Die letzten Tage bis zum 31.12 vergehen unglaublich schnell. Meine Snowboard-Fortschritte werden immer besser und die Stimmung innerhalb unserer kleinen Gruppe wird ebenfalls immer besser - wahrscheinlich, weil wir uns alle von Tag zu Tag mehr kennenlernen und damit auch automatisch besser verstehen.
Den 31. verbringen wir tagsüber alle getrennt - während Elisabeth es sich mit einem Buch, Kuchen, Tee und ihrer Yogamatte im Wohnzimmer gemütlich macht, beschließen Paul und Anna in die Stadt zu fahren und dort shoppen zu gehen.
„Und was machen wir heute?" fragt Frederik gut gelaunt und setzt sich neben mich auf den warmen Boden vor dem Kamin, wo ich gerade in einer Zeitschrift blättere. „Du kannst den Tag auch alleine verbringen, wenn du mal Pause von mir brauchst und Zeit für dich haben willst... immerhin sind wir irgendwie immer zusammen unterwegs" lächle ich leicht und schaue ihn an. „Warum? Ich verbringe gerne Zeit mit dir! Ich will nichts alleine machen" er knufft mich sanft in die Seite. „Ich will nur nicht, dass du dich verpflichtet fühlst" erkläre ich. „Nein, das tue ich nicht. Wenn ich dich nicht mögen würde oder du mir auf die Nerven gehst, weil ich die Nase voll von dir habe, würde ich nicht fragen. Also? Hast du auf etwas bestimmtes Lust? Ansonsten hätte ich einen Vorschlag" er zwinkert. „Tatsächlich?" ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Gib mir eine halbe Stunde Zeit und ziehe dir Badesachen an" weist er mich an und verschwindet. „Was um alles...?!" Murmel ich verwirrt und schaue ihm leicht Kopfschüttelnd hinterher. In der Tat kommt er eine halbe Stunde später zurück. „Hey! Warum bist du denn noch nicht umgezogen?" „weil ich ja gar nicht weiß, was mich erwartet!" ich stehe vom Boden auf und verschränke die Arme vor der Brust. „Ich habe mir sehr viel Mühe gegeben, also bitte mache das jetzt nicht kaputt und vertraue mir einfach! Ich ziehe mich auch gleich um!" er schiebt schmollend seine Unterlippe ein Stück raus und legt die Stirn in Falten. Ich seufze. „Ist ja gut!" ich gehe die Treppe nach oben und ziehe mir meinen Bikini an und einen Bademantel drüber. „Warte, ich ziehe mich auch schnell um" verkündet Frederik und geht jetzt ebenfalls nach oben. „Oh, was hast du denn vor?!" Elisabeth kommt mit einer Tasse Kaffee an mir vorbei auf dem Weg in die Küche. „Das weiß ich selber nicht" ich zucke mit den Schultern. „Aha. Na dann... ich wünsche dir trotzdem viel Spaß!" sie grinst und gibt mir einen Kuss auf die Wange. Fast zeitgleich kommt Frederik die Treppe wieder runter gesprungen. Er winkt mit kurz zu und ich folge ihm in den Flur. „Wird kurz kalt" grinst er und geht mir voraus aus der Haustür nach draußen. „Oh... also Eisbaden ist nicht so meins!" rufe ich ihm mit einem Mal hinterher und bleibe wie angewurzelt in der Tür stehe . Er lacht und streckt seine Hand nach mir aus. „Das steht auch nicht auf dem Programm! Komm!" er wartet geduldig und somit ziehe ich die Tür hinter mir zu, hole ihn ein, lasse mich von ihm an die Hand nehmen und mich ein Mal ums Haus herum ziehen, bis wir vor einer doch etwas größeren Gartenhütte stehen. „Oh wow! Ich wusste gar nicht, dass es noch weiter geht" zittere ich, während meine Zähne aufeinander klappern. „Schnell rein, hier ist es schön warm!" Frederik öffnet die Tür und lässt mich rein. Was mich drinnen erwartet, lässt mich an meinem Verstand zweifeln. Träume ich das nur? „Ich glaube das alles nicht...!" hauche ich und starre ungläubig von einem Ende des Raum zum anderen.
