Ein weiterer Morgen in Berlin. Wieder klingelt mein Wecker ziemlich früh, wieder stelle ich ihn schnell aus und wieder geht mein erster Blick rüber zu Chris. Genervt gibt er irgendeinen Ton von sich, greift nach der Decke und dreht sich wieder um, weswegen ich stumm schmunzeln muss, bevor ich aufstehen kann. Scheinbar ist er heute nicht wach geworden und ich kann mich fürs Laufen fertig machen.
Am Abend zuvor habe ich mir die Sachen dafür bereits ins Badezimmer gelegt und muss mich daher nur fürs Laufen fertig machen. Nachdem ich das innerhalb von 15 Minuten geschafft habe, schaue ich dennoch nochmal, ob Chris wirklich schläft, aber als ich einmal um die Ecke zum Bett schaue, sehe ich, dass er so ruhig wie zuvor dort liegt, kein Auge auf hat und noch die Ruhe bekommt, die er dringend braucht. Vom Tisch nehme ich nur noch meine Kopfhörer und mein Handy, damit ich danach unser Zimmer verlassen kann. Auf den Weg nach unten suche ich mir ein paar Lieder zusammen, stecke mir meine Kopfhörer rein und verstaue danach alles in den beiden Taschen meiner Hose, bevor ich auch aus dem Hotel gehe und mich für eine Richtung entscheide, in die ich heute laufen will. Zuletzt bin ich hier eine Runde im Mai gelaufen, da ich die Tage einfach nicht dazu gekommen bin, oder Chris alleinlassen wollte. Ich laufe heute in die entgegengesetzte Richtung zur Arena, um ein bisschen was anderes zu sehen und lasse mich dann überraschen, wo es mich hintreibt. Irgendwie ist zu jeder Zeit immer irgendwer in Berlin unterwegs und selbst wenn man um drei Uhr nachts auf den Straßen unterwegs ist, kommt es einen nicht so vor. Man kann denken, es wäre erst elf, weil immer etwas passiert. Zu der Zeit jetzt laufen an mir vor allem viele Pendler vorbei, die zu irgendwelchen Bahnstationen kommen müssen, damit sie ins Büro oder so kommen. Bei solchen Moment muss ich wieder an Hamburg denken und bin dann wieder froh, dass ich das nicht mehr muss. Ich muss nicht mehr am Morgen mit der S-Bahn zu den Landungsbrücken fahren, täglich die gleichen Flure sehen und immer wieder die gleichen ätzenden klassischen Konzerte begleiten. Ich habe damals, als ich bei den Jungs anfing, wieder ein Stück meiner Freiheit zurück bekommen.
So lange will ich auch wieder nicht vom Hotel weg bleiben. Immer wieder im Hinterkopf habe ich den Gedanken, dass er doch wach gewesen ist, oder mittlerweile wach ist. Und außerdem bin ich auch schon ein gutes Stück wieder weggelaufen und brauche auch wieder, bis ich beim Hotel ankomme. Auf irgendeiner Stelle bleibe ich stehen, schaue noch weiter die Straße rauf, wo ich normalerweise oft noch weitergelaufen bin, aber drehe jetzt hier um und gehe die ersten paar Meter, schaue einmal auf meine Uhr, die mir ein paar Werte anzeigt, aber ziemlich zeitig drehe ich die wieder weg, der Bildschirm wird schwarz und ich laufe wieder zurück. Erneut versuche ich keinen anderen umzulaufen, genieße nochmal die kalte Luft auf meiner Haut und atme die letzten Meter vorm Hotel durch, gehe einige Schritte, bis ich wieder durch die Türen reinlaufe. Die Dame hinter der Rezeption lächelt mich einen Moment an, was ich ihr gleich mache und danach gehe ich zu den Fahrstühlen. Auf meinen Kopfhörern läuft noch das letzte Lied, ich stoppe auf meiner Uhr das Training und als der Fahrstuhl unten ist, gehe ich rein und drücke den Knopf für die fünfte Etage. Währenddessen krame ich mein Handy wieder hervor, sehe, dass das Lied in einer Minute vorbei ist und dann halte ich auch wieder, trete raus und gehe den Flur zum Zimmer runter, welches ich mit meinem Handy öffnen kann.
Ohne weiter darüber nachzudenken, gehe ich ins Zimmer, schaue noch immer auf mein Handy und weiß, dass ich Chris gleich wecken würde. Die letzten Takte des Liedes brechen an, als ich im Zimmer zum Stehen komme und zum Bett aufschaue, weil es meine Aufmerksamkeit auf sich zieht. Noch immer liegt Chris auf der Seite, schlafend, aber so, dass ich gleich mein Handy auf den Tisch lege und meine Kopfhörer dazu, obwohl einer von denen in der Hektik auf den Boden fällt.
