Normalerweise würde ich die Musik, die gerade hier im Restaurant im Hintergrund läuft, als typisch französisches Klischee bezeichnen, allerdings wage ich es mir nicht, genau das Thema anzusprechen und belasse es lieber dabei. An dem Abend möchte ich mich einzig auf July fokussieren, meine Gedanken in den Hinterkopf drücken und die Zeit genießen, die wir beide hier gemeinsam jetzt haben.
Mit der einen Hand umgreife ich mein Glas, was uns eben gerade gebracht wurde und die andere liegt auf dem Tisch, damit meine Freundin diese festhalten kann. Nonverbal hatte sie mich darum gebeten, nachdem unsere Bestellung einmal aufgenommen wurde und wenn sie mich wieder mit ihren Rehaugen löchert, kann ich gar nicht anders, als nachzugeben. Mittlerweile gewöhne ich mich auch daran, mit meiner Freundin draußen in der Öffentlichkeit gesehen zu werden, finde es nicht mehr derartig befremdlich und wenn ich es genauer definieren müsste, würde ich eventuell sogar behaupten, dass ich gerne mit ihr zusammen gesehen werde.
Juliette: Ich habe lange keine Auszeit bei meinem Bruder so sehr genossen, wie diese hier, wo du jetzt mit bei bist, Chrissy."
Ein wenig versuche ich mein Grinsen zu verstecken, bringe am Ende ein leichtes Lachen hervor, während ich mein Glas wieder neben mir abstelle und meinen freien Arm nun vor mir auf den Tisch lege, während ich die Hand von July vorsichtig drücke.
Chris: Das alles hier kommt mir wieder wie ein romantisches Klischee vor. Ein kleines Restaurant in Frankreich, ein verhältnismäßig frisches Paar, typische Musik."
Juliette: Wir sind aber nicht in Paris."
Noch nicht. Ihr Bruder hatte uns heute, bevor wir uns auf den Weg gemacht haben, noch gesagt, dass wir drei morgen nach Paris fahren werden. Mit dem Zug sind das zwar zwei Stunden, wir werden früh aufbrechen, aber das letzte Mal in Paris war ich, als wir wegen der Show dort gewesen sind. Mit July verbringe ich dort gerne etwas Zeit...und mit Baptiste werde ich wohl weiterhin auskommen. So schrecklich ist er gar nicht, Christian.Auch wenn ich versucht hatte so gut es geht nicht an die Arbeit oder so ein Kram zu denken, am Ende fiel mir doch wieder ein Thema ein, worüber ich auch dringend mit July reden muss. In den letzten Tagen bin ich immer wieder darüber hinweggekommen und mein Bruder fragt seitdem immer wieder nach, ob ich es ihr bereits gesagt habe.
Chris: July? Ich hatte vergessen dir noch was zu sagen."
Ihr Blick liegt auf mir, mustert mich einen kleinen Teil, bevor sie sich vermutlich gedanklich zurechtlegen wird, was ich von ihr wollen kann. Dabei ist es wohl ein Thema, was vor einiger Zeit uns beide auch noch sehr eingenommen hat.
Juliette: Ist es wegen deinem Umzug?"
Chris: Was? Ach, eigentlich nicht. Ich habe aber bereits mit meinen Vermieter gesprochen, werde zum Juli dort ausziehen und zu dir kommen. Das meinte ich aber gar nicht."
Auch wenn zwischen uns beiden gerade noch ein unausgesprochenes Thema hängt, meine Freundin kann wieder nur etwas lächeln, als ich ihr mal wieder versichern konnte, dass dieses Vorhaben jetzt wirklich von mir angegangen wird, dass ich in absehbarer Zeit zu ihr ziehen werde und dadurch fällt mir das folgende auch leichter.
Chris: Andreas und ich wurden zu einer Sendung geladen, schon vor langer Zeit und dieses Jahr müssten wir da endlich mal zusagen...der Termin ist am 15. Juli..."Unser erster Jahrestag und ich kann wegen meiner verfluchten Arbeit nicht bei ihr sein. Als der Satz ausgesprochen ist, schaffe ich es auch gar nicht mehr, zu ihr zu schauen, beiße mir auf die Lippe und wende meinen Blick in den Raum ab. July hätte allen Grund wütend zu sein, sich darüber aufzuregen, dass wir den Termin da nicht hätten hinlegen müssen und dass meine Arbeit unsere Zeit schon so ausdünnt und sowas alles nur noch schwerer und komplizierter macht als sonst schon.
Juliette: Ist gut."
Chris: Ich weiß, dass das echt scheiße ist und ich hatte auch gehofft, dass wir das an einen anderen Tag legen könnten, zu einem anderen Termin, aber in den letzten Jahren...was hast du gesagt?"
Sie würde es als typisch für mich bezeichnen, dass ich so in Gedanken versunken war, dass ich nicht mal bemerkt habe, dass sie zuvor schon alles entschärft hat. Ihr Lachen unterstreicht meine Vermutung dabei auch noch wieder.
Juliette: Es ist okay für mich. Wir können die Tage danach was unternehmen, in der Sommerpause wieder wegfahren, wann anderes die Zeit gemeinsam nachholen."
Chris: Du bist nicht wütend auf mich?"
In ihrem zuvor freundlichen Blick, mit diesem kleinen Grinsen, friert sie ein, fixiert mich und scheint zu hinterfragen, wie ich auf die Idee gekommen sein kann. Ihre Mimik zieht sich etwas zusammen, ihre Blicke gehen über mich, suchen nach Antworten, wobei ich mich gleich wieder etwas von ihr abwende.
Juliette: Wieso sollte ich wütend auf dich sein?"Weil ich es gewöhnt war, dass jemand es gehasst hat, wenn irgendwas wegen meiner Arbeit uns dazwischengekommen ist. Dabei waren es nicht mal solch große und wichtige Momente. Selbst wenn ich am Abend eine Stunde später nach Hause kam, obwohl ich das auch geschrieben hatte, artete es oftmals in einen Streit aus, warum ich bitte immer und immer wieder meine Arbeit allem und jeden vorziehen würde. Ich war es gewöhnt, dass jemand alles gehasst hat, was mich und meine Arbeit ausmacht und irgendwann dachte ich wohl, dass ich das Problem an der Sache gewesen sein muss.
Genau das muss ich nicht mal aussprechen, weil July mir zuvorkommt, meine Hand leicht drückt und meine Blicke dadurch wieder zu sich zieht. Sie lächelt wieder, weil sie auch gleich wissen würde, wie meine Erklärung ausgesehen hätte, was ich behauptet hätte und dass ich mich wieder darin verfangen würde. Als ich ihre Reaktion dort jetzt sehe, kann ich mir mein eigenes Grinsen gar nicht mehr verbieten, schaue einen Moment auf den Tisch runter und halte ihre Hand danach auch wieder aktiv fest.
Juliette: Ich sehe und weiß, wie wichtig dir deine Arbeit ist. Und zugleich sehe, weiß und spüre ich, wie wichtig ich dir bin. Und so lange du mir nicht das Gefühl geben würdest, hinter deiner Arbeit zu stehen, werde ich niemals deswegen wütend auf dich sein."
Ich schaue sie an, muss glücklich und verlegen lächeln und wende in der Stille, die zwischen und danach entsteht, meinen Kopf etwas von ihr ab, schaue nochmal wieder auf den Tisch runter und fange an verhalten zu lachen, damit das zwischen uns beiden bleiben würde. Aber auch als ich wieder aufschaue, sehe ich das ruhige Lächeln meiner Freundin, wie July bei mir ist, mich versteht und vor allem so nimmt, wie ich eben auch bin.Als nächstes ist sie diejenige, die Mühe damit hat, mich weiterhin anzusehen. Nachdem ich meinen Kopf wieder gehoben habe, habe ich meinen Blick auch nicht mehr von ihr abgewendet, schaue mir mal wieder die kleinen Details an ihr an, die offen zu sehen sind, die einem nicht auf Anhieb auffallen, sie aber immer wieder noch schöner erscheinen lassen. Anhand ihrer Blicke kann ich ihr »lass das bitte« beinahe schon hören, lege meinen Kopf etwas zur Seite und grinse einmal wieder.
