Kapitel 34: Zweisamkeit vs. schmerzvolle Realität - Pov Estelle

22 1 0
                                    

Die Wochen zogen nur so ins Land und mit der Zeit wurde es immer ernster. Meine erste Aufgabe stand bald an und dies machte mich nervöser. Ich zog mich auch weitgehend zurück und wirkte meist abwesend. Gerade bei Malia hatte ich meine Schwierigkeiten, denn ich hätte ihr gerne die Wahrheit gesagt, doch ich wusste genau, wie sehr es sie in Gefahr bringen würde. Auch heute war wieder so ein Tag, an dem ich alleine am Slytherin Tisch saß und meine Gedanken schweifen ließ. Malia saß mit Ginny und Luna am Gryffindor Tisch und auch der großgewachsene Weasley Zwilling war bei ihr. Ihr Lächeln machte mich mehr als glücklich, da ich wusste, sie würde Leute um sich haben, wenn ich irgendwann nicht mehr um sie sein könnte. Betrübt stocherte ich in meinem Essen herum, bis ich merkte, wie eine gewisse Person die Große Halle betrat. Der platinblonde Haarschopf schob sich durch die Tür und unsere Blicke trafen sich. Für einen langen Moment schauten wir uns einfach nur an, ohne nur irgendeine Reaktion auf den Anderen zu zeigen. Seit unserem letzten Zusammentreffen haben wir nicht mehr miteinander gesprochen, was natürlich auch vorrangig an dem Versprechen lag, welches ich Mattheo geben musste. Draco nickte kurz in meine Richtung, ehe er sich an das andere Ende des Tisches setzte. „Schau ihn nicht so auffällig an, sonst bekommt Mattheo das noch mit" erschrocken drehte ich mich nach hinten und sah direkt in das grinsende Gesicht meines Bruders. Augenrollend drehte ich mich wieder um. „Ich habe niemanden angesehen Theodore und wie kommst du da eigentlich drauf?" Theodore setzte sich neben mich und legte seinen Ellenbogen auf den Tisch, um seinen Kopf in seine Handfläche zulegen. „Du bist meine Schwester und ich kenne dich besser, als jeder andere. Du kannst vielleicht den anderen und vor allem dir selber etwas vormachen, aber nicht mir. Ich habe deine Blicke auch bereits im Unterricht wahrgenommen. Vielleicht solltest du einfach mit Draco reden. Mattheo wird sich schon irgendwie wieder ein bekommen, aber er kann dir nicht vorschreiben, mit wem du befreundet bist. Wenn du Draco magst, dann zeig das auch und verstecke das nicht, nur weil du Angst hast, dass du Mattheo verlieren könntest. Am Ende musst du dich selbst glücklich machen und niemanden sonst" ich staunte nicht schlecht über die hoch philosophischen Sätze meines Bruders, weswegen ich ihn auch ungläubig ansah. „Wer bist du und was hast du mit meinem dümmlichen Bruder gemacht?" Theodore fing anzulachen und auch ich musste nach kurzer Zeit einfach mit einsteigen, da sein Lachen mich schon als Kind immer mit ansteckte. „Ach Estelle. Viele Dinge haben sich einfach geändert und ich werde scheinbar auch langsam erwachsen. Wenn du mir das auch nicht glaubst" ich musste immer noch lächeln und wuschelte meinem Bruder einfach durch sein Haar. Theodore sah mich mit großen Augen an. „Das hast du ja schon lange nicht mehr gemacht" ich zog meine Hand aus seinen Haaren. Ich hatte ihm früher meist durch sein Haar gewuschelt, weil er durch sein lockiges Haar immer niedlich aussah, auch wenn er sich verhalten hat wie der größte Arsch. Ich lehnte meinen Kopf an seine Schulter und schloss meine Augen. „Danke für Alles Theodore. Ich bin wirklich froh, dass du mein Bruder bist" auch Theodore machte es mir gleich, indem er seinen Kopf an meinen lehnte. „Ich bin auch sehr froh, dass du meine Schwester bist, auch wenn du manchmal wirklich ein gefühlskalter Eisblock bist" ich kicherte und wir genossen diesen kurzen, jedoch gemeinsamen Moment. Nach kurzer Zeit kamen auch die anderen Slytherin Jungs und begannen miteinander zu reden. Ich entschloss mich, in die Kerker zu gehen und mich in mein Bett zu legen. Ich stand auf, verabschiedete mich und verließ die Große Halle. Die Treppen zu den Kerkern wirkten heut viel anstrengender und ich war froh, als ich kurz vor dem Slytherin Eingang angekommen war. Plötzlich wurde ich am Arm gepackt und in eine dunkle Ecke des Kerkers gezogen. Erschrocken drehte ich mich um und sah direkt in die sturmgrauen Augen, welche mir nur allzu bekannt waren. „Es tut mir leid... aber alles