Juliette: Chris."
Immer wieder ist er kurz davor sich wegzudrehen, wobei ich Angst habe, dass er aus dem Bett fallen und sich den Kopf an dem Tisch aufschlagen könnte. Seine Augen kneift er immer wieder zusammen, seine Hände spannt er an, greift nach der Decke oder ins Leere. Das Knirschen seiner Zähne habe ich bisher noch nie so deutlich wahrgenommen, wie in diesen Moment und seine undeutlichen Worte presst er irgendwie dazwischen hervor.
Juliette: Chris!"
Ich gehe gleich mit aufs Bett, greife nach seinen Schultern, wobei er sich einzig auf den Rück dreht. Sogleich spüre ich, wie heiß sein Körper ist, dass er schwitzt und dass er viel zu hektisch atmet. Eine meiner Hände lege ich auf seine Brust, spüre seinen schnellen Herzschlag und hocke mich irgendwie über ihn, schaue ihn die ganze Zeit panisch an. Wach auf! Wach bitte auf! Wach doch endlich auf! Mit den Händen greift er wieder nach der Decke, ins Leere, beinahe nach mir, bevor er sich fast wieder wegdrehen würde, wäre ich dort nicht als Gegengewicht auf ihn, sodass ich das verhindern kann. Jetzt greife ich nach seinen Schultern, rüttle daran, merke seine Kraft dahinter.
Juliette: Wach bitte auf, Christian!"Als er seine Augen danach öffnet, greift er gleich nach meinen beiden Armen, hört einen Augenblick auf zu atmen, starrt mich an, wie ich noch immer besorgt über ihn hocke, bevor er sich wieder fallenlässt, ausatmet und meine Arme wieder loslässt. In seinen Blicken liegt ein Hauch von Verwirrung, dass er gar nicht nachvollziehen kann, was passiert ist, obwohl er die Auswirkungen auf seinen Körper gerade noch deutlich zu spüren bekommt. In mir fällt die Anspannung endlich ab, sodass ich zuerst meinen Kopf fallenlasse, bis ich meine Arme neben ihn lege und auf ihn falle.
Ich versuche langsam wieder durchzuatmen, wieder die Ruhe zu bewahren, die eben in Panik gewichen ist und beiße meine Zähne aufeinander, um leise zu bleiben. Doch als Chris seine Arme um mich legt, seine eine Hand an meinen Kopf, damit er mich bei sich halten kann und meinen Kopf auf seiner Brust hält, fällt in mir alles ab. Er drückt mich vorsichtig an sich, lässt keine Lücke zwischen uns, küsst irgendwann meinen Scheitel, auch wenn ich noch immer nicht aufschauen kann.
Juliette: Ich habe mir solche Sorgen gemacht..."
Chris: Es tut mir leid..."
Meinen Kopf hebe ich langsam, schaue ihn verwirrt an und bekomme vorerst kein Wort hervor. Sanft legt er seine beiden Hände an meinen Kopf und streicht mir meine Tränen vorsichtig weg, während wir unsere Blicke nicht voneinander trennen können.
Chris: Ich wäre gerne mehr für dich als das hier..."
Wie sollte er etwas dagegen unternehmen, wenn der Körper nicht mit macht? Ich habe auch genauso viele Tage und Nächte mit ihm verbracht, wo er die Ruhe selbst gewesen ist und ich weiß, dass das hier ein Ausnahmezustand ist. Und außerdem weiß ich, was er alles wegen mir ausgehalten hat. Dass ich ihn immer mal wieder angeschrien habe, betrunken in seinen Armen lag oder weinend zusammengebrochen bin, weil ich Hilfe brauchte. Daher schüttle ich nur geistesgegenwertig mit den Kopf, sodass er diesen endlich wieder loslässt.
Juliette: Entschuldige dich nicht für dich..."
Sein zögerndes Grinsen spüre ich Augenblicke später auf meinen Lippen, als Chris mich sanft küsst, eine Hand an meinem Kinn lässt, als wir uns zögernd voneinander lösen.
Chris: Gemeinsam sind wir beide weniger einsam...
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Never Less Than a Lover
Fanfic10: Du gibst mir wieder Mut 09: Du zeigst mir das Gefühl von Geborgenheit 08: Du bist der erste, der mich richtig verstehen kann... Alles, was Juliette und Christian miteinander verband, war ein endloser Deal und ein Geheimnis, was niemals ans Licht...