Ich wache in der Nacht sehr oft auf, da ich mich erst an die vielen fremden Geräusche und den Lärm meiner Mitbewohner in den Wohnungen über und unter mir gewöhnen muss. Und als ich gegen fünf Uhr von schreienden, Betrunkenen Menschen auf der Straße geweckt werde, gebe ich den Versuch des Schlafens auf. Ich schnappe mir komplett übermüdet meine Badsachen und mache mich mit einem Handtuch und frischen Klamotten bewaffnet auf den Weg unter die Dusche. Das Wasser braucht unwahrscheinlich lange, bis es zumindest mal lauwarm ist - auch daran werde ich mich jetzt wohl gewöhnen müssen. Genauso wie an die flackernde Glühbirne an der Decke. Als ich völlig entnervt fertig bin, trockne ich mich schnell ab, ziehe mich an und föhne meine Haare. Hoffentlich wecke ich damit nicht jemand anderes... aber vielleicht muss man was das angeht auch einfach nur egoistisch denken. Nachdem ich mir einen lockeren Dutt gebunden habe, gehe ich in die Küche und koche mir einen Tee. Mein bereits hier lebender Mitbewohner scheint gerne Kaffee zu trinken - zumindest steht auf der Theke eine Maschine und unzählige Kaffeesorten. Weder Paul, noch Elisabeth scheinen schon wach zu sein - zumindest hat mir noch keiner der beiden geschrieben. Aber es ist auch wirklich noch früh. Mit meiner Tasse gehe ich zurück in mein Zimmer und schaue auf die vielen Gegenstände und noch eingepackten Möbel auf dem Boden. Heute steht viel an: Nachttisch und Kommode aufbauen, einkaufen, die Uni erkunden und meine Kartons auspacken. Morgen wird es dann hoffentlich etwas entspannter! Ich lege mich auf mein Bett und tippe auf meinem Handy herum. Hoffentlich finde ich hier endlich mal ein paar Freunde, nachdem mir das ja während meiner Schulzeit schon nicht gelungen ist. Die Zeit bis zum Frühstück verbringe ich mit lesen und Instagram, Musik hören und mich letztendlich fertig machen. Das Hotel von Paul und Elisabeth ist nicht weit entfernt und nachdem sie mir ihren Standort geschickt haben, mache ich mich zu Fuß auf den Weg zu ihnen. Sie warten bereits im Foyer auf mich und gemeinsam machen wir uns auf den Weg zum Frühstück. „Und? Wie war deine erste Nacht?" fragt Elisabeth mich deutlich ausgeschlafener als ich vermutlich aussehen und ich lächle nur verlegen. „Hm". „Oh wow! Das hört sich fantastisch an!" Paul setzt einen gespielt begeisterten Blick auf. „Es war sehr laut... aber da gewöhne ich mich bestimmt dran... das Wasser in der Dusche braucht ganz schön lange um warm zu werden und die Lampe an der Decke flackert ziemlich... ansonsten passt alles bisher" „hm... nach der Lampe schaue ich später mal" entgegnet Paul und gießt sich Kaffee in seine Tasse. „Starten wir direkt nach dem Frühstück?" frage ich und beide nicken. Ich schlinge zwei Brötchen und ein Croissant, sowie eine Schüssel Obstsalat runter, dann laufen wir zurück zu meiner Wohnung. Ich zeige Paul die Lampe und anschließend baut er meinen kleine Garderobe auf, während Elisabeth und ich uns mit dem Nachttisch rumschlagen. „So. Du kannst deine Klamotten einräumen. Dein Zimmer ist echt schick!" Verkündet Paul zufrieden und schaut sich um. „Finde ich auch! Klein aber fein!" ich nicke bestätigend und fange an, meine ganze Deko auszupacken. „Anna hat übrigens noch etwas für dich gemacht... warte kurz" Paul verschwindet kurzerhand runter auf den Parkplatz und kommt fünf Minuten später mit einer kleinen Schultüte zurück. Ich fange augenblicklich an zu lachen. „Was?! Das ist von ihr? Das ist so lieb! Ich danke euch von ganzem Herzen! Sage ihr liebe Grüße von mir!" ich kichere und nehme ihm die Schultüte ab. „Du kannst sie direkt auf machen" zwinkert Paul und setzt sich mit mir aufs Bett. Ich mache, was er mir sagt und heraus kommen doch ein paar neue Stifte, zwei Notizblöcke, eine große Duftkerze, Handcreme und ganz viel Schokolade. „Vielen dank!" wiederhole ich gerührt und verkneife mir ein paar Tränen. Er legt seinen Arm um mich und ich lehne mich an ihn. „Ich glaube, deine Mitbewohnerin kommt" stellt Elisabeth fest und tatsächlich hört man Stimmen aus dem Flur. „Oh... Hallo!" ruft sie wenig später und ich stehe auf, um zu ihr zu gehen. „Hi! Ich bin Emilia... und scheinbar leben wir ab jetzt zusammen" stelle ich mich schüchtern bei ihr vor. Sie ist in etwa gleich groß wie ich, hat schwarz Haare und braune Augen, ist etwas kräftiger als ich, aber keinesfalls dick und scheint nicht wesentlich älter zu sein. „Hi! Ich bin Laura! Ich bin jetzt im zweiten Semester Medizin" entgegnet sie fröhlich. „Auch Medizin?" setzt sie hinterher und ich nicke. „Super! Später zieht hier noch ein zweiter Ersti ein - scheinbar heißt sie Jana. Ich habe unten gefragt. Dann kennt ihr euch schon und könnt zusammen in die Vorlesungen... die anderen zwei, die bis vor wenigen Wochen hier gelebt haben, haben beide aufgehört... war wohl doch etwas zu schwer für sie und nicht ganz das richtige..." teilt sie mir mit. Beruhigen tut mich diese Info keinesfalls. Aber tatsächlich dauert es nur bis zum Mittag, da taucht Jana mit ihrer Familien auf und bezieht ebenfalls ihr Zimmer. Sie hat rote, gelockte Haare, wie Laura auch braune Augen und scheint ebenfalls relativ sportlich zu sein. „Ich glaube, das wird gut mit uns klappen!" zwinkert Laura, bevor sie die Wohnung wieder verlässt, um sich mit ihrer Lerngruppe zu treffen. Elisabeth, Paul und ich sind mittlerweile mit allem fertig und somit beschließen auch wir die Wohnung zu verlassen, um einkaufen zu gehen. „Bis später!" verabschiede ich mich von Jana und ziehe dann die Tür hinter uns zu. „Ich freue mich für dich, dass du so nette Mitbewohner hast!" grinst Elisabeth und hakt sich bei mir ein. Eineinhalb Stunden später kommen wir wieder zurück und ich verstaue meine Sachen in den extra für mich beschrifteten Schrank - nur alles an Süßigkeiten nehme ich mit in mein Zimmer - wer weiß, für welche Nervenzusammenbrüche es gut sein wird!
Den nächsten Tag nutzen wir dafür, Heidelberg zu erkunden und das gute Wetter zu genießen. Gegen 16 Uhr machen sich Paul und Elisabeth dann auf den Weg nach Hause. Der Abschied fällt mir zum Glück leichter als erwartet. „Bitte tue mir einen Gefallen... sagt Frederik weiterhin nichts von mir, okay? Wenn er irgendwas wissen will, soll er mir selber schreiben... ich will das alles nicht über dritte klären!" sage ich leise zu Paul, als Elisabeth schon ins Auto eingestiegen ist und er nickt. „Klar! Bis in drei Wochen! Und passe gut auf dich auf!" er küsst mich auf die Wange und lässt mich dann los. Ich winke den beiden noch kurz, dann gehe ich zurück nach drinnen. Vielleicht haben Jana, Laura und ich ja noch etwas Zeit, uns heute Abend kennenzulernen - wobei ich nicht weiß, was ich ihnen erzählen soll - denn weder von Frederik, noch von meinen Eltern oder Jakob will ich direkt am Anfang erzählen. Und damit bleibt nicht mehr viel übrig von meinem Leben. Die Fahrzugtüren schließen sich und bringen mich zurück in die Wohnung.
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Herztöne (3)
FanfictionGeschrieben: 2021 ••• Emilia ist gerade einmal 13 Jahre alt, da geben ihre Eltern sie aus unbekannten Gründen von heute auf morgen in ein Heim und zur Adoption frei. Der Schock sitzt tief, aber auch sie muss lernen, dass das Leben einfach weiter geh...