Kapitel 62

313 26 4
                                    

Nachdem ich Birgit gefunden habe, verkünde ich ihr, dass ich ihr von Frederik ausrichten soll, seinen Kittel immer an mich zu geben, falls sie ihn finden sollte. „Also irgendwie ist der Tag heute komisch... aber wenn das sein Wunsch ist... warum nicht. Dann habe ich wenigstens keine Verantwortung mehr dafür" freut sie sich fast schon ein wenig. Und tatsächlich geht mein Plan auch auf: gerade als wir uns auf den Weg zu unsere Mittagspause machen, hält sie mir plötzlich den Kittel entgegen. „DANKE!" ich strahle förmlich und mache mich auf die Suche nach Frederik, der gerade im Arztzimmer sitzt und hochkonzentriert Berichte schreibt. Ich werfe ihn mit seinem Kittel ab und als er verwirrt aufschaut, winke ich kurz und verschwinde mit den Worten „zwei von drei" wieder.

„Hey... was hast du mit dem Kittel vor? Hieß es nicht, dass wir den direkt abgeben sollen?" Miriam erwischt mich nur wenige Minuten vor meinem Feierabend auf dem Flur, als ich gerade wieder aus dem Lager komme, wo ich den Kittel gefunden habe. „Doch, deshalb bin ich gerade auf dem Weg zu ihm..." erkläre ich und drücke den Kittel so fest es geht an mich. Sie darf mir jetzt so kurz vor Feierabend meinen Sieg nicht nehmen! „Bist du fertig mit allem geworden?" sie schiebt mich zurück ins Lager. „Ja. Alles fertig" antworte ich höflich und schaue zufrieden auf die ganzen Regale, die ich heute ein - und aufgeräumt habe. „Komm, ich bringe den Kittel zurück. Wir wollen ja nicht, dass du die Wette gewinnst - auch wenn ich nicht weiß, was das zwischen euch ist" sie legt ihre Hand um den Kittel und versucht ihn mir wegzunehmen. „Ich mache das selber! Ich habe ihn gefunden, also bringe ich ihn auch zurück. So wie es sich gehört!" verteidige ich mich und rücke den Kittel nicht raus. Sie schaut mich mahnenden an und schafft es schlussendlich mir den Kittel abzunehmen. Im selben Moment geht die Tür auf. „Hier müsste mein Kittel sein!" verkündet Frederik und schaut sich suchend um. „Richtig!" Miriam hält den Kittel hoch und reicht ihn ihm dann. „Danke!" er grinst und zwinkert mir zu. Ich öffne meinen Mund um etwas zu sagen, aber er dreht sich um und verschwindet wieder. „So. Und jetzt? Was muss der Verlierer machen?" Miriam äfft die Stimme eines kleines Kindes nach. Ich schnaufe genervt und gehe an ihr vorbei zurück zum Schwesternzimmer. „Feierabend!" verkündet Frederik mir und reicht mir meinen Rucksack. „Ganz toll!" Murmel ich ausdruckslos und packe meine Sachen zusammen. „Morgen darfst du mit in OP. Muntert dich das auf?" er stellt sich grinsend hinter mich und massiert meine Schultern. „Ja ja" Murmel ich nur und kneife die Augen zusammen, da ich äußerst verspannt bin. „Auf gehts nach Hause und unter die Dusche" flüstert er mir ins Ohr und macht sich dann auf den Weg zum Aufzug. Ich hole tief Luft und folge ihm dann. Auf dem Weg verabschiede ich mich noch von Birgit und hole Frederik gerade so noch ein bevor der Aufzug losfährt. „Keine Angst, nächste Woche bekommst du noch mal eine neue Chance wenn du willst und es dir heute Abend gefällt" zwinkert er und ich merke, wie ich wieder rot werde. Ob ich ihm einfach erklären soll, dass eigentlich ich den Kittel gerade eben gefunden habe? Aber würde es nicht so klingen, als würde ich eine Ausrede suchen, weil ich zu feige bin? Ich schaue angestrengt auf meine Schuhe und warte, bis wir im Erdgeschoss ankommen. „Bis gleich" Frederik winkt mir kurz und geht raus auf den Parkplatz, während ich mich umziehen gehe. Die Autofahrt verläuft komplett still. Ich schaue die ganze Zeit über aus dem Fenster und denke angestrengt darüber nach, was mich erwartet. Frederik scheint es zu bemerken, denn nachdem er auf dem Hof seiner Eltern geparkt hat, dreht er sich zu mir. „Hey... du musst nichts machen, was du nicht willst. Das ist nur eine blöde Wette. Du musst weder mir, noch dir etwas beweisen! Es hat Spaß heute gemacht, aber ich kann gerne auf meinen ‚Preis' verzichten. Sehr gut sogar. Also bitte fühle dich zu nichts gezwungen, okay? Vor allem nicht nachdem dich schon mal jemand gezwungen hat... in diesem Kategorie will ich niemals fallen! Hörst du?" nachdem ich die ganze Zeit weiter aus dem Fenster geschaut habe, dreht er mein Gesicht während seinem letzten Satzes zu sich. Ich nicke nur, schnalle mich ab und steige aus. Er folgt mir in den Flur. „Hast du noch Hunger?" fragt er mich, nachdem wir seine Eltern begrüßt haben, aber ich schüttle den Kopf. „Nein... ich glaube, ich würde heute Abend gerne nur noch duschen und dann ins Bett" ich schaue ihn kurz aber intensiv an, dann gehe ich nach oben. Er redet noch kurz mit seinen Eltern und folgt mir dann. „Hey... du willst das nicht, richtig?" Er hält mich am Arm fest, als ich gerade ins Badezimmer will. „Doch. Klar" Ich lächle leicht und öffne die Tür. Er schüttelt nur leicht den Kopf und folgt mir. „Ich will nicht derjenige sein, der das alles kaputt macht... der dafür sorgt, dass du wieder Angst hast... gerade das erste mal sollte nicht wegen einer Wette sein!" „naja, erst mal gehen wir ja nur duschen, oder? Wir haben eine Wette ausgemacht und ich habe scheinbar gerade so verloren. Ich habe mich heute morgen selber darauf eingelassen. Ich bin bereit dafür" beteuere ich und schließe die Tür ab. „Du darfst aber gerne deinen Bikini anziehen" fleht er schon fast. „Also im Moment habe ich eher das Gefühl, dass du dich nicht traust" seufze ich und ziehe mich bis auf die Unterwäsche aus. „Ich will dir doch nur nicht weh tun!... und deine Privatsphäre verletzen!" „hör mal... ich fühle mich abgesehen von Paul bei niemandem so sicher wie bei dir... wenn ich dir sage, dass es okay für mich ist, weil ich dir vertraue, ist das auch so" ich öffne meinen BH kurzerhand hinter meinem Rücken und lasse ihn auf den Boden fallen. Frederik, der mir direkt gegenüber steht, starrt mich erst ungläubig an, dann wird er ziemlich rot. „Was ist jetzt? Kommst du?" frage ich und öffne die Tür zur Dusche. Er atmet tief ein und wieder aus, dann fängt er ebenfalls an sich auszuziehen. Ich verschaffe mir einen Vorsprung indem ich mir meinen Slip ausziehe und mich schon mal mit dem Rücken zu ihm unter die Dusche stelle und das Wasser anschalte. Wenig später öffnet sich die Kabinentür und er stellt sich hinter mich. „Ich bewundere dich und deinen Mut sehr! Dass du es durchziehst, hätte ich ehrlich gesagt nicht gedacht!" er legt seine Hände auf meine Schultern und küsst mich in den Nacken. Mein Herz schlägt mir bis zum Hals, aber ich versuche mir nach wie vor nichts anmerken zu lassen.

Herztöne (3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt