„Boa, Ich kann's kaum glauben, dass wir endlich da sind!" stöhne ich erschöpft, als wir mehr als 24 Stunden später endlich unser Hotel erreichen. „Ja. Und schaue dir mal an, wo wir überhaupt gelandet sind!" grinst Frederik und stürmt auf den Balkon. Eigentlich will ich ihm hinterher, aber nachdem ich während der gesamten Flugzeit nicht ein Mal die Augen zu bekommen habe, ich gegen eine unbeschreiblich Übelkeit ankämpfen musste (vermutlich der Alkohol von der Hochzeit), schaffe ich es nur noch bis zum Bett und ehe ich etwas dagegen tun kann, bin ich auch schon eingeschlafen. Ich bekomme nicht mal mehr mit, wie Frederik wieder rein kommt, mich zudeckt und unsere Koffer ausräumt. Wach werde ich erst wieder am nächsten morgen, als die Sonnenstrahlen direkt mit voller Kraft in mein Gesicht scheinen.
Vorsichtig bewege ich mich etwas, bis mir wieder einfällt, wo wir sind. Ich schaue rüber zu Frederik, der tief und fest neben mir schläft. Es muss schon relativ ‚spät' sein, denn die Sonne steht schon weit oben am Himmel. Ich schließe meine Augen wieder und höre dem leisen Rauschen der Wellen zu, das von draußen durch den schmalen Fensterspalt zu uns rein kommt. So habe ich mir tatsächlich immer das Paradies vorgestellt! Ein Haus direkt am Strand, mit hellem Sand und warmen, türkisfarbenen Wasser, überall stehen Palmen und alles blüht bunt. Ich muss etwas grinsen und öffne meine Augen wieder. Bemüht leise stehe ich auf, schnappe mir ein Shirt, das ich mir drüber ziehe und tapse leise nach draußen auf den riesigen Balkon. Es ist schon ziemlich warm - perfekt, um jetzt eigentlich in den Pool oder ins Meer zu hüpfen. Ich atme tief den Duft ein, der aus einer Mischung von Meer, Blumen und Sommer besteht und schaue den Menschen zu, die es sich bereits auf ihren Liegen im Sand bequem gemacht haben. Ein paar Minuten bleibe ich so stehen, dann gehe ich leise zurück ins Zimmer, wühle kurz in meinem Rucksack herum und hole eine kleine Packung heraus, mit der ich ins Badezimmer verschwinde. Viel zu oft habe ich diese Packungen in den letzten Wochen schon in der Hand gehabt - eigentlich nur aus Routine und um sicher zu sein, dass alles okay ist. Nachdem ich mich eingeschlossen habe, hole ich den Schwangerschaftstest aus seiner Verpackung raus und wenig später warte ich angestrengt auf das Testergebnis. Ungefähr alle vier Wochen mache ich diesen Test im Moment, seitdem ich von meiner Pille weg bin und wir nur noch auf anderen, hormonfreien Wegen verhüten. Seit vier Monaten geht alles gut. Und dementsprechend sicher bin ich, dass auch dieses Mal alles gut gegangen ist. Ich beschließe die Wartezeit zum duschen zu nutzen und als ich mich etwa zehn Minuten später in meine Handtücher einwickel, wage ich einen kurzen Blick auf den Test. Zwei Striche. Ich halte in meiner Bewegung inne und schaue noch mal genauer hin. Immer noch zwei Striche. Ich merke, wie sich mein Puls beschleunigt. Dann breitet sich ein riesiges Grinsen auf meinem Gesicht aus. Ich muss einen Freudenschrei unterdrücke und ziehe mich dafür in Rekordzeit an. Mit Tränen in den Augen föhne ich meine Haare, trage schon mal etwas Sonnencreme auf meine Haut und binde meine Haare zu einem lockeren Dutt. Draußen im Schlafzimmer ist Frederik mittlerweile wach. Den positiven Test lasse ich unauffällig in meine Tasche zurück verschwinden und komme dann zu ihm aufs Bett. „Guten morgen... bist du schon lange wach?" murmelt Frederik noch etwas verschlafen, schaut mich aber an. Ich schüttle lächelnd den Kopf und küsse ihn auf die Wange. „Erst seit einer halben Stunde oder so... und ich habe geschlafen wie ein Stein!" „ich weiß... du bist ja nicht mal mehr zu mir raus gekommen gestern Abend... geschweige denn hast du mitbekommen, wie ich zu dir ins Bett kam" bestätigt er und legt seine Arme um mich. Ich Kuschel mich an ihn und schließe meine Augen noch mal, während er mir über den Rücken streichelt. „Wie viel Uhr ist es eigentlich?" fragt er irgendwann und hält in seiner Bewegung inne. Ich zucke mit den Schultern, drehe mich zu meinem Nachttisch und nehme das Handy vom Ladekabel. „Halb zwölf" kichere ich und setze mich wieder auf. „Und du bist bereit für den Strand" stellt Frederik fest und riecht an mir. „Genau. Bereit für den Strand und für etwas zu essen" ergänze ich. Er nickt und steht kurzerhand auf. Nachdem er sich eine lockere Badehose und ein Shirt angezogen hat und wir uns unsere Flipflops geschnappt haben, machen wir uns auf den Weg nach draußen. An einem der Essensstände besorgen wir uns eine Kokosnuss-Bowl mit Bananen, Müsli und Jogurt und setzen uns damit unter eine der Palmen. Ich sollte Frederik möglichst direkt von den großen Neuigkeiten erzählen, besonders nachdem ich damals so vieles falsch gemacht habe im Bezug auf diese Schwangerschaft. Aber bis heute Abend wird er sich trotzdem noch gedulden müssen.
