Kapitel 1: Mein neues altes Leben - Pov Estelle

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Mit den Büchern in meinen Händen kämpfte ich mich durch den überfüllten Zug. Es war nervig, wenn die ganzen neuen Schüler wild umherliefen und dabei keine Rücksicht auf die anderen nehmen, jedoch war ich wahrscheinlich selbst einmal genau so. Bis gerade eben saß ich noch mit meinem Zwillingsbruder Theodore und unseren Freunden in einem Abteil, doch irgendwie konnte ich einfach nicht mehr Stillsitzen und musste mich ein klein wenig bewegen. Das ich jedoch halb umgerannt werden würde, wenn ich nur den Gang des Zuges betreten würde, wäre mir nicht einmal im Traum eingefallen. Ich schaute auf meine Bücher und bemerkte, dass ich in den letzten Ferien kaum Zeit gefunden hatte zu lernen, denn ich war beschäftigt meinem Bruder alles hinter her zu räumen. Ich liebe Theodore von Herzen, doch seit letztem Jahr war es manchmal sehr schwer. Er kam oft in Berührung mit Alkohol und Drogen und am Ende war ich diejenige, die alles ausbaden durfte und die Betten beziehen musste, damit unser Vater nichts davon bemerkte. Dieser war jedoch seitdem Tod unserer Mutter auch völlig überfordert, weswegen es ihm wahrscheinlich nicht gestört hätte, denn aufgefallen ist ihm Theo's Wesensveränderung auch nicht. Zu dem Alkohol und den Drogen kamen dann auch noch diverse Mädchengeschichten hinzu, die meistens mit einem gebrochenen Herzen sein Zimmer verließen und weinend an mir vorbei liefen. Ich interessierte mich für diesen ganzen Zirkus nicht, denn an erster Stelle stand der Erfolg in der Schule und da war einfach kein Platz für einen Menschen, der mit den Narben auf meiner Haut und an meinem Herzen nicht klarkommen würde. Ich schüttelte meinen Kopf und versuchte meine Gedanken in die hinterste Ecke meines Kopfes zu verbannen, da mich die ganzen Situationen zu traurig machen würden. Somit lief ich weiter durch den Zug und beobachtete die anderen Schüler und Schülerinnen wie sie miteinander lachten. Als sich ein Arm um meine Schultern legte, zuckte ich erschrocken zusammen und sah in die rehbraunen Augen meines besten Freundes. "Mattheo, du kannst mich doch nicht so erschrecken" sprach ich gespielt wütend zu ihm, doch konnte mir ein Lächeln einfach nicht verkneifen. "Jetzt entspann dich Estelle, seit wann bist du denn so schreckhaft?" ich schüttelte meinen Kopf und ging weiter den Gang entlang. Mattheo folgte mir natürlich, so wie er es immer tat. "Dir war es wieder zu viel im Abteil oder?" ich drehte mich zu ihm um und zustimmend nickte ich. "Ja, irgendwie schon. Versteh mich nicht falsch. Ich verbringe gerne Zeit mit euch und vor allem mit dir... Aber manchmal... Manchmal da fällt es mir einfach ein wenig schwerer und dann bin ich lieber alleine" plötzlich spürte ich eine Hand an meiner Wange. Vorsichtig streichelte Mattheo über diese. "Du brauchst dich vor mir nicht rechtfertigen Estelle. Ich weiß doch, wie du bist und genau dafür mag ich dich. Ich wäre doch nicht umsonst mit meinem kleinen miesgelaunten Slytherin befreundet" ich musste lächeln, da ich Mattheo's Worte einfach schön und vor allem passend fand. In solchen Momenten fand er eigentlich immer die passenden Worte und konnte mich immer besänftigen. "Danke Mattheo. Das weiß ich wirklich zu schätzen" bevor ich jedoch weiter sprechen konnte, kam Draco auf den Gang und suchte scheinbar schon nach Mattheo. "Riddle, wo treibst du dich denn rum? Ich dachte schon, du würdest mit einem hübschen Mädchen sprechen" autsch. Da war er. Draco Lucius Malfoy. Seit unserem ersten Jahr in Hogwarts konnte ich ihn einfach nicht leiden und wusste von Anfang an, dass er ein kleiner verzogener Bengel ist, der schweigt, sobald sein Vater neben ihm steht. "Nur gut, dass niemand nach deiner Meinung gefragt hat Malfoy" entgegnete ich ihm spitz und wir sahen uns wütend an. Um die ganze Situation zu entschärfen, schnappte Mattheo sich Draco und ging wieder zurück in das Abteil. Ich bahnte mir meinen Weg weiter durch den Zug, bis dieser anhielt und ein Ton ertönte. Wir sind also endlich angekommen. Um dem Gedrängel aus dem Weg zu gehen, sprang ich schnell aus dem Zug und lief den Steig am Bahnhof entlang. Trotz meiner Schnelligkeit, waren einige Schüler schon ausgestiegen und drängelten sich über den Bahnsteig. Ich wollte nur so schnell es geht von hier weg, weswegen ich mich durch die Menschenmassen kämpfte und dabei versehentlich jemanden an der Schulter streifte. Bevor ich mich jedoch umdrehen und mich entschuldigen konnte, wurde ich nach vorne gedrückt und war froh, dass ich in einem Stück bei den Kutschen ankam. Ich stieg in eine, zu der sich dann noch weitere Schüler und Schülerinnen gesellten, mit denen ich jedoch nicht ein Wort redete. Stumm verbrachte ich also die Fahrt nach Hogwarts, nur um nach der Ankunft schnell in mein Zimmer zu flüchten. Als ich dann dort ankam, stellte ich meine Koffer taktlos vor meinen Kleiderschrank und legte meine Bücher auf meinem Schreibtisch ab. Ich rieb mir meine Augen, da mich die Fahrt sehr müde gemacht hatte. Dann fiel mir ein Bild ins Auge, welches ich wie ein Schatz behütet habe. Ich nahm es vorsichtig in meine Hand und betrachtete es mir. Es war ein Bild von Theodore und mir. Es wurde im letzten Jahr aufgenommen und es bewegte sich. Theodore und die anderen wollten picknicken am Schwarzen See und zu allem Übel, musste ich natürlich auch mit. Der Nachmittag verlief jedoch lustiger, als ich es mir vorgestellt habe, sodass wir uns am Ende gegenseitig gefangen hatten. Als letzter blieb Theodore übrig, weswegen ich ihm auf den Rücken sprang und ihn so daran hinderte, zu fliehen. Es trieb mir ein Lächeln ins Gesicht und ich stellte es wieder ab. Nach diesem Nachmittag wurde irgendwie alles schlimmer. Theodore kam mit Drogen und Alkohol in Berührung und naja, der Rest nahm dann auch seinen Lauf. Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich gerne die Mutter für ihn spiele, aber es gibt niemand anderen in unserem Leben, der diese Rolle übernimmt. Unser Vater schafft es nicht und naja, dann bleibe ja nur noch ich übrig. Ich kann Theodore natürlich auch nicht sich selbst überlassen, dafür liegt er mir viel zu sehr am Herzen, aber vor allem kann ich ihn eben auch nicht retten und das macht mich manchmal sehr wütend. Ich schmiss mich verwirrt in mein Bett und starrte die Decke an. Die anderen waren wohl beim Essen und ich hatte mir ebenfalls fest vorgenommen zugehen, doch irgendwie fielen mir meine Augen zu. Ich schlief ein und verpasste so das Abendessen...

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