In mir hatte ich eine viel zu große und übertriebene Anspannung, ob Chris seine Entscheidung nach wenigen Momenten bereuen würde, wenn er nur einmal gemerkt hat, für was er sich dort entschieden hatte, aber während ich zuerst etwas trinken musste, hatte er begonnen zu essen und sich nicht beschwert. Vielleicht mir zuliebe, aber kommt aufs gleiche raus.
Irgendwo in mir weiß ich, dass ich das hier vielleicht noch bereuen werde, aber ich war wirklich bereits für einen späten Snack und vielleicht ist das hier auch die Art von Ablenkung, die Chris gebrauchen könnte. Zudem würde uns im Zimmer auch nur die Decke auf den Kopf fallen, oder wir hätten wieder zusammen Karten gelegt, wo ich grandios gegen ihn verloren hätte. Dabei weiß ich nicht mal, ob er jetzt am Abend in der Arena überhaupt noch etwas gegessen hatte, oder auch das ausfallen lassen hat. Ich glaube, dass ich nicht nachfragen sollte. Nur kurz gehe ich an mein Handy, stelle meinen frühen Wecker aus, den ich fürs Laufen gestellt hatte und entscheide mich dafür, dass ich morgen doch lieber etwas länger noch im Bett bleibe, bevor wir zur Arena müssen, um die Show am Abend laufen zu lassen. Während ich jetzt, nachdem ich mein Handy wieder weggesteckt habe, mir eine Pommes nehme, schaue ich auch wieder zu Chris auf, der mich ein wenig anlächelt, sodass ich verlegen lachen muss. In die peinliche Stille lachen. Irgendwie wende ich meinen Blick von ihm ab, schaue runter auf den Tisch und werde dabei automatisch wieder an die Zeit erinnert, wo ich mit Dalia abends noch unterwegs gewesen bin. Wo wir zu unmenschlichen Zeiten aus der Elbphilharmonie oder Laeiszhalle kamen, noch etwas essen wollten und dann zum Hauptbahnhof in Hamburg gefahren sind, um während des Essens einer Burgers noch irgendwie Deeptalk führen zu können.
Chris: An was denkst du, July?"
Er wird es an mein Lachen und Lächeln gemerkt haben, dass ich mit den Gedanken ganz wo anders gewesen bin mittlerweile. Es war nicht mehr das Verlegene, sondern ein etwas melancholisches, weil das die schönen Erinnerungen aus Hamburg waren.Auf meinem Platz setze ich mich etwas weiter nach vorne, weiter an den Tisch und näher an Chris heran, der mich gespannt wieder ansieht. Bevor ich irgendwas sagen kann, lache ich nochmal einen Moment, senke meinen Blick auf den Tisch und erst dann bekomme ich ein ordentliches Wort hervor.
Juliette: In Hamburg war ich abends nach der Arbeit ab und an mit Dalia noch was essen. Sie war dort damals meine einzige Freundin, die ich hatte und in manchen Zügen erinnert sie an Levi. Bei solchen »lass mal um zwei Uhr nachts noch was essen gehen am Bahnhof« haben wir über so viel belangloses geredet und manchmal vermisse ich das echt."
Das zufriedene Lächeln, was Chris mir da gerade zeigt, sehe ich immer dann bei ihm, wenn ich über irgendwas rede, was bei mir in der Vergangenheit passiert ist. Irgendwie stelle ich mich da immer noch sehr an, rede nicht so aus dem Nähkästchen heraus und wann immer ich doch mal etwas preisgebe, zeigt er mir diesen Blick.
Juliette: Sie war damals auch die Freundin, die mich mit zu eurer Show geschleppt hat, weil ich euch gar nicht kannte. Laut ihrer Aussage muss ich hinter dem Mond gelebt haben, wobei ich sagen würde, dass Wellingsbüttel dem schon sehr nahe kommt."
Chris hält sich seine Hand vor dem Mund, als er über meine Aussage lachen muss und ich schaue ihn schmunzelnd an, bevor ich wieder etwas trinke.Ich bin nur mitgekommen zur Show, weil sie sich von ihren Freund getrennt hatte und sie die Karte noch hatte. Als gute Freundin konnte ich sie nicht allein gehen lassen und so lernte ich damals die Ehrlich Brothers in Düsseldorf kennen. Wenn ich daran denke, muss ich immer wieder ungläubig mit den Kopf schütteln und schaue jetzt an diesen Abend auch auf, damit ich Chris, meinen Freund, ansehen kann. Über den Tisch hinweg lege ich vorsichtig meine Hand auf seine und er denkt da gar nicht weiter drüber nach, sondern greift gleich nach meiner, hält sie vorsichtig fest, lächelt etwas.
Juliette: Ohne sie, sozusagen, hätte ich dich niemals kennengelernt."
Chris: Manchmal können die kleinsten Entscheidungen die größten Veränderungen mit sich bringen, die am Ende unser ganzes Leben auf den Kopf stellen."
Damals hatte ich Angst, was passieren könnte, wenn ich nochmal wieder von vorne anfange, wenn ich wieder in eine neue Stadt ziehe und wieder eine neue Stelle mir suchen muss. Tja, und jetzt sitze ich hier ihm gegenüber.
Chris: Habt ihr beide noch Kontakt miteinander?"
Juliette: Leider nicht mehr, das hatte sich verlaufen, als sie auch umgezogen ist mit ihrem neuen Freund. Sie war auch die einzige, der ich damals schreiben musste, dass ich irgendwie nach einem halben Jahr mit meinem Chef was angefangen habe. Wo sie noch wissen wollte, ob es der verheiratete oder der single Chef gewesen ist...ich meinte noch, ich wollte nicht gleich eine komplette Krise in diese Firma bringen."
Immerhin kann Chris gleich darüber lachen, lässt auch erst dann meine Hand wieder los, um nach seinem Trinkbecher zu greifen und ich greife auch wieder nach einer Pommes.Chris ist als erster mit dem Essen fertig, was aber auch daran liegen kann, dass ich mich immer wieder in irgendwelchen Themen verfangen habe, reden musste und er hatte mich still zugehört und mich angelächelt. Daher versuche ich jetzt wieder etwas Zeit gut zu machen, während er sich noch immer wieder an meinen Pommes bedient, wo ich einfach mal nichts zu sage.
Juliette: War das für dich okay, was ich ausgesucht habe?"
Niemals hatte ich vor, Chris meine Essgewohnheit aufzuzwingen. Von Beginn an habe ich immer gesagt, dass es meine Entscheidung ist, vegan zu leben und er solle tun und lassen, was er will. Von sich aus hatte er sich immer wieder auf das eingelassen, was ich vorgeschlagen hatte. Daher werde ich jetzt aber auch vermutlich so unsicher sein.
Chris: Mehr als okay, July, wirklich. Ich bin immer offen für etwas neues."
Bevor ich jetzt meinen Becher austrinken kann, fallen mir wieder die Snacks ein, die er bei sich in der Kabine lagert und die ich vor ein paar Tagen das erste Mal bemerkt hatte. Sogleich stelle ich mein Getränk wieder ab und schaue zu ihm rüber.
Juliette: Du hast den Süßkram bei dir in der Kabine ausgetauscht."
Chris: Wie kommst du darauf?"
Juliette: Weil das alles plötzlich vegan ist und das war sonst nie so. Warum?"
Als hätte ich ihm bei etwas ertappt, fängt er verlegen an zu lachen und schaut von mir einen Moment weg, wobei ich mich wieder in diesen Anblick verlieren könnte. In sein süßes Lächeln, mit den kleinen Lachfalten und seinen Grinsen auf den Lippen.
Chris: Damit meine Freundin sich einfach das nehmen kann, worauf sie Lust hat, wenn sie mal bei mir sein sollte. Darum habe ich es getan."In den vergangen vier Monaten, in denen ich Chris als mein Freund an meiner Seite habe, hat er ein einziges Mal zu mir ich liebe dich gesagt. Ich weiß, dass er das nicht oft sagt, dass es für ihn nicht die Bedeutung hat, aber allein wegen solcher Kleinigkeiten, die er einfach nur so macht, zeigt er es mir immer wieder. Diese Kleinigkeiten beweisen mir immer wieder, dass er mich liebt, dass ihm viel an unserer Beziehung liegt und er gibt mir dadurch immer wieder neue Gründe, warum ich mich in ihn verlieben musste...
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Never Less Than a Lover
Fanfiction10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...