andere wäre einfach zu auffällig gewesen" ich hörte sein Flüstern und nickte ihm zu. Wir standen nah beieinander und ich spürte regelrecht seinen Atem auf meiner Haut. Mein Blick war weiterhin auf ihn gerichtet. „Was ist los Draco...?" er senkte seinen Blick und ich merkte, wie er immer trauriger wurde. Auch seine Hände begannen zu zittern. Schnell griff ich nach ihnen und hielt sie fest in meinen Händen. „Ich weiß nicht, mit wem ich reden soll, denn seit unserem Vorfall habe ich irgendwie niemanden mehr... die meisten sind auf Mattheo's Seite..." betroffen senkte auch ich meinen Kopf. „Es tut mir leid Draco, das ist alles meine Schuld..." schulterzuckend nahm Draco meine Aussage einfach so hin und es ärgerte mich so, dass ich schuld an dieser Misere war. „Bald sind die Sommerferien...und dann werde ich ebenfalls in seinen Reihen aufgenommen. Und ich habe einfach Angst... ich möchte das eigentlich alles nicht, doch mir bleibt ja nichts anderes übrig, doch es macht mich so wütend, dass ich wieder Dinge mache, um sie meinem Vater rechtzumachen..." ich konnte seinen Schmerz in mir fühlen, denn mir ging es ja irgendwie auch nicht anders. Nur, dass ich keinen Vater hatte, der mich zwang, eine Todesserin zu werden. Vorsichtig legte ich meine Hand an seine Schulter. „Draco, es tut mir wirklich leid, dass du diese Strapazen durchmachen musst und wenn ich könnte, würde ich es dir nehmen..." auf Dracos Gesicht erschien ein Lächeln. „Du opferst dich wirklich für alle, obwohl dein Leben dadurch selbst besiegelt ist..." ich musste grinsen. „So ist Estelle Nott nun mal. Du kennst mich doch" Dracos Stimmung schien deutlich besser zu werden und das machte mich wirklich sehr glücklich. Wieder einmal merkte ich, wie sehr ich Draco doch eigentlich mochte und wie sehr mein Herz schmerzte, wenn ich nur daran dachte, dass ich diese Verbindung aufgegeben habe. „Ich habe das letztens genauso gemeint, wie ich es gesagt hatte" ich blickte direkt in sein Gesicht und meine Augen wurden größer, weil ich genau wusste, was er meinte. „Manchmal wünsche ich mir einfach ein anderes Leben. Eins, wo du an meiner Seite sein kannst, ohne dass dadurch jemand anderes verletzt wird" Dracos Worte schossen durch meinen Kopf und ich wusste gar nicht, wie ich damit umgehen sollte. „Draco..." vorsichtig legte er seine Hand an meine Wange und sah mir direkt in die Augen. „Ich mag dich Estelle Nott und das schon sehr lange, nur war ich irgendwie zu blind, um dies zu sehen" mir stand der Mund offen, weil ich mit diesen Worten niemals gerechnet hatte. Gerade, als ich zum Reden ansetzen wollte, hörten wir Stimmen und Draco presste seine Hand auf meinen Mund und zog mich näher zu sich. Mattheo und die anderen schienen gerade vom Abendessen zurück zu sein. Ich realisierte, in welcher Situation ich mich gerade befand und war Draco so nah, wie zuletzt in der Nacht nach der Party und es fühlte sich genauso gut an, wie damals. Als Mattheo und die anderen weg waren, entfernte Draco seine Hand von meinem Mund und schaute mich an. Bevor ich reagieren konnte, gab er mir einen Kuss auf die Wange. „Wir sollten getrennt voneinander hineingehen, sonst fällt es womöglich auf. Ich hoffe, wir können uns in den Sommerferien im Raumschiff treffen?" meine Augen weiteten sich, doch hastig nickte ich ihm zu. „Natürlich" damit verschwand Draco und ich wartete noch einen kurzen Moment in der Dunkelheit der Ecke. Raumschiff. Dass er sich daran noch erinnerte, brachte mich erneut zum Schmunzeln. Der Dachboden des Malfoy Manors war seitdem wir Kinder waren einfach unser Ort. So hatten wir Abstand von den anderen und konnten gemeinsam spielen und eines Abends, überlegten wir uns, dass es ja einfach unser Raumschiff sein könnte. Wir haben diese Bezeichnung auch immer verwendet, sodass keiner dahinterkam, was wir damit meinten. Durch meine Tagträumerei waren bereits einige Minuten verstrichen, sodass ich mich auch auf den Weg in mein Zimmer machte. Dort angekommen, ging ich direkt zu meinem Schreibtisch und wollte meine Schultasche dort abstellen, als ich einen Briefumschlag sah. Mein Name stand darauf und ich hätte diese Schrift wohl über all erkannt. Mit zitternden Händen griff ich nach ihm, um ihn zu öffnen.
~ An Estelle,
ich habe bereits aus vertrauenswürdiger Quelle erfahren, dass meine "Tochter" jetzt eine Todesserin sei. Im ersten Moment dachte ich, dass sie mich auf den Arm nehmen wollen, doch dann erzählte mir auch der dunkle Lord von diesen Neuigkeiten. Dann dachte ich darüber nach, wie es wohl zu diesem Entschluss deinerseits gekommen ist, da du immer alles in dieser Hinsicht verabscheut hast... Ich habe mir wirklich lange Gedanken gemacht, wie ich das am besten in Zeilen formuliere und ich bin endlich soweit, dass ich es vollzogen habe. Dir ist sicherlich aufgefallen, dass ich schon eine Weile nicht mehr im Anwesen war. Das hat mit einem wichtigen Auftrag zu tun. Außerdem ertrage ich es nicht mehr, in deiner Nähe zu sein. Ich habe all die Jahre wirklich versucht, dich als Theodore's Schwester, als meine Tochter anzusehen, doch das werde ich niemals können. Du bist und warst nie meine Tochter, auch wenn deine Mutter dies immer gesagt hat, ich habe dich nie als diese angesehen. Für mich gab es nur deinen Bruder, welcher der Familie all die Jahre alle Ehre gemacht hat. Er war gut in der Schule, hat sich im Quidditch bewiesen und war Schulsprecher. Du hast dich jedoch hinter deinen Büchern versteckt und hast niemals die Ehre der Familie Nott vertreten. Aufgrund dessen habe ich mich dazu entschieden, dass ich diese Familie endgültig verlassen werde, denn seitdem Tod eurer Mutter kann ich dir nicht mehr in die Augen sehen, ohne sie zu sehen. Ich wünschte, dass du statt ihrer gestorben wärst, denn so hätte ich meine geliebte Frau noch an meiner Seite... Du bist eine Schande für die Familie und du bist eine Enttäuschung für mich.
Ein kleiner Rat meinerseits: Stell deine Gefühle möglichst schnell ab, denn sonst wird Voldemort dich töten. Ein Todesser hat keine Gefühle.
Gezeichnet Nott Senior~

Als ich die Zeilen meines Vaters las, pulsierte mein Blut in meinen Adern. Seine Worte machten mich so wütend, sodass ich zu kämpfen hatte, meine Gefühle in Zaum zu halten. Dann jedoch ließ ich mir seine Worte mehrmals durch den Kopf gehen. Er würde er meinen Tod in Kauf nehmen, als den meiner Mutter und dies zerbrach mein Herz. Gerade noch hatte ich einen wirklich schönen Moment mit Draco, doch dieser war auch nur von kurzer Dauer, denn der Brief meines Vaters nahm jegliches Glück von mir. Ich faltete den Brief wieder zusammen, legte ihn in den Umschlag und packte ihn in die Kiste zu den anderen furchtbaren Briefen. Mein Blick glitt zu meinem dunklen Mal und meine salzigen Tränen tropften auf meinen Arm. Wieso bestrafte das Schicksal ausgerechnet mich? Was hatte ich in Merlins Namen falsch gemacht...Äußerlich hielt ich meine Fassade aufrecht, doch in mir drin merkte ich, wie es schmerzte. Fast so, als würde ich mit einer Glasscherbe durch meine Haut schneiden, nur, dass dieser Schmerz irgendwann aufhören würde. Mein Schmerz hielt jetzt schon seit Jahren an und würde wahrscheinlich bis zu meinem Lebensende ein Teil von mir sein...

You Never Belong to MeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt