„Ein Platz... an der Heidelberger Uni..." stammel ich fassungslos, ohne den Blick von meinem Handy zu nehmen. „WAS?!" schreit Elisabeth jetzt hysterisch und springt auf. „Ich habe einen Platz bekommen... aber nicht hier" wiederhole ich jetzt fast schon enttäuscht. „JA UND?! DU HAST EINEN PLATZ! DAS IST DER ABSOLUTE WAHNSINN! SO VIELE TRÄUMEN DAVON UND HEIDELBERG IST WIRKLICH GUT!" Elisabeth wird immer lauter. Ich bin so schockiert von der Nachricht, dass ich nicht weiter darauf reagieren kann. Unendlich viele Gedanken kreisen mir mit einem Mal durch den Kopf. „DU DARFST STUDIEREN GEHEN! DU WIRST ÄRZTIN!" quietscht Elisabeth und schüttelt mich erst kurz an den Schultern, dann zieht sie mich in ihre Arme. „Wow..." Murmel ich erschlagen und starre weiterhin auf mein Handy. „Aber... das ist ja schon in zwei Wochen...!" stelle ich erschlagen fest. „Mega! Wir haben noch so viel zu erledigen bis dahin!" Plappert Elisabeth ununterbrochen und zählt mir endlos viele Sachen auf. Mein Herz schlägt mir bis zur Brust, während mein Mund staubtrocken ist. „Wir fahren morgen direkt zu Ikea, um deinen Gutschein einzulösen! Und heute schauen wir nach einer Wohnung! Wir dürfen keine Zeit verlieren! Du wirst sehen: du wirst das Studentenleben lieben!" Elisabeth klappt ihren Laptop auf und fängt an, nach einer Wohnung zu suchen. Perplex schaue ich ihr dabei zu. „Schau mal... wie wäre es hiermit? Ich zahle dir die Wohnung natürlich auch!... oder... das hier?" sie drehe den Laptop in meine Richtung. Noch bevor ich überhaupt antworten kann, scrollt sie weiter. „Nein... die hier sieht besser aus!... hmmm... ich kann mich gar nicht entscheiden... aber die dritte hier hat auch ihre vor-und Nachteile!" murmelt sie minutenlang vor sich hin, bis ich einfach aufstehe und in mein Zimmer gehe. „Emilia? Habe ich etwas falsches gesagt?" ruft Elisabeth mir hinterher, aber ich ignoriere es. Perplex lasse ich mich auf den Schreibtischstuhl sinken und starre auf meine Hände auf dem Tisch. Jetzt ist der Tag also da. Der Tag, an dem meine Zukunft so richtig beginnt. Meine große Chance endlich etwas aus mir zu machen. Und zwar ab in 14 Tagen. „War ich dir zu schnell?" Elisabeth erscheint in der Tür. Ich nicke leicht. „Entschuldige bitte! Ich habe mir nur einfach nichts mehr als das für dich gewünscht!... ich bin so unfassbar stolz auf dich!" sie lächelt mit erröteten Wangen und kommt auf mich zu. „Danke... ich glaube, ich freue mich auch... aber... es geht plötzlich so schnell... ich bin doch gar nicht bereit für das alles!" „gerade dann solltest du direkt anfangen. Mit allem. Und deine Chance nutzen. Du wirst nie 100% bereit sein... und du hast etwas, worauf viele Menschen noch 10 Jahre später warten. So ein Platz an so einer Uni in so einem Fach ist ein Geschenk!" sie legt ihre Hände auf meine Schultern. „Aber wie soll ich das alles hier zurück lassen?! Ohne mich mit Frederik vertragen zu haben?" plötzlich fange ich an zu schluchzen. „Ach... darum geht es dir also" seufzt Elisabeth und streichelt mir sanft über die Haare. „Dein Herz wird heilen. Und je weniger du darauf wartest, desto wahrscheinlicher wird er sich einfach melden. Du musst unabhängig sein! Dein Leben ist zu jung, um wegen so etwas zu vereinsamen! Wenn die Zeit gekommen ist, wird sich alles aufklären" sie gibt mir einen Kuss auf den Kopf. Ich nicke schwach. Und jetzt? Erzähle ich es direkt Paul? Stehe ich einfach vor Frederiks Haustür und schreie es ihm ins Gesicht? Ich schließe meine Augen, während Elisabeth aus meinem Zimmer geht und mich alleine lässt. Nachdem ich ein paar mal tief durchgeatmet habe, greife ich nach einem Blatt Papier und Stift und fange an, alle Sachen, die ich noch erledigen muss und mir so spontan einfallen, aufzuschreiben. Anschließen setze ich Elisabeths Wohnungssuche fort, wobei ich mich schnell für eines der schäbigen Studentenwohnheime entscheide - wenn schon, dann richtiger Student! Ich schnappe mir meinen Laptop und gehe damit zurück zu Elisabeth, die wieder mit ihrem Handy auf dem Sofa sitzt und einen Tee trinkt. „Schau mal... das ist deutlich günstiger, ich müsste nur ein einziges Zimmer beziehen und ich hätte ein richtiges Studentenfeeling... außerdem würde ich schnell neue Leute kennenlernen... das wäre mir am liebsten!" erkläre ich ihr etwas verlegen. „Oh... okay!" kommt es überrascht von ihr und sie legt ihr Handy zur Seite, um sich alles genau durchlesen zu können. „Na von mir aus.... Wir müssen nur schauen, ob du überhaupt noch einen Platz bekommst... wahrscheinlich ist schon alles belegt und du landest auf der Warteliste... aber die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt" sie zwinkert mir aufmunternd zu. Ich nicke nur und gehe zurück in mein Zimmer, wo ich mich für eines der Zimmer anmelde. „Ich gehe mal schnell einkaufen... Schulzeug und so..." verkünde ich, als ich eine halbe Stunde später durch das Wohnzimmer in den Flur gehe. „Emilia... warte mal kurz... das ist glaube ich nicht nötig... ich habe da schon seit längerer Zeit etwas für dich vorbeireitet... weil wir ja nie richtig dein Abitur gefeiert haben... und du nichts von mir bekommen hast... Blöcke und Stifte sind viel zu altmodisch, nehmen dir Platz weg und sorgen für das reinste Chaos..." sie verschwindet in ihr Schlafzimmer. „Aber da ich genauso zuversichtlich wie Paul war, dass du deinen Platz bekommst, habe ich vorgesorgt... jetzt ist wohl der richtige Moment gekommen!" erklärt sie, als sie mit einem eckigen Geschenk zurück kommt. „Aber ihr sollt mir doch nicht so viel schenken!" schimpfe ich und nehme es gezwungenermaßen entgegen. „Na hör mal! Ich bin schließlich deine ‚Mutter'!" sie knufft mich sanft in die Seite und fordert mich dann auf, es auszupacken. Heraus kommt ein komplett neues IPad mit Stift und Schutzhülle. „Damit hast du immer alles an Unterlagen zusammen, brauchst nicht extra den Laptop und kannst auch besser lernen... hoffentlich" „ach man... das kann ich doch gar nicht alles annehmen!" Murmel ich, umarme sie aber fest. „Vielen Dank!". Och lächle schwach und schaue auf das Tablet in meinen Händen. „Komm, wir richten es dir direkt ein" sie nimmt meine Hand und zieht mich an den Esstisch. Den Rest des Tages verbringen wir damit, verschiedenste Vorbereitungen zu treffen und möglichst viel zu erledigen. Trotzdem fühlt sich alles an wie ein Traum, aus dem ich jede Sekunde erwache.
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Herztöne (3)
FanfictionGeschrieben: 2021 ••• Emilia ist gerade einmal 13 Jahre alt, da geben ihre Eltern sie aus unbekannten Gründen von heute auf morgen in ein Heim und zur Adoption frei. Der Schock sitzt tief, aber auch sie muss lernen, dass das Leben einfach weiter geh...