Chris: Danke...ich denke manchmal, dass ich das zu selten sage."
Ihr Blick geht über zu unseren Händen, wobei ich ihre leicht loslasse, als sie mich quasi dazu zwingt. Einzig, weil July nun nach einen meiner Ringe greift, die ich wieder trage. Vorsichtig streicht sie darüber, geht das Muster nach und lässt sich auch nicht davon ablenken, obwohl sie merke dürfte, dass ich sie noch immer anschaue.
Juliette: Du trägst sie wieder."
Chris: Ja."
July bringt ein schwaches Grinsen hervor, lässt meinen einen Ring dann auch wieder in Ruhe, aber einzig, damit sie ihre Hand anschließend mit meiner verschränken kann. Erst dann hebt sie ihren Blick auch wieder an und zeigt mir vorherigen Ausdruck jetzt auch.
Juliette: Wieso?"
Chris: Weil du mir keinen Anlass gibst, es nicht zu tun."Natürlich weiß sie gleich auch, was ich damit genau meine und spätestens ihr Blick würde mir verraten, dass sie etwas mitleidig zu mir sein würde. Ich habe mich damals selbst darein gesteuert und mir ging es nicht schlecht. Ganz vorsichtig drücke ich wieder leicht ihre Hand, schaue sie zwar etwas ernster an, muss aber schwach lächeln.
Chris: Ich kann bei dir sein, wie ich bin. Du wirst nicht wütend, dass ich über meine Arbeit rede oder wegen genau dieser in der Nacht manchmal nicht auszuhalten bin. Dich nervt es nicht, wenn ich Schmuck, meine Ketten, Armbänder oder Ringe, trage und erst recht liebst du mich an den Tagen nicht weniger, wenn ich mal einen leichten Bart habe, weil ich keinen Bock habe, mich täglich darum kümmern zu müssen."
Einmal schaut sie mich an und verliert ein leichtes Schmunzeln, weil genau das jetzt gerade die Ausgangslage ist. So, wie ich es eben beschrieben habe, sitze ich vor ihr am Tisch im Restaurant, halte ihre Hand und will schlicht »danke« sagen.
Chris: Sie war kein schlechter Mensch, irgendwie habe ich sie drei Jahre geliebt, aber wir waren die falschen Personen füreinander."
Juliette: Man kann nicht erwarten, dass man sich füreinander ändert."
Chris: Für dich habe ich es aber getan. Immerhin hast du mich damals in der Halle zusammengefaltet und gesagt, dass ich ein total arrogantes Arschloch wäre und dass ich mich deswegen nicht wundern müsste, dass man mich hasst."
Als hätte sie das mittlerweile schon vergessen, würde July lieber gerade ganz wo anders hinschauen, damit ich nicht sehen müsste, dass ihr das unangenehm ist.
Chris: Aber für dich würde ich es immer wieder machen. Damit ich Arsch es schaffe, dass du dich in mich verliebst."Wenn sie könnte, würde sie mich für diese Aussage, was sie selbst letzten Jahr im Hotel in München noch zu mir geschrien hat, gegen Schulter oder Brust schlagen. Aber das kann sie gerade nicht uns stattdessen schaut sie nur wieder verlegen weg, nachdem ich noch ein letztes Mal grinsend zu ihr gesehen habe und den Moment genutzt habe, bevor uns das Essen gebracht wird.
Chris: Ich liebe dich, Bambi...
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Never Less Than a Lover
Fanfiction10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...