haben wir dich endlich!«,lachte einer der Männer, packte ihre halb offenen Haare und riss daran. Astrid versuchte seine Hand zu ergreifen, während ein erstickendes Wimmer ihrer Kehle entkam, ließ ihre Hand aber gleich wieder auf den Boden fallen., »Du hast uns ganz schön Anstrengung gekostet. Hartnäckigkeit gehört wohl zu deinen Stärken, Kleine.«

Gelächter ertönte und sie biss ihre Zähne zusammen. Heute war definitiv einer der Tage, an denen die am Boden liegende Wikingerin sich wünschte, ihre Axt bei sich zu haben. Aber sie hatte diese ja ausgerechnet heute nicht mitgenommen.

»Arschloch!«, knurrte sie.

Der Mann drückte ihr Gesicht an den Boden, während ein andere auf ihr Bein trat. Wimmernd zuckte sie zusammen, ließ sich davon aber nicht unterkriegen.

»Ich hoffe du hast noch etwas anderes als Tritte im Gepäck, denn langsam wird es langweilig. Unterhältst du deine Frau Zuhause auch so lasch!?«, lachte Astrid gequält und fing sich daraufhin einige heftige Tritte auf ihren rechten Unterarm ein. Astrid biss die Zähne zusammen, ballte ihre Faust und ließ sie alle über sich ergehen, während der Typ ihrer alle möglichen Schimpfwörter an den Kopf warf.

Wenn sie schon sterben musste, dann starb sie wenigstens mit ein paar netten Abschiedsworten, an ihre Mörder, auf den Lippen. Gerarschel drang an ihr Ohr, während sie gerade aus schaute und in ein paar smaragdgrünen, im Dunkeln schimmernden Augen blickte. Zuerst dachte Astrid, dass es die eines Tieres wären, aber dann erkannte sie ein Gesicht.
Wie gebannt sahen sie sich an. Astrids Augen fühlten sich plötzlich immer schwerer an und die Schmerzen waren kaum noch zu ertragen. Ihr Herz schlug schneller als sonst. Irgendwoher kannte sie diese Augen, aber die Schmerzen verzerrten ihren Verstand.

»Wollen wir mal sehen was du zu ein paar schönen Narben sagst«, konnte sie ihn noch sagen hören. Die grünen Augen verschwand und somit schwand auch ihr Bewusstsein.

Den Dolch welchen er genommen hatte hob er an und wollte Astrid gerade damit verletzen, als seine Hand plötzlich gepackt und nach hinten gedreht wurde.
Ein Unbekannter hatte ihn zu Boden  geworfen und seine Kameraden ohne Gnade niedergeschlagen. Sie waren natürlich nicht tot, das könnte er sich nie verzeihen und sowas tat er auch nie. Mit einem Schlag sorgte er dafür, dass auch der Mann der Astrid attackiert hatte  und den er gerade eben zu Boden gerungen hatte, bewusstlos und ließ von ihm ab.
Gähnend ging er auf Astrid zu  und hob diese hoch, nachdem er sie vorsichtig auf den Rücken gedreht hatte - und trug sie vom Ort des Geschehens weg.


Monster Inside Me - Hiccstrid❤️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt