Kapitel 9

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Zwischen Levi und mir herrschte grundlegend die gleiche Stimmung, wie sonst auch. Heißt, dass wir miteinander entspannt gearbeitet haben, ab und an ein paar Späße machten oder uns auch mal in anderen Gesprächen verfingen. Allerdings bekomme ich das Gefühl nicht los, dass die Stimmung immer dann kippt, wenn ich auch nur ansatzweise den Namen »Chris« in den Mund nahm.

Die Uhr, die mir normalerweise meine Aktivitäten beim Laufen anzeigt, will mich jetzt gerade darauf aufmerksam machen, dass ich auf mein Handy eine Nachricht bekommen habe. Dabei wird mir nur ein kurzer Ausschnitt gezeigt, sodass ich eben doch das Handy aus der Tasche kramen muss.
Levi: Wichtig?"
Juliette: Dauert nicht lange."
Ihr Blick von der Seite ist um Längen schlimmer als der Blick von meinem Ausbilder in Hamburg. Als ich damals – in meiner Pause wohlgemerkt – mit Baptiste gesprochen hatte. Auf Französisch, damit die anderen es nicht mitbekommen, aber er dachte eben, dass es einzig beweist, dass ich keine Hamburgerin bin und dass seine Frage, wo ich denn eigentlich herkomme, berechtigt gewesen ist. Ich will Levi einzig nicht wieder den Namen nennen, den sie nicht hören will. Der, dessen Name nicht genannt werden darf, hat mir eine WhatsApp hinterlassen.
Chris: Andreas und ich sind mit den Besprechungen durch.
Chris: Wenn du magst, ich habe ab jetzt etwas mehr Zeit.
Ich könnte antworten, aber entscheide mich dazu, dass es Zeit für eine Pause ist. Dafür fahre ich einmal alles runter, stelle es auf Standby und stehe anschließend auf.
Levi: Pause?"
Kann sie bitte nicht so vorwurfsvoll klingen?
Levi: Ich fahre gleich los. Den Rest mache ich nächste Woche oder so."

Lieber würde ich mich setzen und verstehen, was Levi will oder eben, was sie nicht will. Was ich tun kann, dass das hier zwischen uns wieder besser wird. Mache ich etwas falsch? Bin ich gerade anstrengend? Habe ich mich verändert? In den zwei Wochen, wo wir zusammen sind? Eigentlich will ich hier gerade auch nur wegkommen.

Schlüssel und Handy stecke ich wieder in meine Taschen und bekomme nebenbei mit, dass Levi mich die ganze Zeit beobachtet. Kyra hatte bereits andere Sachen zu erledigen, hängt daher bei Manu im Büro und da ich jetzt gehe, entscheidet sich Levi eben auch dazu.
Levi: Gehst du in den Pausenraum?"
Nein, ich gehe rauf zu Chris, da wir beide gemeinsam einen Kaffee trinken wollen. Dann eskaliert hier alles. Stattdessen verfange ich mich mal wieder in Lügen.
Juliette: Ich muss eben noch was klären und verziehe mich später vermutlich auch."
Darauf nickt sie einzig und sagt nochmal, dass sie auch gleich gehen wird. Zuletzt erinnere ich nochmal daran, dass wir in der Gruppe schreiben können, was sie so nebenbei abnickt und mich zweifeln lässt, ob das wirklich eine soooo gute Idee sein wird. Um mich nicht weiter damit aufzuhalten, verabschiede ich mich und gehe danach endlich zu den Büros. Einige Meister sitzen noch in den Büros und ich laufe rauf zu den Chefs. Das Büro von den beiden wird durch eine Schiebetür die meiste Zeit getrennt, aber gerade nicht. Als ich also in den Raum von Chris gehe, sitzt an der Seite auch noch Andreas, der aufschaut, als er bemerkt, dass jemand reingekommen ist.
Andreas: Hey. Du bist vermutlich wegen meinem Bruder hier, richtig?"
Juliette: Wir wollen zusammen einen Kaffee trinken, kurz Pause machen."
Andreas: Das klingt gut. Ich wollte sowieso schon gehen und ihr werdet vermutlich auch bald abhauen."
Chris: Ja, ich habe ja leider auch noch ein paar Termine."

Chris lächelt mich freundlich an, wodurch ich mein Lachen unterdrücken muss. Nebenbei packt Andreas die Sachen zusammen und schnappt sich zuletzt noch die leere Tasse, die er wegbringen will, bevor er nach Hause geht.
Andreas: Bevor ich es vergesse..."
Gerade wollte er durch die Tür gehen, bleibt allerdings stehen und dreht sich nochmal um. Sein Blick geht zwischen Chris und mir hin und her, sodass ich einen Moment zu ihm hinschaue. Chris zuckt allerdings auch nur mit den Schultern, weiß also auch nicht mehr.
Andreas: Wolltet ihr, wenn wir im Hotel sind, zusammen bleiben?"
Bisher hatten wir das nur in München, da sowas immer weit im Voraus geplant wird. Ich denke darüber nach, warum sollten wir es nicht tun, lasse meinen Blick aber nochmal zu Chris schweifen. Ich versuche ihm mitzuteilen, dass er es entscheiden soll und dass ich nichts dagegen hätte.
Chris: Du kannst uns immer zusammen einteilen, Bruder. Ansonsten geben wir Bescheid."
Andreas zeigt mir einer Geste, dass er das ab sofort so machen wird und danach verabschiedet er sich von uns beiden. Als wir allein sind, schauen wir einander an, fangen an zu grinsen, bevor Chris, wie so oft, in der peinlichen Stille lachen muss.
Chris: Ich besorge uns beiden eine Tasse. Du kannst dich gerne schon setzen."
Juliette: Alles klar, danke."

Während Chris kurzerhand aus dem Büro in die Küche läuft, gehe ich auf seinen Schreibtisch zu und setze mich auf einen der freien Plätze. Dabei sehe ich, dass er auf seinen Mac gerade ein paar Pläne für neue Illusionen offen hat, weswegen ich mich davon abwende und raus auf die Felder schaue. Ich wollte niemals, wenn es nicht dringen nötig gewesen ist, wissen, wie die Illusionen funktionieren und dabei will ich es auch belassen. Vermutlich werde ich irgendwann mal mehr davon mitbekommen, erst recht, wenn wir privat mehr miteinander machen, aber was nicht nötig ist, muss nicht sein.

Erst, als Chris wieder mitten im Raum steht, drehe ich mich wieder um und bekommen von ihm einen belustigten Blick zu Gesicht.
Chris: Warum hast du dich weggedreht?"
Während der Frage kommt er wieder zu mir, stellt mir eine Tasse auf den Tisch und geht anschließend zu seinem Platz, wo er sich wieder setzt.
Juliette: Du hast die Pläne offen und ich will das nicht sehen."
Zuerst hängt sein Blick noch an mir, bevor er auf den Bildschirm schaut und danach ein wenig lacht, bevor er noch einmal durchs Dokument scrollt.
Chris: Andere würden vieles dafür tun, um zu wissen, wie unsere Nummern funktionieren."
Juliette: Ich bin eben nicht wie die anderen, Chrissy."
Als er diesen Namen, den Namen, den ich ihm einfach gegeben habe, hört, hält er inne, versucht sich das Grinsen zu verbieten, aber schaut mit einem derartigen Blick zu mir hin.
Chris: Das habe ich bereits früh gemerkt, July...

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