Vier Wochen später.
„Hey... ich wünsche dir ganz viel Glück für deine letzte Prüfung! Ich glaube an dich und du schaffst das! Ich bin stolz auf dich!... und für heute Abend habe ich eine Überraschung für dich" leise flüsternd verabschiedet sich Frederik Donnerstag morgens von mir, als er sich gerade auf den Weg zur Arbeit machen will. „Danke!" ich lächle im Halbschlaf leicht und drehe mich zu ihm um, um ihn zu umarmen. Er kniet neben mir auf der Matratze und riecht unbeschreiblich gut nach Duschgel und seinem Parfüm. „Bis später!" wiederholt er in unsere Umarmung rein und küsst mich auf den Hals. „Bis später! Ruhigen Dienst dir!" ich drücke ihn kurz an mich, dann lasse ich ihn wieder los. Er steht wieder vom Bett auf und verlässt das Zimmer. Wenige Minuten später höre ich die Haustür ins Schloss fallen. Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf, wühle kurz in meinem Nachttisch herum und hole den Schwangerschaftstest heraus, den ich seit geschlagenen zwei Wochen dort verstecke. Eigentlich hätte ich meine Periode zu genau dem Zeitpunkt bekommen müssen. ‚Das kann auch vom Stress kommen!' schießt mir Annas Stimme durch den Kopf. Aber mittlerweile rechne ich mit dem schlimmsten. Ist es wirklich so gut, den Test vor der Prüfung zu machen? Die nächsten Tage hat Frederik aber wieder frei und er könnte etwas davon mitbekommen. Nein. Jetzt oder nie. Ich hole tief Luft und mache mich auf den Weg ins Badezimmer. Während der Test durchläuft, stelle ich mich unter die Dusche, vermeide es jedoch auf das Plastikstück zu schauen, als ich nach meinem Handtuch greife. Erst als ich mich fertig angezogen habe, greife ich mit zitternden Händen danach und schiele vorsichtig darauf. Zwei Striche. Scheisse! Ich merke, wie ich anfange zu schwitzen und sich ein Kloß in meinem Hals bildet. Schnell greife ich zu der Packung und lese noch mal nach. Zwei Striche = schwanger. SCHEISSE! Komplett überfordert sinke ich auf den Boden. Ich blinzle nicht ein Mal. Und jetzt? Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, während das Blut in meinen Ohren nur so rauscht. Dann plötzlich merke ich Wut in mir aufsteigen. Ich balle meine Hand zu einer Faust und schlage wütend gegen die Wand neben mir. So wütend war ich noch nie zuvor - und ich war auch noch nie zuvor so enttäuscht von mir. Das Adrenalin breitet sich immer mehr in meinem Körper aus und wenig später schlage ich ein zweites Mal dagegen. Plötzlich ist ein roter Abdruck an der Wand, was mich nur noch wütender macht. Laut fluchend starre ich auf meine blutenden Handknöchel und die rote Schwellung. „SO EIN MIST! WAS MACHE ICH DENN JETZT? WAS SOLL AUS MEINER ZUKUNFT WERDEN?!" schreie ich wütend und stehe vom Boden auf. Während das Blut mein Hand runter läuft und auf den Boden tropft, laufe ich aufgebracht im im Zimmer auf und ab. Irgendwann wird der Schmerz in meiner Hand so dominant, dass ich mir ein Handtuch schnappe, ein Kühlpack darin einwickel und beides um die Stelle binde. Ich bin so beschäftigt mit Gedanken machen und aufgebracht sein, dass ich am Ende fast zu spät das Schulgebäude betrete. Schockiert starren meine Klassenkameraden auf meine blutige Hand und den Stoff, der mittlerweile komplett verfärbt ist, aber ich ignoriere es. Irgendwie schaffe ich es halbwegs mich auf die Aufgaben zu konzentrieren, jedoch hält mich nach der Prüfung der Lehrer auf, der diese beaufsichtigt hat und gleichzeitig auch mein Sportlehrer ist. „Hey... ist alles okay bei dir?" er zeigt skeptisch auf meine Hand. Ich nicke nur, wobei ich zugeben muss, dass die Schmerzen wirklich schlimm sind. „Das sieht nicht so gut aus... willst du es mir mal zeigen?" fragt er weiter und dieses Mal seufze ich ergeben. Während alle anderen jubelnd und feiernd aus dem großen Saal stürmen, wickel ich das Tuch ganz langsam weg. „Oh wow! Das sieht ja schrecklich aus! Ich will dich wirklich nicht vom feiern abhalten und dir zu nahe treten, aber... das sollte wirklich ins Krankenhaus!" er bewegt meine Hand vorsichtig und als ich vor Schmerzen regelrecht aufheule und auch die Farbe meiner Hand nicht wirklich ansprechend ist, muss ich zugeben, dass seine Aussage wahrscheinlich das vernünftigste ist. „Sollen wir einen Rettungswagen für dich holen?" er schiebt mir einen Stuhl hin, dass ich mich setzen kann. „Nein... ich gehe gleich selber hin" hauche ich mit Tränen in den Augen und nehme Platz. „Atme mal tief durch... das sieht echt mindestens geprellt aus... fast schon gebrochen..." er schaut sich weiter meine Hand an. „Wirklich?" ich merke wie ich unfreiwillig anfange zu weinen. „Komm, ich fahre dich schnell. Ist ja nicht weit von hier. Da musst du ja nicht noch hinlaufen..." „ich kann nicht ins Krankenhaus... mein Freund hat heute Dienst" erkläre ich ihm wehmütig. „Ja und? So kannst du das ja auch nicht lassen! Und jeder Hausarzt wird dich genauso ins Krankenhaus schicken... es haben ja immer mehrere Leute dort Dienst... vielleicht hast du ja Glück und du begegnest ihm erst gar nicht. Komm, ich bringe dich hin" wiederholt er und schnappt sich meinen Rucksack. Ich stehe schniefend auf und folge ihm vorbei an den vielen neugierigen Blicken raus auf den Parkplatz. „Lief die Prüfung denn wenigstens gut?" fragt er mich während der Fahrt und ich nicke. „Bei dir habe ich auch keine Zweifel. Ich darf dir offiziell noch nicht gratulieren... aber ich bin mir sicher, dass du es mit Bestleistung geschafft hast. Hoffentlich bist du bis zur Abschlussfeier wieder gesund!" er lächelt aufmunternd. Ich nicke wieder nur schwach und warte, dass wir ankommen. Für ein Gespräch bin ich zu sehr neben der Spur. „Danke Ihnen... Sie haben was gut bei mir!" verkünde ich, als wir direkt vor der Notaufnahme ankommen. „Kein Problem. Bis bald!" er winkt mir noch kurz und ich mache mich leicht taumelnd auf den Weg nach drinnen, während er wieder zurück in die Schule fährt.
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Herztöne (3)
FanfictionGeschrieben: 2021 ••• Emilia ist gerade einmal 13 Jahre alt, da geben ihre Eltern sie aus unbekannten Gründen von heute auf morgen in ein Heim und zur Adoption frei. Der Schock sitzt tief, aber auch sie muss lernen, dass das Leben einfach weiter geh...