Frederik geht an mir vorbei zur Sauna, lässt seinen Bademantel auf den Boden fallen und hält mir die Tür auf. „Warum hast du denn nicht direkt erzählt, dass es das hier gibt?!" frage ich fast schon vorwurfsvoll, werfe meinen Bademantel zu seinem und gehe ihm voraus und die Kabine. „Man braucht ja auch ein paar unerwartete, schöne Dinge für schlechte Tage... wobei... heute ist ja gar kein schlechter Tag... also eben einfach mal so zwischendurch. Mach's dir bequem!" er schließt die Tür hinter uns und setzt sich neben mich. Ich lehne mich entspannt zurück und atme tief die warme Luft ein. „Saunagänge stärken die Psyche und unsere Muskeln" erklärt Frederik mir und lehnt sich ebenfalls zurück. „Aber nur wenn man es regelmäßig macht. Umso schlimmer, dass ich das alles hier erst nach knapp einer Woche kennenlerne!" seufze ich. Frederik grinst und fährt sich durch die Haare. Aus den Lautsprechern, die in die Decke eingebaut sind, kommt eine besinnlich-ruhige Yoga Musik. Das würde sicherlich auch Elisabeth gefallen. „Hier bleibe ich bis 23.55 Uhr. Dann können wir anstoßen. Oder wir stoßen einfach hier drinnen an" seufzte ich irgendwann. „Oh. Ich glaube, alle passen hier nicht rein... das würde ganz schön kuschelig werden" schmunzelt Frederik. „Na gut. Dann halt drinnen" lächle ich und strecke mich. „Wenn du es schaffst, so lange hier drinnen zu bleiben, hast du meinen allergrößten Respekt... und danach wahrscheinlich ein gesundheitlich-medizinisches Problem" entgegnet Frederik. „Dann kommst du während deinem Urlaub wenigstens nicht aus der Übung" ich öffne meine Augen wieder und zwinkere. „Na hallo? Ich frage dich doch auch keine Mathe-Formeln ab" schnaubt er, aber ich kann hören, dass er sich ein Lachen verkneifen muss. „Oh, erinnere mich nicht dran! Nur noch vier Monate, dann geht's los" stöhne ich theatralisch und lasse meinen Kopf gegen die Wand hinter mir sinken. „Ich habe keinerlei Zweifel, dass du dein Abitur nicht schaffen solltest!" Ich nicke und sehe, wie außerhalb der Kabine die Hüttentür auf geht. „Oh Mist, ich habe nicht abgeschlossen..." ärgert Frederik sich, steht auf verlässt die Sauna. Ich zucke nur leicht mit den Schultern und beobachte, wie Paul und Elisabeth rein kommen. Sie tauschen ein paar Worte mit Frederik aus, dem es sichtlich unangenehm ist, dass ausgerechnet die beiden den Weg hierher gefunden haben, und verschwinden dann wieder. „Alles gut?" frage ich, als Frederik wieder rein kommt und setze mich aufrecht hin. „Ach... die üblichen Kommentare..." „also wenn dir das alles zu viel wird... wir können auch wirklich weniger Zeit miteinander verbringen... ich kann bei Elisabeth oder auf dem Sofa schlafen, getrennte Abfahrten fahren,..." ich kann gar nicht erst aussprechen, da unterbricht Frederik mich. „Ach Quatsch! Das sehe ich gar nicht erst ein! Paul soll sich einfach wieder etwas einkriegen und dann passt das auch!" „er macht sich einfach Sorgen... nimm es ihm bitte nicht übel, er ist mein bester Freund!" bitte ich Frederik. „Das weiß ich doch. Und gerade das ist wohl auch der Grund, warum er so reagiert. Und ich kann es genauso verstehen. Nach allem was passiert ist... aber trotzdem wird man ja wohl noch gemeinsam Zeit verbringen dürfen... immerhin wohnst du bei mir" mault Frederik. „Ich rede morgen in Ruhe mit ihm. Okay?" Ich lächle aufmunternd und Frederik nickt. „Ich auch wenn wir wieder zurück sind. Immerhin sind er und ich ja auch befreundet - und das seit Jahren" seufzt Frederik. „Okay" ich schließe meine Augen wieder und versuche mich zu entspannen. Aber dass Paul sich immer mehr Sorgen macht, geht mir nicht mehr aus dem Kopf.
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Herztöne (3)
FanfictionGeschrieben: 2021 ••• Emilia ist gerade einmal 13 Jahre alt, da geben ihre Eltern sie aus unbekannten Gründen von heute auf morgen in ein Heim und zur Adoption frei. Der Schock sitzt tief, aber auch sie muss lernen, dass das Leben einfach weiter geh...