Wir verbringen den Tag damit, den Strand auf und ab zu laufen, Muscheln zu sammeln und ab und zu mal ins Wasser zu hüpfen, abends machen wir uns auf den Weg in die Stadt, um in einem kleinen lokalen Restaurant etwas zu essen und laufen dann zurück zum Meer, um den Sonnenuntergang von hier aus beobachten zu können. „Ich könnte mir keinen perfekteren Moment wie diesen vorstellen" lächelt Frederik mit erröteten Wangen, als wir es uns unter einer Palme direkt vor unserem Hotel gemütlich gemacht haben und legt seinen Arm um mich. Ich lege meinen Kopf auf seine Schulter und genieße ebenfalls fiesen durchaus perfekten Moment. „Ich liebe dich so sehr!" flüstert Frederik und küsst mich auf die Haare. „Ich dich auch... und... ich muss dir etwas sagen" verkünde ich jetzt frei heraus mit erröteten Wangen. „Hm?" er mustert mich fragend. „Kannst du kurz hier warten?" frage ich und stehe auf. Er nickt verwirrt und in Rekordzeit renne ich nach drinnen ins Gebäude, springe die Treppen hoch zu unserem Zimmer, hole den Test, sowie eine dünne Strickjacke aus meinem Rucksack und komme mit beidem bepackt wieder völlig außer Atem nach draußen zum Strand. „Was um alles...?!" lacht Frederik und legt seinen Arm wieder um mich, als ich mich habe in den Sand fallen lassen. „Wegen deiner Jacke bist du jetzt erst schnell rein? Ich hätte sie dir auch holen können..." protestiert er gespielt schmollend, aber ich schüttle den Kopf, hole noch ein paar mal tief Luft und hole dann den Test unter der Jacke hervor. Ich halte ihn ihm hin und Frederik nimmt ihn mit einem großen Fragezeichen im Gesicht. Ich lächle nur und warte, dass er drauf schaut. „Ist das ein Schwangerschaftstest?!" fragt er fast schon panisch und starrt zwischen dem Plastikstäbchen und mir hin und her. Ich nicke kichernd und merke ein wohliges Kribbeln in meinem Bauch. Fast schon schockiert bleibt sein Blick an mir hängen. „Ich habe ihn heute morgen gemacht... ich habe die letzten vier Monate schon immer einen gemacht... zur Sicherheit... weil ich doch von meiner Pille weg bin... heute morgen war er positiv... ich hoffe nur, dass dieses etwas mir den Alkohol vorgestern nicht zu böse nimmt" erkläre ich. Frederiks Wangen sind mittlerweile ebenfalls errötet, aber ich merke, wie sehr er mit sich kämpft. „Und... du freust dich?!" ich merke direkt, auf was er hinaus will. „Ich bin 26 Jahre alt und habe den besten Mann den man sich nur wünschen kann an meiner Seite... natürlich freue ich mich!" lache ich. Er schaut noch mal kurz auf den Test und wieder zu mir, dann sehe ich, wie alles an Anspannung von ihm abfällt. „Das ist der absolute Wahnsinn!" strahlt er jetzt überglücklich und umarmt mich so stürmisch, dass wir beide in den Sand fallen. „Oh mein Gott, ich liebe dich so sehr!" er verteilt unzählige Küsse auf meinem Gesicht und legt seine Hand dann auf meinen Bauch. „Wahnsinn!" wiederholt er leise hauchend und küsst mich richtig. „Ich freue mich auch sehr!" grinse ich mit Tränen in den Augen und umarme ihn fest. Eng umschlungen bleiben wir im Sand sitzen und ich wünschte, ich könnte diesen Moment für immer anhalten. Aber auch wenn das nicht geht: zumindest für die nächsten drei Wochen kann uns keiner dieses Glück nehmen. Und ich freue mich riesig auf alles, was danach noch kommen wird! Es scheint, als hätte mich das Glück endlich eingeholt und als würde ab jetzt endgültig alles gut werden.
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Ende
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Herztöne (3)
Fiksi PenggemarGeschrieben: 2021 ••• Emilia ist gerade einmal 13 Jahre alt, da geben ihre Eltern sie aus unbekannten Gründen von heute auf morgen in ein Heim und zur Adoption frei. Der Schock sitzt tief, aber auch sie muss lernen, dass das Leben einfach weiter geh...