Kapitel 91

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„Hast du schon gegessen?" fragt er und ich nicke. Er zieht mich wieder runter aufs Sofa, lässt meine Hand aber nicht los. „Schade... sonst hätte ich uns jetzt Sushi bestellt... sollen wir morgen zusammen was essen? Oder was trinken gehen? Immerhin beginnt morgen dein wohlverdientes Wochenende..." er lächelt schief. „Ähm... ich weiß nicht..." gestehe ich unsicher. „Ein ganz entspannter Abend auf dem Sofa mit Sushi und Wein... und einem Film wenn du willst... oder nur reden... entweder hier oder bei dir" er drückt meine Hand etwas. „Bei mir!" bestimme ich. Denn wenn etwas schief gehen würde, müsste ich nicht noch heulend nach Hause, sondern nur zwei Räume weiter in mein Bett. „Super! Wie geht es Elisabeth?" fragt er weiter und ich fange an, ihm alle Fragen zu beantworten - und er hat eine Menge Fragen. Nach insgesamt drei Stunden reden mache ich mich dann schlussendlich doch auf den Weg. „Komm gut nach Hause! Bis morgen!" er verabschiedet mich an der Tür mit einer kurzen Umarmung, ehe ich in die Dunkelheit zu meinem Auto verschwinde. Während der Fahrt nach Hause muss ich so viel nachdenken, wie schon lange nicht mehr. Dass der Versuch eines klärenden Gespräches so endet, hätte ich mir nicht einmal im Traum ausgemalt. Zuhause mache ich mich direkt fertig fürs Bett, lege mich unter die Decke und versuche dann noch ein paar Seiten meines Buches zu lesen, jedoch fehlt mir sämtliche Konzentration und nachdem ich die Seite zum zehnten Mal von vorne anfange, gebe ich den Versuch auf. Wie soll ich Frederik denn jetzt morgen begegnen? Voller Unlust wie immer? Verhalten? Glücklich wie sonst was? Ich lege das Buch zur Seite, mache mein Licht aus und drehe mich auf die Seite. Es dauert insgesamt wieder ziemlich lange, bis ich endlich einschlafe.

Tatsächlich bevorzuge ich es am nächsten Tag, Frederik mehr zu ignorieren, als ihm Beachtung zu schenken - aus Angst, die Kollegen könnten etwas Falsches mitbekommen. Nach der Arbeit fahre ich nach Hause und mache mich fertig, indem ich schnell duschen gehe und meine Wohnung etwas aufräume. Dann schicke ich Frederik die Adresse und versuche mich auf dem Sofa noch etwas zu entspannen. Pünktlich um 18 Uhr klingelt es an der Tür. Wie von der Tarantel gestochen springe ich auf und haste in den Flur, wobei ich noch absichtlich ein wenig warte, bevor ich ihm die Tür auf mache, damit er nicht denkt, ich hätte nichts zu tun, außer auf ihn zu warten. Mit laut klopfendem Herz warte ich, dass er die vier Treppen zu meiner Wohnung oben ist und lächle dann leicht. „Hey!" er strahlt mich an und streift sich die Schuhe von den Füßen. „Hey! Komm rein!" ich trete zur Seite und schließe die Türe hinter ihm, jedoch komme ich gar nicht dazu, ihn ins Wohnzimmer zu bringen, da er mir zuvor kommt. Er hängt seine Jacke an die Tür, zieht mich kurzerhand zu sich und küsst mich sanft. Völlig überrumpelt erwidere ich den Kuss und lasse zu, wie dieser langsam leidenschaftlicher wird. Seine Lippen sind genauso weich und warm wie immer und er riecht unbeschreiblich gut. „Ich freue mich dich zu sehen!" erklärt er mir überflüssigerweise und küsst mich wieder, während er uns langsam ins Wohnzimmer und aufs Sofa zieht. Ich lasse mich in die Kissen sinken und er stützt sich über mir ab, während er mit einer Hand in meine Haare fährt. Unsere Zungen umspielen sich wild und mir ist so warm, dass ich mich am liebsten freiwillig ausziehen würde. Zudem kribbelt es in meinem ganzen Körper. Mit seiner anderen Hand fährt Frederik jetzt unter mein T-Shirt und meinen gesamten Rücken entlang nach oben. Jetzt kann ich meine Gänsehaut nicht einmal mehr verstecken. Ich spüre, dass er grinsen muss, lasse mich davon jedoch nicht beirren. Irgendwann löst er sich von mir und wir holen beide tief Luft. „Hi!" keucht er etwas und strahlt mich wieder mit leuchtenden Augen an. „Hi! Komm rein" bitte ich ihn nachträglich etwas grinsend und er fängt an zu lachen. Dann wird sein Gesicht ernst. „Du hast mich heute auf der Arbeit ziemlich abweisend behandelt!" beschwert er sich. Ich zucke etwas ratlos mit den Schultern. Er räuspert sich. „Madame? So ein Verhalten kann ich eigentlich nicht dulden... der Kuss eben war die erste Verwarnung - das nächste mal werden die Konsequenzen schlimmer sein!" er schaut mich streng an und ich muss kichern. Es ist, als sei nie etwas zwischen uns gewesen. „Wie sehen diese Konsequenzen dann aus?" frage ich scheinheilig und fahre ihm mit der Hand über die Brust. „Hmmm... vielleicht sowas in der Art..." er fängt an, meinen Hals zu küssen und arbeitet sich langsam weiter runter über den Stoff meiner Klamotten bis zu meinem Bauch. „Hey... warte mal... ich glaube, wir sollten doch erst noch mal reden..." lache ich und ziehe ihn wieder sanft nach oben. Er seufzt und legt sich neben mich aufs Sofa. „Können wir wirklich einfach so tun, als sei nie was gewesen?" frage ich jetzt doch deutlich unsicher und beobachte ihn von der Seite. „Was möchtest du sonst machen? Ich glaube, wir haben beide Gründe, um auf den anderen jeweils sauer zu sein... oder aber wir vergessen das alles einfach und versuchen einen Neuanfang. Ohne Vorurteile. Ohne negative, alte Geschichten. Ich hätte dich gerne wieder in meinem Leben... und wenn es dir genauso geht, wäre dieser Schritt für mich okay!" auch er schaut jetzt zu mir rüber. Ich denke kurz nach, dann nicke ich. „Okay!". Er lächelt schwach, dreht sich zu mir auf die Seite und legt seine Arme um mich. „Und am liebsten hätte ich dich so richtig offiziell in meinem Leben..." erklärt er mir jetzt deutlich leiser, während er an meiner Hand herumspielt. Ich ziehe eine Augenbraue hoch. „Du meinst so richtig richtig?" „so richtig in einer Beziehung, ja" seine Wangen werden etwas rot, aber es steht ihm. Wow! Vorgestern haben wir uns auf der Arbeit noch zerfetzt wie sonst was und jetzt sprechen wir plötzlich über eine Beziehung? Aber was habe ich schon zu verlieren? Die letzten Jahre habe ich auch ohne ihn geschafft - selbst wenn das alles schief gehen würde, weiß ich mittlerweile, dass ich auch ohne ihn leben könnte. Auch wenn es schwer wäre und unheimlich weh tun würde. Sich von niemandem abhängig zu machen ist das allerwichtigste im Leben! „Okay!" Ich lächle und rutsche so nah es geht zu ihm rüber, um ihn zu küssen. Er zieht erfreut die Sofadecke über uns und umschlingt mich fest.

Herztöne (3)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt